Chatkontrolle – Digitalcourage ist alarmiert über Verordnung

Digitalcourage befürchtet, dass der anstehende EU-Verordnungsvorschlag zur Chatkontrolle massive Einschränkungen der Privatsphäre vorsehen wird und nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht.

P r e s s e m i t t e i l u n g
Bielefeld, 11.05.2022

Chatkontrolle – Digitalcourage ist alarmiert über Verordnung

Die EU-Kommission wird heute den Verordnungsvorschlag zur Chatkontrolle vorstellen. Bisher bekannt gewordene Informationen bestätigen dabei leider die Befürchtungen der Zivilgesellschaft: EU-Innenkommissarin Johansson pocht weiter auf massivste Einschränkungen der Privatsphäre, um eine verpflichtende Durchleuchtung der gesamten privaten Kommunikation zu verordnen.

Digitalcourage und zahlreiche weitere Grundrechtsorganisationen haben schon vor Monaten Prinzipien vorgelegt, die eine Regulierung erfüllen müsste um rechtsstaatlichen Grundsätzen zu entsprechen. [1] Besonders problematisch ist das von der Kommissarin angestrebte „Client-Side-Scanning” (CSS). Beim Client-Side-Scanning werden, unter Umgehung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, Inhalte direkt auf den Endgeräten der Nutzenden durchsucht. Führende Sicherheitswissenschaftler.innen [2] sehen im flächendeckenden Einsatz dieser Methode nicht nur eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie, sondern auch ein zusätzliches Risiko für Sicherheitslücken und eine Angriffsfläche für Kriminelle.

Konstantin Macher von Digitalcourage kritisiert, dass die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson kritische Stimmen zu ihren Plänen nicht anhören wollte:

“Die Kommissarin hat sich einem Dialog mit der Zivilgesellschaft leider verweigert. Nachdem sie sich wiederholt mit Google und Co. getroffen hat, aber die Stimmen von Grundrechtsorganisationen, Digitalrechtsexpertinnen und Wissenschaftlern ignoriert, konnte niemand mehr ein ausgewogenes Gesetzespaket erwarten.”

EDRi („European Digital Rights”), Dachverband von über 40 europäischen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für eine grundrechtewahrende Digitalpolitik einsetzen, hat die anhaltende Gesprächsverweigerung von Kommissarin Ylva Johansson zuletzt auch öffentlich kritisiert. [3] Auch innerhalb der Kommission wurde die Rechtsstaatlichkeit der Pläne von Johansson bereits in Frage gestellt. [4]

Digitalcourage wird den offiziellen Verordnungsvorschlag ausführlich prüfen. Nun sind die Abgeordneten des Europäischen Parlaments gefragt die Pläne der Kommissarin abzulehnen und sobald wie möglich den Schutz des digitalen Briefgeheiminsses wiederherzustellen. Auch die Bundesregierung, welche sich im Koalitionsvertrag gegen das automatisierte Scannen von privater Kommunikation ausgesprochen hat, muss sich jetzt unmissverständlich zu dem Vorschlag der EU-Kommission positionieren.

Fußnoten

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