Vorratsdatenspeicherung auf der Anklagebank

Vorratsdatenspeicherung mal wieder vor Gericht. Dieses Mal in Europa: Am 8. April wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil sprechen.

Die Vorratsdatenspeicherung steht einmal mehr vor Gericht. Dieses Mal in Europa. Am 8. April wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil zur umstrittenen „Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten“ sprechen. Es geht um die verdachtslose, massenhafte Speicherung von elektronischen Kommunikationsdaten.

Die Bürgerrechtsorganisation Digital Rights Ireland und der österreichische AK Vorratsdatenspeicherung hatten Beschwerde gegen die Richtlinie eingelegt, die den EU-Staaten vorschreibt, Kommunikationsdaten zwischen sechs Monaten und zwei Jahren zu speichern. Generalanwalt Villalón hat bereits seine Stellungnahme veröffentlicht, die deutliche Kritik an der Richtlinie übt, die VDS allerdings nicht grundsätzlich in Frage stellt und deshalb noch längst nicht weit genug geht.

Diese Richtlinie verfolgt uns schon seit 2005. Die deutsche Bundesregierung beruft sich gerne darauf, dass sie sie ja umsetzen müsste - als hätte sie nicht selbst dazu beigetragen, die Richtlinie in Brüssel zu verabschieden. Dass die VDS nur Symbolpolitik und ein unnützes Bürokratiemonster ist, wird dabei gerne geleugnet. Dabei fehlen Nachweise für den Nutzen der VDS bei der Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität bis heute. Das einzige, was die VDS erfolgreich bekämpft, sind die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger. Wieder und wieder mussten wir uns auf Bundesebene dagegen wehren, bis das Bundesverfassungsgericht die VDS für verfassungswidrig erklärt hat. Jetzt wird das Problem endlich bei der Wurzel gepackt.

Wir gehen davon aus, dass der EuGH die VDS-Richtlinie in ihrer derzeitigen Form für grundrechtswidrig und nichtig erklärt. Für unwahrscheinlich halten wir es jedoch, dass die VDS generell verboten wird. Stattdessen wird der EuGH vermutlich Nachbesserungsbedarf anmelden. Das reicht uns allerdings nicht. Massenüberwachung kann und darf nicht beschönigt werden. Vor dem Staat darf es keine gläserner Bürgerinnen und Bürger geben. Auch die "Überwachungsgesamtrechnung" (Roßnagel) muss in Betracht gezogen werden.

Dass Innenminister de Maizière bereits eine Neuauflage der VDS in Deutschland fordert, während er gleichzeitig die NSA-Überwachung als maßlos kritisiert, zeigt, wie wenig die Politik die Bedenken von Millionen Bürgerinnen und Bürgern bisher verinnerlicht hat. Wir sind sehr gespannt auf das Urteil des EuGH. Dennoch rufen wir unabhängig davon, wie die Entscheidung des Gerichts ausfällt, Politikerinnen und Politiker auf, der VDS in Deutschland und anderen Staaten eine Absage zu erteilen.