Dossier ePerso | Wirtschaftsförderung - Teil 2: Hanning
Noch vor der Einführung des neuen Personalausweises gilt das Projekt als Erfolgsprojekt. Ein Blick hinter die Kulissen verrät für wen.
Die Akte zu August Hanning existiert noch nicht. Doch Stoff dafür gäbe es bereits genügend. In ihr fänden wir Episoden eines Mannes, der im Dunst der Sicherheitsdienste und zuweilen in der zeitlichen Nähe von Skandalen seine Ämter wechselte und seit 2000 des Öfteren den public private partnership auf eine ihm sehr nützliche Weise zu leben pflegt.
Bildquelle: Bundespresseamt
Hannings Geheimdienstvergangenheit reicht in die 80er Jahre zurück, als er Geheimschutzbeauftragter an der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin wurde. Seine Nachrichtendienstkarriere erreichte 1998 ihren Höhepunkt mit seiner Ernennung zum Präsidenten des BNDs. In der Öffentlichkeit wurde er vor allem durch seine kontinuierliche Beschwörung der Gefährdungssituation bekannt. Mister Sicherheit, wie er auch genannt wird, hat sich jahrelang für den Abbau des Schutzes der Privatsphäre und die Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitsdienste eingesetzt. Er würde weder vor dem Einsatz von Überwachungskameras auf Klos zögern noch vor dem Verwanzen des heimischen Bettes. – Die intimen Geräusche würden natürlich sofort gelöscht, wie er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung versicherte.
Als Mann der Tat setzte er sich für die Interessen der Sicherheitsdienste ein. So sollte man seiner Meinung nach das Militär auch für Einsätze im Innern einsetzen dürfen. Das war seine Meinung als Staatsekretär beim BMI, ein Amt, das er von 2005 bis 2009 bekleidete. In dieser Funktion zeigte er sich auch zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht der ihm wichtigen Online-Durchsuchung „nicht im Wege stehen wird“. Böse Zungen würden hier eine demokratiefeindliche Gesinnung wittern. Und es ist wohl auch solchen Kreisen zuzuschreiben, dass Hanning sich 2009 genötigt sah, sich vom Vorschlag zu distanzieren, dass Polizei und Verfassungsschutz zusammengelegt werden sollen. Vielleicht sollten wir Hanning einfach als Visionär sehen.
Visionen hatte Hanning auch in Punkto des ePasses und des ePersos. Seit 2006 setzte er sich für die neuen Ausweisdokumente ein. Bereits damals unterhielt er Kontakte mit der Bundesdruckerei, derjenigen staatlichen Behörde, die vom Staat erheblich finanziell ausgestattet wurde, um die neuen Ausweise auch als Exportschlager zu vermarkten. Es ist deshalb ein glücklicher Umstand und ein Gewinn für die Bundesdruckerei, dass Hanning nach seiner Entlassung als Mitglied des Aufsichtsrates der Bundesdruckerei gewonnen werden konnte. Als Vordenker wusste Hanning schon früh um neue Geschäftsfelder. So setzte er sich seit 2006, noch in seiner Tätigkeit beim BMI, für die elektronische Ausländerkarte ein, die technisch auf ähnlichen Technologien beruhen soll wie die neuen Ausweisdokumente. Hanning sagte dazu: „Industriepolitisch ergibt die Karte eine Menge Sinn. Derjenige, der zuerst kommt, setzt die Standards. Und der Sicherheitsbereich ist eine große Wachstumsindustrie.“ (Quelle: Heise). Dem ist wenig hinzuzufügen, außer vielleicht: Die Kosten dieser Ausländerkarte sind so abschreckend hoch, dass sie für manche Bevölkerungskreise mehr als einen Monatsverdienst ausmachen werden. Ob dies auch Teil von Hannings visionären Sicherheitsstrategie ist?