Perso ohne Finger!

Seit August 2021 müssen wir zwangsweise Fingerabdrücke im Personalausweis speichern lassen. Digitalcourage findet das übergriffig und undemokratisch – und hat dagegen Klage eingereicht.
Grid imageMarkus Hamid, CC-BY 4.0

Und hier bitte einmal Ihren Finger auflegen, damit wir den Fingerabdruck scannen können …

Fingerabdrücke abgeben – das verbinden wir erst einmal mit Verbrechen. Doch seit dem 2. August 2021 werden wir alle behandelt, als wären wir tatverdächtig: Wer einen neuen Personalausweis beantragt, muss verpflichtend die Fingerabdrücke beider Zeigefinger scannen und speichern lassen.

Personalausweis abgelaufen – was kann ich tun?

Leider gibt es keine Möglichkeit, derzeit ein Ausweisdokument ohne Fingerabdrücke zu bekommen. Wir haben unsere Klage dagegen eingereicht, doch bis es zu einer gerichtlichen Grundsatzentscheidung durch das EuGH kommt, kann es noch Monate bis Jahre dauern.

Wenn Sie noch einen gültigen Reisepass haben, können Sie diesen als Ausweisdokument statt des Personalausweises nutzen – so müssen Sie zumindest nicht ein zweites Mal Ihre Fingerabdrücke speichern lassen.

Immer wieder bekommen wir Anfragen von Menschen, die selbst klagen möchten. Wir freuen uns sehr, dass die Speicherpflicht auch andere so sehr ärgert, dass sie aktiv dagegen vorgehen möchten. Doch weitere Klagen bringen in diesem Fall keinen Mehrwert – stattdessen müssen wir nun unsere Kräfte bündeln für die nächsten Schritte im EuGH-Verfahren.

Am besten unterstützen können Sie unsere Klage mit einer Fördermitgliedschaft. So können Sie uns dabei helfen, die Kosten für Recherchen, Öffentlichkeitsarbeit und die Anwaltskosten zu stemmen.

Digitalcourage e.V., CC-BY 4.0

Unterstützen Sie unsere Klage gegen die Fingerabdruckspflicht in Personalausweisen.

Wir klagen stellvertretend für viele Menschen, die uns unterstützen. Ihre Hilfe gibt uns den nötigen Rückenwind.

Warum Fingerabdrücke in Ausweisdokumenten ein Problem sind

Unsere Würde wird angegriffen, wenn wir behandelt werden wie Kriminelle – wir halten dieses Gesetz daher für grundrechtswidrig. Die zwangsweise und anlasslose Abgabe von biometrischen Daten entspricht nicht den Werten von Rechtsstaaten und Demokratien, sondern der Kontrollsucht von Polizeistaaten.

Biometrische Merkmale haben eine besondere Dimension, denn sie ermöglichen lebenslange Kontrolle: Menschen können, wenn es sein muss, Passwort, Namen und Wohnort wechseln, um sich beispielsweise vor Verfolgung oder Bedrohung zu schützen. Biometrische Daten wie Fingerabdrücke können wir niemals ändern.

Staatliche Stellen müssen die Sicherheit der biometrischen Daten garantieren. Doch je häufiger biometrische Daten erhoben, weitergeleitet oder ausgelesen werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwo ein Datenleck gibt. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass Schutzregelungen nachträglich aufgeweicht werden und Daten nicht ausreichend geschützt werden. Und: Wenn der Staat uns nicht vertraut – warum sollten wir dann staatlichen Behörden vertrauen?

Die zwei Diktaturen unserer jüngeren deutschen Geschichte haben in großem Maßstab Informationen gesammelt und gegen ihre Bevölkerung genutzt. Auch wenn ich unserem Rechtsstaat Vertrauen entgegen bringe – gilt das auch für alle zukünftigen Regierungen? Und was ist mit den Ländern, die ich besuchen möchte, und die bei meiner Einreise meine Dokumente in die Hände bekommen?

Hier finden Sie unsere ausführliche juristische Argumentation, mit der wir die Klage eingereicht haben.

Unterstützen Sie die gute Sache: Freiheit, Grundrechte und Demokratie.

Viele Menschen engagieren sich bei uns in ihrer Freizeit, seien auch Sie dabei!

Bleiben Sie auf dem Laufenden über unsere Arbeit und unsere Themen.

Der aktuelle Stand unserer Klage

Unsere Klage gegen die Speicherpflicht von Fingerabdrücken in Personalausweisen ist vom Verwaltungsgericht Wiesbaden direkt an den europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen worden. Der Gerichtshof der Europäischen Union unserer Klage das Aktenzeichen C-61/22 zugewiesen. Das ist ein toller Erfolg für uns!

Vor dem EuGH konnten wir bereits 2022 einmal schriftlich Stellung nehmen. Außer uns als Klägerin konnten unter anderem die Regierungen aller EU-Mitgliedsstaaten, die Kommission, das Parlament und der EU-Rat zum Fall Stellung nehmen. In einem offenen Brief haben wir stellvertretend für über 13.000 Bürger.innen die Bundesregierung aufgefordert, sich vor dem EuGH im Sinne der Grundrechte ablehnend zur Fingerabdruckpflicht zu äußern. Im September haben wir die Stellungnahmen der EU-Organe und -Mitgliedsstaaten bekommen. Leider sind diese Stellungnahmen nicht öffentlich, doch so viel sei verraten: Wir stellen uns auf viel Gegenwind vor Gericht ein.

Unsere Klage wird am 14.03.2023 vor dem EuGH in Luxemburg mündlich verhandelt. Wir werden auf dieser Seite, in unserem Newsletter und im Fediverse von der Anhörung und vom weiteren Verfahren berichten.

Unser Verfahren wird vor der Großen Kammer mit 15 Richter.innen verhandelt. Das zeigt, wie das Gericht unsere Klage einschätzt: Die Große Kammer tagt nur in besonders bedeutsamen und komplexen Verfahren. Die mündliche Verhandlung findet am 14. März 2023 statt. Allerdings wird an diesem Tag noch kein Urteil gesprochen. Zuerst folgen noch die Schlussanträge des Generalanwalts und zu einem späteren Zeitpunkt wird die Entscheidung des EuGH verkündet. Das Urteil in diesem Fall wird Wirkung haben für alle Bürger.innen der EU.

Wir wollen die der Speicherpflicht zugrunde liegende EU-Verordnung kippen. Dieser Prozess wird uns viel Geld kosten – für Anwaltskosten, Reisekosten und Öffentlichkeitsarbeit. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit langfristig mit einer Fördermitgliedschaft!

Aktuelle Blogartikel zu unserer #PersoOhneFinger-Kampagne

PersoOhneFinger

Wir sprechen vor dem EuGH

Wir wollen uns nicht behandeln lassen wie Tatverdächtige. Am Dienstag, 14.3.2023 tragen wir unsere Argumente dem Europäischen Gerichtshof vor, der die Fingerabdruckpflicht für 380 Millionen EU-Bürger.innen kippen kann.

#ReclaimYourFace – Kampagne gegen biometrische Massenüberwachung

Reclaim Your Face

Emotionserkennung

Wir haben die zuständigen Abgeordneten im Europäischen Parlament aufgefordert, die gefährliche Emotionserkennung im KI-Gesetz zu verbieten. Wir erklären, warum.
Biometrische Massenüberwachung

Ampel bricht Koalitionsvertrag

Uns vorliegende Dokumente belegen: Die Ampelkoalition hat ihre guten Vorsätze und Versprechen aus dem Koalitionsvertrag gebrochen und setzt sich für biometrische Massenüberwachung ein.