Rena Tangens: „Persönlichkeit des Verbraucherschutzes 2015“
Der Preis wurde zum zweiten Mal verliehen und zeichnet Persönlichkeiten
aus, die sich besonders um Verbraucher.innenschutz verdient gemacht
haben. Dazu gehört Rena zweifellos, wie die Jury deutlich
machte:
Rena ist Vorsitzende von Digitalcourage seit über 25 Jahren, hat den
Begriff Datenkrake geprägt und verhinderte gemeinsam mit uns die
Einführung von RFID-Chips in den Payback-Karten.
Ermahnungen an BMJV
Verliehen wurde der Preis nicht von Heiko Maas, der in Vertretung von
Sigmar Gabriel nach Israel reisen musste, sondern vom Parlamentarischen
Staatssekretär im BMJV, Ulrich Kelber. Ihn ermahnte Rena Tangens, die Vorratsdatenspeicherung nicht einzuführen und endlich
Bewegung in die Ermittlungen gegen die NSA-Überwachung zu bringen. Denn
nur so ließen sich unsere Grundrechte effektiv schützen, so Rena Tangens.
Der Preis wurde auf dem Deutschen Verbrauchertag 2015 verliehen, der im
Museum für Kommunikation in Berlin vom Verbraucherzentrale Bundesverband
ausgerichtet wurde. Das Motto in diesem Jahr lautete „Sharing Economy –
Teilen. Haben. Teilhaben“ und wurde kontrovers diskutiert.
Sharing Economy nicht nur einfaches Teilen
Francisca Pick von ouishare, einer Plattform die Menschen aus der
Sharing Economy zusammenbringt, stellte den Community-Gedanken der
Sharing Economy in den Vordergrund: Verschiedene Plattformen bieten das
Potenzial, Menschen zusammenzubringen und einen kulturellen Wandeln
einzuleiten. Bisher sei die Sharing Economy häufig noch ein
Elitenprojekt, aber langfristig wird dieser Wandel alle Menschen
ergreifen. Auch ist für sie die Fokussierung auf Konsum nur ein
Ausschnitt. Dabei verwies sie auf verschiedene Plattformen, die heute
schon Finanzierung, Produktion und Lernen als Sharing-Projekte verstehen.
Deutlich kritischer sah der Soziologe Harald Welzer die Sharing Economy:
Er stellte auf die die öffentliche Infrastruktur und das Solidaritätsprinzip ab. Diese würden nun durchkommerzialisiert
und neoliberalisiert, wo vorher ganz ohne finanzielle Interessen
solidarisch geteilt und geholfen wurde. „Dann müssen wir demnächst 2,50 € an die Nachbarin zahlen, die unsere Pakete annimmt,“ so seine Befürchtung. Außerdem sei die Sharing Economy verlogen, da
in der schönen neuen Welt der Start-Ups niemand wirklich sage, dass er
Geld verdienen wollte, sondern alle nur die Welt verbessern wollten.
Bundeskanzleramt: Deutschland muss hohes Niveau beim Datenschutz
verteidigen!
In Vertretung der Bundeskanzlerin, die in Sachen Griechenland die
Fraktionen im Bundestag informierte, phrasierte Staatsminister im
Bundeskanzleramt, Helge Braun, von einer sich verändernden Arbeitswelt.
Außerdem müsse Deutschland sein „hohes Schutzniveau beim Datenschutz“ in
der EU-Datenschutzreform verteidigen. Was man von diesen Worten zu
halten hat, haben wir vor zwei Wochen ja im Ministerrat gesehen.
Immerhin wurde aber die Novelle des Unterlassungsklagegesetzes auf den
Weg gebracht, mit der Verbraucherschutzvereine nun auch
Datenschutzverstöße von großen Firmen abmahnen können.
In der anschließenden Diskussion zwischen Wirtschaftsvertreter.innen und
Mitgliedern des Bundestages wurde vor allem über Regulierung gestritten.
Für Renate Künast von den Grünen verbat es sich, diesen Begriff als
negativen Kampfbegriff zu sehen, da es um Mindeststandards gehe und
unsere Grundrechte schüzen. Zustimmung bekam sie von allen anderen
Parteien, während Fabian Nestmann von Uber sich lieber flexible Regeln
wünschte, die nicht bloß darauf ausgelegt seien, überkommene
Geschäftsmodelle zu schützen.
Klaus Müller, Vorsitzender des Verbraucherzentrale Bundesverbands,
verwies auf Studien, wonach sich zwar 88 % der Deutschen vorstellen
könnten, zu teilen statt zu besitzen, aber 79 % nur unter Freundinnen
und Freunden.
Datenschutz beim Teilen nicht vergessen!
Besonders kritisch sah er die Frage des Datenschutzes, die bis dahin nur
gelegentlich aufgekommen war. Mit viel Engagement in Sharing Communities
werden private Vorlieben und sehr Persönliches preisgegeben, bei denen
unklar sei, wer mit diesen Daten dann weitere Geschäfte treibe.
Hierzu forderte er die anwesenden Politiker.innen aus den Ministerien
und dem Parlament auf, sich weiter für die Zweckbindung, eine starke
Einwilligung und die Eingrenzung der Profilbildung in der
EU-Datenschutzverordnung stark zu machen. Außerdem könnte die
Datenportabilität endlich gewachsene Monopole wie die von Google und
Facebook aufbrechen und neue Monopole verhindern. Das Grundprinzip des
Datenschutz by default darf laut Müller auf keinen Fall auf der Strecke
bleiben, wie neben Müller 81 % alle Befragten in einer Umfrage des vzbv
fanden. Bleib zu hoffen, dass Staatssekretär Kelber aus dem BJMV eifrig
mitgeschrieben hat. Lobende Worte für die Politik fand Müller für das
angestrebte Verbandsklagegesetz, das endlich ein effektives Vorgehen der
Verbraucherschützer.innen gegen Datenschutzverstöße ermögliche. Und
sicher ist das ganz im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und der
Persönlichkeit des Verbraucherschutzes 2015, Rena Tangens.
Die Preisträgerin im Porträt
- Videoporträt von Rena Tangens im Youtube-Kanal der Stiftung Verbraucherschutz:
- Video von der Verleihung des Preises inklusive Videoportrait
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