Rahmenbau: Leitmotiv unserer Arbeit

Gute Inhalte entstehen besonders dann, wenn die Rahmenbedingungen gut sind. Deshalb legen wir bei Digitalcourage besonders großen Wert darauf, diese bewusst zu gestalten.

Leitmotiv von Digitalcourage ist das, was wir „Rahmenbau“ nennen. Dieses Prinzip ist uns sehr wichtig und tief in unsere alltägliche Arbeit eingewoben.

Unter Rahmenbau verstehen wir, dass wir darauf achten, die äußeren Bedingungen so zu gestalten, dass darin ein guter Inhalt entstehen kann. Wenn wir alle für unsere gemeinsame Lebenswelt Verantwortung übernehmen, sieht die Welt gleich viel schöner aus.

Zum Beispiel haben wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite unseres Digitalcourage-Büros einen kleinen Ort des Zusammentreffens geschaffen: Das dort befindliche Stück Erde mit Baum haben wir zu einem bunten Blumenbeet verwandelt. Dahinter stellten wir eine Holzbank auf, die seither als Begegnungsort für allerlei Menschen dient. Vorbeiziehende Menschen bleiben stehen und sprechen uns darauf an und auch wir lassen uns gerne von dem Stück Natur anregen. Dadurch entstehen neue Gelegenheiten, ins Gespräch zu kommen. So gestalten wir auch im Kleinen die Welt, die uns umgibt, und die Kommunikationsräume in denen wir uns bewegen.

Rahmenbau bedeutet für unsere Zusammenarbeit bei Digitalcourage, dass wir versuchen, Vorbedingungen zu schaffen, damit viele andere Leute aktiv werden können und dazu angeregt werden, die Welt (im Digitalen und Analogen) mitzugestalten.

Ursprung der Idee zum Rahmenbau – Kunst als Möbelstück:

Für ein noch besseres Verständnis ist ein kleiner Rückblick in die Zeit hilfreich, in der die Gründungsvorsitzenden Rena und padeluun das Kunstprojekt „Art d'Ameublement“ im Jahr 1985 ins Leben gerufen haben. Der Name und die Idee sind durch den Komponisten Erik Satie (1866-1925) inspiriert. Sein Anspruch war es, „Musique d'Ameublement“, zu schaffen, zu deutsch „Musik als Inneneinrichtung“. Ziel dieser Musik ist nicht, im Vordergrund der Aufmerksamkeit zu stehen, sondern die Stimmung im Raum zu gestalten. Satie hat seine Kompositionen auch der Stimmung im Raum entsprechend angepasst bzw. diese bewusst konterkariert. Generell ist seine Musik eher langsam und hat eine tragende Atmosphäre (– Musik zum NICHT-Zuhören.)

Dazu sagen Rena Tangens und padeluun: „Die Art und Weise auf die Satie Musik macht, das wollten wir in die Kunst transferieren. Wir wollen, dass wir durch die Kunst, also dadurch, dass wir Rahmen setzen, Inhalte ermöglichen, mitsteuern und etwas transportieren. Wir sind keine Dekorateure sondern Künstlerinnen und Künstler.“

Deshalb widmeten sie sich einem neuen Bereich, den sie persönlich spannend fanden: Der aufkommenden Technik rund um die Entstehung von Computern und Mailboxen. Sie organisierten erste eigene Veranstaltungsreihen, in denen gemeinsam der Aufbau der Computerwelt erkundet wurde, die erste Public Domain. Aber: „Diese neue Welt wollen wir nicht nur erkunden, sondern wir wollen sie mitgestalten – wir wollen auch hier Rahmenbau machen – wir wollen, dass es eine bessere Welt wird, dass es eine angenehm gestaltete Welt ist, in der möglichst viele Leute sich willkommen fühlen sollen, selber aktiv zu werden.“

Mehr Details hierzu gibt es in dem Mitschnitt eines einstündigen Vortrags von Rena und padeluun.

Um auch in der aufkommenden digitalisierten Welt einen Rahmen zu schaffen, gründeten Rena und padeluun im Jahr 1987 Digitalcourage (damals noch unter dem Namen FoeBuD e.V.). Sowohl Art d'Ameublement als auch Digitalcourage geht es nicht primär darum, im Mittelpunkt zu stehen und selbst vorgefertigte Inhalte zu liefern. Vor allem soll ein Rahmen für viele Menschen bereit gestellt werden, sodass Inhalte die besten Chancen haben, sich in eine produktive Richtung zu entwickeln.

Beispiele:

Das Prinzip des Rahmenbaus findet sich in zahlreichen Beispielen unserer Arbeit (manchmal in kleinsten Details) wieder:

  • Datenschutzfreundliche Voreinstellungen im BIONIC Mailboxprogramm (1989):
    „Wir wollten dafür sorgen, dass das Ungleichgewicht zwischen den Leuten, die sich mit Technik auskennen und denjenigen, die sie benutzen, reduziert wird.“

  • Zamir Transnational Network: Ermöglichte friedensstiftende, grenzüberschreitende Kommunikation im Jugoslawienkrieg

  • Beet und Bank vorm Haus (freundlicher Ort für Gespräche)

  • Ortswahl für den Dienstagstreff (nicht zu laut, gute Atmosphäre, eher Café und Weinstube als Bierkneipe)

  • 31C3 - Speakers Sofa (Ort für Kommunikation, Tischdecke und Blumendeko mit entscheidender Bedeutung für das Ambiente)

Wenn bei unseren Ständen Tischdecken oder Blumen auf dem Tisch stehen, ist das also kein Zufall, sondern Rahmenbau.

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