Rezension: Disconnect

Alles und alle sollen miteinander vernetzt sein? Das hätten sie wohl gerne!
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Ein aufgeschlagenes Buch, bei welchem man dein einzelnen Seiten von der Seite sieht.

Das zweite Heft der Zeitschrift Disconnect (Oktober 2015) zeigt auf, welche Akteure ein Interesse daran haben, dass alles digital, vernetzt und überwachbar wird. Sie wollen möglichst alles über uns wissen. Warum und wie sie das tun, ist hier genauso das Thema wie der Aufruf zum Widerstand und konkrete Tipps der digitalen Selbstverteidigung.

Inhaltlich bringen die Artikel der Zeitschrift wenig Neues. In ihrer Gesamtheit malen sie aber ein erschreckendes Bild einer fast schon verschwörungstheoretisch anmutenden Weltsicht. Nur, dass es sich nicht um dystopische Science Fiction handelt, sondern um eine Beschreibung unserer heutigen Gegenwart.

Es wird den Lesenden ganz klar, dass wir um die Zukunft der gesamten Menschheit kämpfen müssen, und dass wir genau jetzt etwas unternehmen müssen. Die völlige Digitalisierung und Vernetzung unseres Lebens muss aufgehalten werden. Denn Firmen und Regierungen hätten am liebsten die „vollständige Aufzeichnung und Analyse aller Lebensregungen zum Zwecke ihrer Vorhersagbarkeit und Lenkung”. Es geht um das „Management von Beziehungen” durch Facebook, Neigungsprofile und soziales Kapital. Die Abschaffung des Bargelds beseitigt nicht nur anonyme Zahlungen, sondern fördert auch den gläsernen Bürger und macht uns voll und ganz von Banken abhängig.

Die Texte kritisieren auch die Automatisierung, die Ausbeutung von Mitarbeiter.innen, Coltan-Abbau für Handy-Akkus, Diskriminierung und Kapitalismus als solchen.

Auch warum die Menschen mitmachen, wird erklärt: Sie vertrauen Maschinen mehr als anderen Menschen, Informationen helfen ihnen gegen ihre Angst. Und so geben sie ihre Daten heraus, tragen ständig eine Wanze (Smartphone) mit sich herum und sind always on.

Doch leider: Technologische Entwicklungen lassen sich schwer und selten umkehren. Darum muss jetzt etwas geschehen. Diese Botschaft kommt ganz klar rüber. Nur leider erschöpft sich die Energie der Autor.innen etwas mit dieser Fortschrittskritik. Der mehrmals wiederholte Rat, sich aus der Vernetzung auszuklinken und nicht mitzumachen, genügt meiner Meinung nach nicht. Nötig wären mehr und konkretere Ratschläge, der Aufbau alternativer Strukturen, wie Regionalwährungen, Hinweise auf bestehende Real-World-Offline-Strukturen, die wenig bekannt sind, und politisches Engagement.

Die Broschüre gibt es im Digitalcourage-Shop.

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