Privatsphäre vs. Teilhabe – Auswege aus dem Dilemma

Privatsphäre oder Unterhaltung, Datenschutz oder der Drang nach Informationen. Wie können wir diese inneren Konflikte überbrücken?
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Illustration: Eine Person mit langen Haaren, die vor einem Laptop sitzt und sich die Augen zu hält. Auf dem Laptop sind die Logos von Twitter, Facebook und Instagram zu sehen.

Privatsphäre oder Unterhaltung, Anonymität oder der Drang nach Informationen. Diese inneren Konflikte sind uns im digitalen Zeitalter nicht fremd. Ob beim Surfen im Internet, beim Online-Shopping oder auch im analogen Raum, überall hinterlassen wir bewusst oder unbewusst unsere persönlichen Daten.

„Du bist nicht der Kunde der Internetkonzerne, du bist ihr Produkt"
– Jaron Lanier, 2014

Immer mehr Menschen wissen das und empfinden dabei Unbehagen: Wer weiß, welchen Artikel ich in dieser Online-Zeitung gelesen habe? Welches Produkt ich gekauft oder angesehen habe? Was für Schlüsse werden daraus gezogen? Diese Fragen verunsichern. Der Wunsch nach Privatsphäre und Sicherheit kollidiert mit anderen Bedürfnissen. Das führt zu Wertekonflikten: Manchmal tun wir Dinge nicht, obwohl wir sie eigentlich tun möchten.

Es gibt keine harmlosen Daten

Bei jedem Schritt, den wir im Internet machen, hinterlassen wir unsere privaten Spuren, die Datenkraken wie Google, Facebook und Co. zur Verfügung stehen. Dabei wird oft verdrängt oder gar nicht gewusst, dass diese, über all die Jahre angesammelten Daten, miteinander verknüpft, verarbeitet und verwertet werden und dadurch ein Profil, ein sogenanntes „Digitales Double", entsteht. Dieses Profil spiegelt nicht unsere ganze Person wider, vielmehr nur den Teil von uns, der vermeintlich Unternehmen hilft, ihre Gewinne zu maximieren.
Es entsteht ein verzerrtes digitales Abbild, das gegen uns verwendet werden kann. Manipulative Werbung und Preisdiskriminierung drohen. Und mehr – letztlich gibt es keine harmlosen Daten!

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Wertekonflikte im digitalen Zeitalter

Oft werden wir als Nutzer.innen von Diensten und Geräten vor die Wahl gestellt, die uns in eine Zwickmühle bringt: Entweder den Forderungen des Anbieters zustimmen oder den Dienst nicht nutzen. Akzeptieren wir die Nutzungsbedingungen der Datenkraken, geben wir einen Teil unserer persönlichen Daten preis. Entscheiden wir uns dagegen, verzichten wir auf Informationszugang, Unterhaltung und Kontakt mit lieben Menschen. Die meisten Menschen entscheiden sich dafür, die Forderungen des Anbieters zu akzeptieren: Bequemlichkeit vor Datenschutz.
Manche meinen gar sie hätten „nichts zu verbergen“. Das stimmt natürlich nicht.
Jeder Mensch hat etwas zu verbergen. Oder würden Sie Fremden auf der Straße detailgetreu von Ihren letzten fünf Besuchen bei einer Ärztin erzählen?

Wer vorsichtiger ist und lieber nicht der großzügigen Datensammlung von Apps und Portalen zustimmen möchte, ist sicherer. Aber der Verzicht bringt Nachteile.
Digitale Dienste sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken, sei es durch Recherchen mit Google, durch Filmabende mit Netflix oder zur sozialen Kommunikation über WhatsApp, Instagram und Facebook.

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Gerd Altmann via Pixabay

Gegen den „Chilling Effect“ wehren

Die Angst vor Verdatung und Überwachung führt zu Selbstzensur. Wir nutzen Plattformen nicht, vermeiden bestimmte Begriffe – wir schränken uns ein. Die Wissenschaft nennt das „Chilling Effect“.
Der offene Austausch von Meinungen, Wissen und Ideen ist ein Symbol unserer Freiheit und Grundstein unserer Demokratie und darf nicht als Folge der Überwachung beeinträchtigt werden.
Diesem Dilemma müssen wir entkommen.

Auswege aus dem Dilemma

Politik beeinflussen

Eigentlich sollten Gesetze rote Linien ziehen: Die Geschäftspraktikten von Konzernen dürfen nicht unsere Grundrechte einschränken. Dafür können wir gemeinsam aktiv sein: Ob durch Demonstrationen, offene Briefe oder – noch besser – einen Anruf: Abgeordnete sind häufig offen für die Rückmeldung von Menschen, die sachlich ihre Sorge vor bestimmten Gesetzen begründen.
Bis der gesetzliche Rahmen besser ist, müssen wir uns selbst helfen.

Digitale Selbstverteidigung

Von Nutzer.innen digitaler Dienste wird der Schutz ihrer persönlichen Daten zwar generell als wichtig empfunden, doch nur selten auf das eigene Handeln bezogen.
Obwohl ein Problembewusstsein in Bezug auf Googles Datensammeln inzwischen weit verbreitet ist, verwenden etwa 90% der Menschen in Deutschland Google als Standardsuchmaschine. Diese Schere im Kopf lässt sich beseitigen.
Klar, aller Anfang ist schwer, aber wir können unser Datenprofil reduzieren:
Die Suchmaschine wechseln, neue Messenger installieren, einen anderen Kartendienst nutzen – mit vielen kleinen Schritten können wir uns von monopolistischen Diensten befreien.

Sie wissen nicht wo Sie anfangen sollen? Wir haben Empfehlungen aufgeschrieben: https://digitalcourage.de/blog/2019/selbstverteidigung-fuer-eilige

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Hier geht's zur Übersichtsseite Digitale Selbstverteidigung: https://digitalcourage.de/digitale-selbstverteidigung

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