Newsletter vom 08.07.2020

Digitalcourage-Newsletter vom 08.07.2020

Datenschutzverstöße im Homeschooling und Bußgelder, Geburtsdaten auf E-Tickets von Freibädern, bargeldloses Zahlen, Vorratsdatenspeicherung und die Corona-Warn-App

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Liebe Newsletter-Leserschaft,

manchmal reicht es, freundlich zu bleiben. Wenn man gleichzeitig hartnäckig bleibt. Im Zuge des Wettbewerbs für „besonders unsinnige Corona-Maßnahmen“ wollten die Bäderbetriebe in Bielefeld punkten: Auf den eTickets, ohne die man nicht mehr in die Schwimmbäder kommt, wurde groß das Geburtsdatum aufgedruckt. Wir protestierten und seit letzter Woche ist das Datum verschwunden. Schlimmer noch wird’s an anderer Stelle: Die völlig nutzlose Vorratsdatenspeicherung wird mal wieder aus der Mottenkiste geholt – und verhindert damit bessere Mittel zur Aufklärung von Verbrechen. Außerdem: Lehrerinnen und Lehrer sollen nun Bußgelder zahlen, wenn sie gegen Datenschutzgesetze verstoßen. Und wo wir schon beim Bezahlen sind: „Bargeldloses Zahlen“ ist aus hygienischer Sicht völlig sinnlos.


Wir bleiben aktiv.

Es grüßen Rena Tangens, padeluun
und das gesamte Team von Digitalcourage

 

Inhalt

1  Vorratsdatenspeicherung: die Manöver der Union

2  Datenschutzverstöße im Homeschooling und Bußgelder

3  Corona-Warn-App: Eine moderne Gretchenfrage

4  Aus hygienischen Gründen bargeldlos zahlen? Ist Quatsch.

5  Datenschutz im Freibad

6  #unteilbar: Das war das Band der Solidarität

 

1  Vorratsdatenspeicherung: die Manöver der Union

Nach dem aufgedeckten Kindesmissbrauch in Münster hat die Union auf der vergangenen Innenministerkonferenz wieder einmal anlasslose Massenspeicherung aller Telefon- und Internetdaten gefordert. Wir haben dagegen gehalten – über unsere Kritik haben unter anderem Spiegel Online und heise.de berichtet. Wir argumentieren, dass das sture Beharren auf die grundrechtswidrige Vorratsdatenspeicherung Maßnahmen und Instrumente verhindert, die wirklich helfen könnten – auch beim Thema Kinderschutz.
Statt wirksamer Lösungen sehen wir ignorante Gesetzgebung: Trotz Urteilen und laufender Prozesse wurde die Pflicht zur anlasslosen Speicherung von Kommunikationsdaten im den aktuellen Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz verankert (§ 166).
Ab 1. Juli beginnt die deutsche Präsidentschaft im Rat der EU. Am aktuellen Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz sehen wir wiederholt, dass Berlin mit Ignoranz regiert und kompromisslos nach Massenüberwachung strebt. Darum warnen wir vor der deutschen Präsidentschaft im EU-Rat ab 1. Juli.

Weitere Hintergründe zum aktuellen Manöver der Union:
https://digitalcourage.de/blog/2020/vorratsdatenspeicherung-neues-manoever-der-union

Vorratsdatenspeicherung: Warnung vor deutscher EU-Ratspräsidentschaft:
https://digitalcourage.de/blog/2020/vorratsdatenspeicherung-warnung-deutsche-ratspraesidentschaft
 

Wir fordern: Arbeit an EU-Vorratsdatenspeicherung sofort stoppen! Verfassungsbeschwerde von Digitalcourage gegen Vorratsdatenspeicherung unterstützen
 

2  Datenschutzverstöße im Homeschooling und Bußgelder

Wer bisher dachte, Verstöße gegen Datenschutzrecht wären ein Kavaliersdelikt, um das sich sowieso niemand schert, könnte jetzt eines Besseren belehrt werden. In Thüringen werden aktuell Datenschutzverstöße von Lehrkräften geprüft, die während des coronabedingten Fernunterrichts begangen wurden. Es sind Bußgelder bis 1000 Euro möglich.

Werden Lehrerinnen und Lehrer nun tatsächlich zur Kasse gebeten? Wer haftet für Verstöße während des Unterrichts? Wie können wir die aktuelle Debatte positiv für die Entwicklungen an Schulen nutzen?

