DB Schnüffel-Navigator

Die Bahn-App „DB Navigator” ist voll mit Trackern, die uns überwachen. Digitalcourage klagt dagegen. Denn wir wollen Bahn fahren – nicht Daten liefern.
Logo mit einem wachenden Auge, dahinter ein Bahnhof.Markus Hamid, CC-BY 4.0

Wer viel Bahn fährt, kennt sie bestimmt: Die DB Navigator-App. Ohne diese App geht es kaum noch. Informationen über Verspätungen und Anschlusszüge, die aktuelle Wagenreihung und die Möglichkeit zum Ticketkauf an Bord – die App bietet viele nützliche Funktionen und manche Services sind auf anderem Wege gar nicht mehr zu bekommen. So macht die Bahn die App unentbehrlich. Gleichzeitig gibt der DB Schnüffel-Navigator viele persönliche Informationen weiter – ohne dass Nutzer.innen sich dagegen wehren könnten.

Was ist das Problem bei der App?

Öffnet man den DB Navigator, wird eine Abfrage eingeblendet.

Es kann gewählt werden zwischen „Alle Cookies zulassen”, „Cookie-Einstellungen öffnen” und „Nur erforderliche Cookies zulassen”. Doch auch mit der privatsphärefreundlichsten Variante – „Nur erforderliche Cookies zulassen” – sind wir nicht sicher vor der massenhaften Weitergabe von Informationen über uns.

Es sind insgesamt zehn Unternehmen und Dienstleister, deren Mitwirkung laut Bahn angeblich zwingend erforderlich ist, und an die deshalb Daten abfließen – ohne dass wir Nutzer.innen das abschalten könnten.

Konkret heißt das: Wenn Sie in der App zum Beispiel nach einer Zugverbindung von A nach B suchen, dann werden unter anderem folgende Informationen an die Adobe-Marketingcloud übermittelt: Anzahl der Reisenden, ob ein Kind mitfährt, Abfahrtstag, Start- und Zielbahnhof. Adobe erfährt praktisch jeden Schritt, den Sie innerhalb des DB Navigators ausführen. Sie haben keine Möglichkeit, dem zu widersprechen.

Das ist besonders schlimm, weil Bahnfahren zur Grundversorgung gehört. Die Bahn hat aus vielen Gründen eine enorm wichtige gesellschaftliche Rolle, für die Klimawende und um Mobilität für alle möglich zu machen. Viele Menschen sind in ihrem täglichen Leben auf die Bahn angewiesen. Gleichzeitig sind immer mehr Services und Informationen nur noch über die App zu bekommen (zum Beispiel können seit dem 1.1.2022 keine Tickets an Bord von Fernverkehrszügen mehr beim Personal gekauft werden, während der Fahrt können nur noch online Tickets gelöst werden). Der DB Navigator ist nicht irgendeine App, die Menschen nach Lust und Laune benutzen können oder auch nicht – sie ist Teil einer Mobilitäts-Grundversorgung. Und die sollten alle nutzen können, ohne dabei ausspioniert zu werden.

Zur ausführlichen Analyse der App „DB Navigator” von Mike Kuketz vom 11.4.2022

Markus Hamid, CC-BY 4.0

Warum sind Tracker ein Problem?

Tracker liefern Daten über unser Verhalten und unsere Bewegungen an Firmen und Organisationen aus, die wir oft gar nicht kennen und mit denen wir nie freiwillig eine Geschäftsbeziehung eingegangen sind. Dort werden auf Grundlage der gesammelten Informationen Persönlichkeitsprofile gebildet, anhand derer wir bewertet werden. Welche Schlussfolgerungen über uns gezogen werden, entzieht sich ebenso unserer Kontrolle, wie was mit diesen Erkenntnissen dann im Weiteren passiert.

Den Tracking-Firmen werden in großer Menge sensible Daten über uns anvertraut. Wenn diese die Kontrolle darüber verlieren – z. B. durch ein Datenleck –, ist das ein Sicherheitsrisiko.

Tracker erheben Daten, um uns mit Hilfe von Algorithmen auszuwerten. Die immer weiter fortschreitende kommerzielle Überwachung ist auch ein Problem für unsere Demokratie. Undurchsichtige Algorithmen treffen über uns Entscheidungen und können von uns nicht überprüft werden. Sie wählen aus, welche Informationen wir bekommen oder passen Angebote für uns an – immer auf Grund dessen, was wir angeblich mögen, zahlen können oder was vermeintlich zu uns passt. Wir werden nicht mehr unvoreingenommen in der Gegenwart betrachtet und auch nicht mehr gefragt, sondern auf Grundlage von Daten aus der Vergangenheit kategorisiert und gemäß einer Prognose für die Zukunft behandelt – egal, ob die gewählten Kategorien überhaupt aussagekräftig über uns sind und ob die historischen Daten noch zutreffen. Das schränkt unsere Handlungsspielräume erheblich ein. Es nimmt uns die Chance, selber über unsere Zukunft zu entscheiden. Und als Gesellschaft nimmt es uns die Chance, uns zum Besseren zu verändern, weil unsere Vergangenheit uns als Datensatz bei allen zukünftigen Schritten begleitet und beschränkt.

Unsere Klage

Der IT-Sicherheitsforscher Mike Kuketz hat den DB Navigator am 11. April 2022 gründlich analysiert und dabei erhebliche Datenschutzprobleme festgestellt. Auch der auf IT- und Datenschutzrecht spezialisierte Anwalt Peter Hense hält die App für rechtswidrig. Gemeinsam haben wir Ende April die Bahn dazu aufgefordert, die Mängel zu entfernen. Dafür hatten wir der DB eine Frist von zwei Monaten eingeräumt. Doch die Bahn hat in ihrer Antwort klargemacht, dass sie nicht vorhat, etwas Wesentliches zu ändern. Am 20. Oktober 2022 haben wir deshalb unsere Klage eingereicht. Die Bahn hat mittlerweile ihre Klageerwiderung eingereicht, auf die wir geantwortet haben. Der nächste Schritt bei unserer Klage wird die Verhandlung sein, ein Termin wurde noch nicht bekannt gegeben.

Ein Person mit Smartphone, davor der Schriftzug: Ich will Bahn fahren, nicht Daten liefern. 100% Überwachung. 0% Datenschutz.Markus Hamid, CC-BY 4.0

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