Freiheit und Demokratie verteidigen - aber richtig

Christina Kampmann (MdB, SPD) kommentiert zum 9. Europäischen Datenschutztag die Vorratsdatenspeicherung.

Um es gleich ganz klar zu sagen: Ich sehe keine Veranlassung zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Deutschland. Für mich ist sie das falsche Signal zur Gefahrenabwehr. Dass die Rufe danach in der Folge des Anschlags von Paris erneut aufkeimen würden, war absehbar: Nur mit einem Mehr an Daten sei ein Mehr an Sicherheit zu gewährleisten. Allerdings werden die Ängste der Bürgerinnen und Bürger hier in einer Art und Weise instrumentalisiert, die ich nicht gutheißen kann. Gerade heute am 9. Europäischen Datenschutztag sollten wir uns vor Augen führen, dass Gesetze keine Terrorakte verhindern können. Frankreich hat die #VDS, aber sie konnte die Anschläge in Paris nicht verhindern. Ganz offensichtlich ist niemand in der Lage, die anfallende Datenmenge zu analysieren. Das Technologieversprechen ist jetzt schon entzaubert. Dazu kommt, dass es nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes sowie des Bundesverfassungsgerichtes gar keinen Rahmen mehr gibt, die VDS einzuführen. Völlig zu Recht hatte der EuGH die umstrittene Richtlinie zur anlasslosen Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten im April vergangenen Jahres gekippt und damit ein starkes Signal für die Einhaltung der Bürgerrechte in der EU gesetzt. Auch mit unserem Grundgesetz ist die VDS nicht zu vereinbaren.

Natürlich müssen wir Demokratie und Freiheit verteidigen - aber richtig. Der Wunsch nach immer mehr Überwachung kommt hingegen einem Mehr-ist-besser-Mantra gleich. Mir ist deshalb wichtig, immer wieder auf Alternativen hinzuweisen, die meines Erachtens in ihrer Wirkung zielführender sind, als es die vermeintlich saubere technische Lösung VDS jemals sein könnte. Dazu zählt in erster Linie, dass Sicherheitsbehörden personell und technisch gut ausgestattet sein müssen, um Verdächtige (!) entsprechend überwachen zu können. Justizminister Heiko Maas wird demnächst ein Maßnahmenpaket vorlegen, welches beinhaltet, die finanzielle Unterstützung von Terrororganisationen zu verbieten und die Reise von gewaltbereiten Islamisten in Terrorcamps unter Strafe zu stellen. Damit können Terroristen stärker als bisher bekämpft werden. Auch der Entzug des Personalausweises ist eine Option, um sie an der Ausreise zu hindern.
Dies sind ganz konkrete Maßnahmen, durchführbar, ohne die Grundrechte von Millionen von Menschen zu beschneiden. Welcher Mehrwert der VDS bleibt am Ende für unsere Gesellschaft übrig? Mir fallen hierzu keine guten Argumente ein. Trotzdem scheint die Forderung nach der VDS die Menschen zu beruhigen. Dagegen hilft nur Aufklärung, was das Zeug hält! Heute, am europäischen Datenschutztag, aber auch an allen weiteren Tagen des Jahres.

Christina Kampmann ist Mitglied des Deutschen Bundestages. Als Mitglied im Innenausschuss sowie im Ausschuss für Digitale Agenda ist sie im Besonderen mit dem Thema Datenschutz vertraut. Sie vertritt den Wahlkreis Bielefeld - Gütersloh II (Stadt Bielefeld und Werther).

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