Wir haben uns mit dem Thema beschäftigt und auch mit dem verantwortlichen Landesdatenschutzbeauftragten Dr. Lutz Hasse gesprochen: https://digitalcourage.de/blog/2020/datenschutzverstoesse-im-homeschooling-und-bussgelder

Uns lehrt diese Debatte: Die Unsicherheiten in Bezug auf Rechte und Pflichten erzeugen Angst, Unverständnis, Demotivation und Belastung. Um Datenschutz als selbstverständlich mitlaufendes Thema an Schulen unterzubringen, haben wir noch viel zu tun: Eltern, Lehrkräfte, Schulen und Behörden müssen auf einen Wissensstand gebracht werden, damit sie gemeinam an einem Strang ziehen können.
 

3  Corona-Warn-App: Eine moderne Gretchenfrage

Der Diskurs geht weiter, sowohl in der Gesellschaft, technisch, sozial und politisch, als auch bei uns im Digitalcourage-Team. In unserem letzten Text unserer Artikelserie zur Corona-Warn-App ist unter anderem unser Lob für die App in diesem einen Text zu kurz ausgefallen. Darum haben wir unser Pro und Contra noch einmal ausführlich neu sortiert. Mit der Corona-Warn-App ist mehr richtig gemacht worden, als wir befürchtet hatten. Das bedeutet aber nicht, dass wir sie deshalb gleich empfehlen.

„Wie hältst du’s mit der Corona-Warn-App?“ Eine moderne Gretchenfrage:
https://digitalcourage.de/blog/2020/corona-warn-app-gretchenfrage
 

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4  Aus hygienischen Gründen bargeldlos zahlen? Ist Quatsch.

Seit Beginn der Corona-Krise werden wir beim Einkauf immer häufiger aufgefordert, bargeldlos zu zahlen. Am Anfang war vieles unklar. Inzwischen sind sich die meisten Wissenschaftler.innen aber einig: Eine Infektion über Oberflächen findet sehr, sehr selten statt. Deshalb sollten wir uns nicht unter Druck setzen lassen, bargeldlos zu zahlen.

Mehr lesen:
https://digitalcourage.de/blog/2020/bargeld-corona-infektionsschutz-quatsch
 

5  Datenschutz im Freibad

Die Freibadsaison wurde eröffnet – verspätet durch Corona. Spontan eine Abkühlung zu suchen bleibt trotzdem schwierig durch Onlineregistrierung, E-Tickets und begrenzte Zeitfenster. Um die Besucherzahl begrenzen zu können und die Gesundheit aller zu schützen ist das sinnvoll. Dass in unserer Heimatstadt Bielefeld aber sogar das Geburtsdatum zusammen mit dem Namen auf jedem gedruckten Ticket landete, ging uns zu weit. Darum haben wir uns an die örtliche Bäder- und Freizeit GmbH (BBF) gewendet.
Am Ende dieser Geschichte steht eine Erfolgsmeldung: Das Geburtsdatum ist vom Bielefelder Ticket verschwunden!
Unsere Corona-Regel: Es liegt an uns allen, die sinnvollen Maßnahmen solidarisch mitzutragen und zugleich aktiv dafür zu sorgen, dass die unsinnigen beendet werden. Wir haben den Brief veröffentlicht, den wir an die BBF geschrieben haben. Die eine oder andere Formulierung hilft vielleicht anderen dabei, selbst aktiv zu werden.

Corona: Datenschutz im Freibad:
https://digitalcourage.de/blog/2020/corona-datenschutz-im-freibad
 

6  #unteilbar: Das war das Band der Solidarität

Mehrere zehntausend Menschen haben am 14. Juni bundesweit ein Band der Solidarität geknüpft, allein in Berlin über 20.000! Verantwortungsvoll, mit Abstand, haben wir gemeinsam gezeigt: #SoGehtSolidarisch #unteilbar.
padeluun (Digitalcourage) hat für das #unteilbar-Bündnis die Anmeldung der Demo übernommen und war für das Sicherheitskonzept verantwortlich, das ausdrücklich – ein Novum im Umgang mit Demonstrationen – von der Polizei gelobt wurde. Dieses Lob wurde sogar von der britischen Zeitung „The Guardian“ zitiert.

Fotos der #unteilbar-Demo:
https://www.unteilbar.org/sogehtsolidarisch-bilder/

Coronavirus live – Coronavirus outbreak, siehe 14. Juni 2020:
https://www.theguardian.com/world/live/2020/jun/14/coronavirus-live-news-ew-beijing-cluster-sparks-fears-of-second-wave-as-brazil-cases-top-850000?page=with:block-5ee655ed8f08bc1dd58e26c8#liveblog-navigation