TiSA: Das Konzern-Abkommen gegen Datenschutz
TiSA steht für „Trade in Services Agreement“ und ist ein Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen. Mehr als 50 Staaten verhandeln über TiSA, darunter die USA und die Länder der EU. Das Ziel der Verhandlungen ist ein Vertrag über die Liberalisierung von Dienstleistungen. Das betrifft unter anderem: IT-Beratung, Internetversorgung, elektronische Transaktionen, digitale Signaturen aber auch Finanz- Bildungs- und Gesundheits-Dienstleistungen.
Inakzeptabel ist: TiSA wird im Geheimen verhandelt und es gibt keine wirksamen Positionen für Datenschutz und Verbraucherschutz an den Verhandlungstischen.
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Geheime Verhandlungen
Um politische Beteiligung zu verhindern wird TiSA an unüblichen Orten im Geheimen verhandelt. Am Ende sollen die Verhandlungspapiere frühestens fünf Jahre nach Abschluss des Vertrags an die Öffentlichkeit gegeben werden. Massenproteste, wie gegen TTIP, gibt es gegen den Dienstleistungsvertrag TiSA noch nicht, obwohl etwa drei Viertel der europäischen Wirtschaftsleistung betroffen sein wird und ausschließlich die Machtinteressen von Staaten und Konzernen die Verhandlungen leiten.
Einsichten dank Whistleblowern
Das Wenige, was über TiSA bekannt ist, haben Whistleblower an die Öffentlichkeit gebracht. Einen Einblick in den Vertrag gibt das von Wikileaks veröffentlichte Dokument Financial Services Annex und 17 bisher unveröffentlichte Dokumente, darunter die Dokumente Annex on Telecommunication Services und Annex on Electronic Commerce. Associated Whistleblowing Press veröffentlichte die Dokumente New Provisions Applicable to All Services und Annex on Professional Services. Zudem hat die Schweiz ihre Eingaben und eine Chronologie (bis August 2014) zu den Verhandlungen veröffentlicht. Eine auf den Leaks basierende Analyse u.a. zu E-Commerce, Netzneutralität, grenzüberschreitenden Datenverkehr haben Professor Jane Kelsey und Dr Burcu Kilic für den weltweiten Gewerkschaften-Bund PSI erstellt. (PDF Englisch)
Freier Transfer von Kontodaten
TiSA soll unter anderem regeln, dass sich die Vertragsländer bereiterklären ausländische Dienstleister im Bereich Banken und Versicherungen ungehindert Finanzgeschäfte zu machen. Laut Tisa-Artikel 11 soll jedes Tisa-Vertragsland seinen Finanzkonzernen erlauben, Kontodaten und andere Informationen frei zu bewegen. Bankdaten könnten dann auch aus der EU in die USA transferriert werden, zum Auswerten und Speichern. In den USA unterliegen die ausländischen Daten so gut wie keinem Datenschutz. Damit greift TiSA direkt den europäischen Datenschutz an. Im Rahmen von TiSA wollen die größten Akteure der Finanzmärkte die Spielregeln für die globale Wirtschaft schreiben, oder wie Slavoj Žižek schreibt: „Die Weltmärkte übernehmen die Aufgaben der Demokratie“.
Open Source in Gefahr
Freie und Open Source-Software wird durch TiSA bedroht, weil, nach derzeitigem Verhandlungsstand, kein Vertragsland offenen Quellcode zur Bedingung für Ausschreibungen machen könnte. Den betreffenden Artikel 6 und seine Ausnahmen hat Patrick Beuth analysiert.
„Kein Unterzeichner darf den Transfer von oder den Zugang zu Quellcode von Software eines Unternehmens aus dem Land eines anderen Unterzeichners zur Bedingung für Dienstleistungen im Zusammenhang mit dieser Software machen.“ (Article 6: Annex on Electronic Commerce)
Freier Transfer persönlicher Daten
Mit TiSA sollen die Daten von Kommunikationsanbietern für kommerzielle Zwecke nahezu frei zwischen Ländern hin- und her transferriert werden: „Kein Unterzeichner darf einen Diensteanbieter eines anderen Unterzeichners daran hindern, Informationen zu übertragen, auf sie zuzugreifen, sie zu verarbeiten oder zu speichern. Das schließt persönliche Daten mit ein, wenn der Vorgang in Zusammenhang mit der Ausführung der Geschäfte des Diensteanbieters steht.“ (Article 2: Annex on Electronic Commerce) Übersetzung: Anna Biselli für netzpolitik.org Mit TiSA könnte kein Land eine Firma daran hindern, persönliche Informationen aus sozialen Netzwerken, Unfall- und Krankenversicherungen und Kommunikationsanbietern in ein anderes Land zur Speicherung und Verarbeitung zu transferieren. Außerdem drängen die USA darauf, dass Firmen keinen Sitz in dem Land haben müssen, in dem sie ihre Dienstleistungen anbieten.
TiSA-Verhandlungen sofort stoppen!
In einer Demokratie ist es nicht hinnehmbar, dass Verträge die Kommunikation, Gesundheit, Finanzen, Bildung und Verwaltung regeln sollen im Geheimen verhandelt werden. Es ist nicht zu akzeptieren, dass bei diesen Verhandlungen Konzerne beteiligt werden, aber die Öffentlichkeit bewusst herausgehalten wird. Zudem ist TiSA ein grundsätzlicher Angriff gegen den Datenschutz und Grundrechte. Darum fordern wir, dass die TiSA-Verhandlungen sofort beendet werden.
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Weiterführende Links
- Patrick Beuth (zeit.de): Ein Abkommen gegen Open Source
- Professor Jane Kelsey und Dr Burcu Kilic: Briefing zu E-Commerce, Netzneutralität, grenzüberschreitenden Datenverkehr (PDF Englisch)
- Alexander Hagelüken (Süddeutsche): Stiller Poker um Wasser und Kontodaten
- Alexander Hagelüken und John Goetz (Süddeutsche): Sorge um Datensicherheit: USA greifen nach Kontodaten europäischer Bürger
- Anna Biselli (netzpolitik.org): Leak zeigt: Handelsabkommen TiSA könnte nationale Datenschutzbestimmungen aushebeln
- derStandard.at: TiSA-Abkommen: Angriff auf Netzneutralität und Datenschutz
- Isolda Agazzi (NZZ): Gefahr für Service public und Privatsphäre
- Michel Reimon: US-Verhandler attackieren Netzneutralität und Datensicherheit frontal
- PSI-Spezial: Das Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen (TiSA) und die Agenda der Konzerne (PDF)
- Public Services International: Deutschsprachiges Dossier zu TISA
- Raoul Marc Jennar (Le Monde): Vorsicht, Tisa!
- Sven Giegold: TISA-Vertrag soll europäischen Datenschutz verbieten
Text: Friedemann Ebelt (mit Unterstützung durch die AG-Text, vielen Dank auch :)