KI-Gesetz: Hält die Bundesregierung ihr Versprechen?

Die Europäische Union erarbeitet gerade ein KI-Gesetz (AI Act). Digitalcourage sieht dringenden Nachbesserungsbedarf und ruft die deutsche Bundesregierung auf, sich an die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zu halten.

P r e s s e m i t t e i l u n g
Bielefeld, 17.11.2022

KI-Gesetz: Hält die Bundesregierung ihr Versprechen morgen?

Die Europäische Union erarbeitet gerade ein KI-Gesetz (AI Act). Dazu verhandeln EU-Parlament und EU-Mitgliedsstaaten über ein Verbot biometrischer Überwachung im öffentlichen Raum. Dieses soll in Artikel 5d des KI-Gesetzes geregelt werden. Bei einem Treffen der Diplomat.innen der EU-Mitgliedsstaaten im Ausschuss der Ständigen Vertreter (Coreper I) morgen, am Freitag den 18. November, soll ein Entwurf abgestimmt und dann auf der Tagung des Rates (Telekommunikation), am 6. Dezember 2022, von den Digitalminister.innen beschlossen werden.

Digitalcourage sieht dringenden Nachbesserungsbedarf. In seiner jetzigen Form beinhaltet der Vorschlag viele Schlupflöcher und riskante Ausnahmen. Er muss bei dem morgigen Treffen dringend nachgebessert werden für einen konsequenten Schutz vor biometrischer Massenüberwachung – so wie im Koalitionsvertrag versprochen.

Sapi Ullrich von Digitalcourage zeigt sich besorgt über den schwachen Entwurf:

„In seiner jetzigen Form beschlossen, würde das Gesetz kaum Schutz bieten, sondern könnte im Gegenteil Tür und Tor für Missbrauch öffnen.“

Digitalcourage hatte vergangene Woche mit AlgorithmWatch und 22 weiteren Organisationen in einem offenen Brief an die Bundesregierung ein konsequentes Verbot eingefordert. Konkret geht es um folgende Nachbesserungen:

  • Das Verbot in Artikel 5d ist beschränkt auf “Echtzeit”-biometrische Identifizierungssysteme. Nachgelagerte Überwachung durch “KI”-Systeme ist aber genauso gefährlich.
  • Das Verbot ist auf Strafverfolgungsbehörden oder in deren Auftrag handelnde Akteure beschränkt – eine Einschränkung, die die Überwachung durch andere öffentliche und private Akteure nicht verhindern würde und die im Koalitionsvertrag so nicht erkennbar ist.
  • In Unterabsätzen im Artikel 5d sind eine Reihe von Ausnahmen aufgeführt, in denen dieses Verbot nicht gelten sollte, was dessen Gehalt weitgehend aushöhlt.
  • Nach Absicht des EU-Rates, soll die KI-Verordnung nicht anwendbar sein, wenn ein Mitgliedstaat sich auf die “nationale Sicherheit” beruft. Da dieser Begriff aber nicht klar bestimmt ist, könnte das zu einer unkontrollierbaren Rechtfertigung des Einsatzes biometrischer Identifizierungssysteme führen, die eine Massenüberwachung ermöglichen können.

Den Brief haben Digitalcourage und weitere Vertreter.innen des Bündnisses Reclaim Your Face bei der ständigen Vertretung Deutschlands bei der EU persönlich abgeliefert.

Der offene Brief in ganzer Länge:
https://digitalcourage.de/blog/2022/brief-verbot-biometrische-ueberwachung

Bild von der Überreichung (Bildlizenz CC-BY 4.0 Digitalcourage):
https://digitalcourage.social/@digitalcourage/109310075211956247

Konstantin Macher von Digitalcourage erklärt:

„Ein Verbot mit so vielen Ausnahmen ist kein Verbot und wird seinem Namen nicht gerecht. Die Bundesregierung muss jetzt ihr Wort halten und ein konsequentes Verbot biometrischer Massenüberwachung ohne Schlupflöcher durchsetzen.“

Digitalcourage ruft die deutsche Bundesregierung auf, sich an die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zu halten. Konkret verspricht die Ampelkoalition darin: „Biometrische Erkennung im öffentlichen Raum sowie automatisierte staatliche Scoring Systeme durch KI sind europarechtlich auszuschließen.“

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Reclaim Your Face
Reclaim Your Face wird unterstützt von 76 Organisationen aus 20 EU-Mitgliedsstaaten und setzt sich für ein europaweites Verbot biometrischer Massenüberwachung ein.

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Konstantin Macher
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