Mitarbeiterüberwachung bei Lidl macht wieder Schlagzeilen

Bereits 2004 wurde Lidl für die Bespitzelung ihrer Mitarbeiter mit einem BigBrotherAward "geehrt" und die unfeinen und teilweise auch illegalen Machenschaften des Konzerns im Schwarzbuch Lidl und Schwarzbuch Lidl Europa offen gelegt. Seitdem scheint sich in der Philosophie des Unternehmens wenig geändert zu haben. Überwachung und Einschüchterung sind noch immer die Instrumente der Wahl, um Kontrolle über die Mitarbeiter auszuüben.

Lidl

Diese Woche berichtete das Nachrichtenmagazin Stern in einem Bericht mit dem Titel "Die Lidl-Stasi", dass die Mitarbeiter der Einzelhandelskette über Jahre hinweg systematisch überwacht und ausspioniert wurden. Uns überrascht diese Meldung nicht. Bereits 2004 erhielt Lidl aus genau diesen Gründen den - bei den Preisträgern höchst ungeliebten - BigBrotherAward in der Kategorie Arbeitswelt. Damals ließ der Konzern verkünden, dass es sich bei den aufgeworfenen Fällen nur um "Einzelfälle" handeln würde. Ein daraufhin von Lidl engagiertes PR-Unternehmen stellte das Unternehmen anschließend als vorbildlichen Arbeitgeber dar und Öko-Food wurde in das Sortiment aufgenommen, um den geschädigten Ruf wiederherzustellen - eine klassische "Greenwashing"-Aktion. Anscheinend war die Sache für Lidl damit erledigt.

Geändert hat sich nichts, wie die vom Stern veröffentlichten Protokolle und Videoüberwachungsaufnahmen eindrucksvoll belegen. Nicht nur, dass ohne Verdacht Daten über das Arbeitsverhalten der Angestellten gesammelt wurden - nein - auch private Details, wie Freundschaftsbeziehungen und Krankheitsbilder wurden von Detektiven mit Mikrokameras, Tonaufnahmegeräten und minutiösen Protokollen dokumentiert und bewertet. Den Mitarbeitern wurde vorgetäuscht, es handle sich um "normale" Ladendetektive, stattdessen waren die Angestellten selbst die Zielpersonen.

Geiz ist nicht immer geil - das ist der Schluss, den der geschockte Kunde aus diesem Skandal ziehen sollte. Lidl ist billig - und irgendwie müssen diese Preise zustande kommen. Es wird gespart - beispielsweise bei den Kosten für die Angestellten. Um diese Kosten so weit wie möglich drücken zu können, wird gewaltiger Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt. Aus Angst in Zeiten von Hartz IV ihren Arbeitsplatz zu verlieren, sind sie dazu bereit, unbezahlte Überstunden zu leisten, auf Beitritt in Gewerkschaften und Gründung von Betriebsräten zu verzichten (diese gibt es nur in sechs von ungefähr 2.900 Filialen), auch während ihres Urlaubs zu arbeiten und stets flexible Arbeitszeiten hinzunehmen. Durch die genannten Überwachungsmaßnahmen hat der Discounter Druckmittel in der Hand, unliebsame Angestellte schnell und einfach los zu werden.

Letztendlich muss der Kunde entscheiden, ob er ein solches Unternehmen weiterhin unterstützen möchte. Die Laudatorin des BigBrotherAwards für Lidl, Rena Tangens, fragte schon 2004: "Wollen wir uns im 21. Jahrhundert diese Wirtschaft leisten? Können wir uns leisten, so billig einzukaufen? Ist es uns diesen Preis wert? Den Preis, den Menschen zahlen, die ihre Bürgerrechte am Fabriktor beim Pförtner abgeben müssen, um ihre Jobs zu behalten?" Diese Frage scheint heute aktueller denn je.

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