Brauchen wir den Verfassungsschutz? Nein!

Eine kurze Zusammenfassung des „gemeinsamen Memorandums von Bürgerrechtsvereinigungen zum Inlandsgeheimdienst Verfassungsschutz“.
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Eine Person mit langem Mantel und Hut. Der Kopf ist gesenkt. Aufnhame von hinten.

Erarbeitet von Dr. Rolf Gössner, Johann-Albrecht Haupt, Dr. Udo Kauß, Dr. Till Müller-Heidelberg und Thomas von Zabern Humanistische Union und Internationale Liga für Menschenrechte

mit Unterstützung von: Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung, Chaos Computer Club, Digitalcourage e.V., Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Komitee für Grundrechte und Demokratie

Vier Thesen zum „Verfassungsschutz“

  1. Braucht die Demokratie ein politisches Frühwarnsystem gegen „Extremisten“?
  2. Der „Verfassungsschutz“ ist schädlich.
  3. Der „Verfassungsschutz“ ist entbehrlich.
  4. Der „Verfassungsschutz“ ist unkontrollierbar.
    Fazit: Der „Verfassungsschutz“ ist ersatzlos abzuschaffen.

Inhalt der vier Thesen:

  1. Eine demokratische Gesellschaft lebt von der Meinungsvielfalt. Radikale Auffassungen und Bestrebungen (die von den vorherrschenden Meinungsbildern abweichen) sind deshalb nicht nur zulässig, sondern auch wünschenswert - solange die Grenzen zur Strafbarkeit bzw. zu gewalttätigem Handeln nicht überschritten werden. Staatliche Behörden dürfen derartige Äußerungen weder als „verfassungsfeindliche“ oder „extremistische“ Bestrebungen abqualifizieren, beobachten oder gar verfolgen. Wir brauchen kein staatliches „Frühwarnsystem” zur Beobachtung derartiger Auffassungen und Bestrebungen.
  2. Geheimdienstlicher Verfassungsschutz ist schädlich, wie auch die zahlreichen Verfehlungen und Skandale in der Geschichte der Bundesrepublik zeigen. Es handelt sich dabei nicht um zufällige, persönliche oder vermeidbare Fehler, sondern systematisch bedingte Mängel eines behördlichen und geheimdienstlichen „Verfassungsschutzes“.
  3. Die gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden sind überflüssig. Bei ihrem Wegfall entsteht keine Sicherheitslücke. Eine Aufgaben- und Befugnisüberleitung von den Verfassungsschutzbehörden auf die Polizei ist daher nicht erforderlich. Der Schutz vor Gewalt und Straftaten obliegt der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten.
  4. Eine Kontrolle geheim arbeitender Verfassungsschutzbehörden, die rechtsstaatlichen und demokratischen Ansprüchen genügt, ist nicht möglich. Auch Kontrollverbesserungen sind untauglich: ein transparenter, voll kontrollierbarer Geheimdienst ist ein Widerspruch in sich.
  5. Die Verfassungsschutzbehörden sind ersatzlos abzuschaffen – allein schon deshalb, um nicht in Zeiten knapper Kassen und in Beachtung der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse jährlich eine halbe Milliarde Euro für überflüssige, ja schädliche Behörden auszugeben. Es bedarf auch keiner ersatzweisen, mit offenen Quellen arbeitenden staatlichen Informations- und Dokumentationsstelle über extremistische Bestrebungen. Das Problem besteht nicht in einem mangelnden Wissen über radikale, bisweilen auch menschenverachtende Meinungen und Haltungen in unserer Gesellschaft. Die Auseinandersetzung darüber muss mit politischen, demokratischen Mitteln geführt werden; sie ist innerhalb der Gesellschaft zu führen.

Humanistische Union, Internationale Liga für Menschenrechte, Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen (Hg.)
Brauchen wir den Verfassungsschutz? Nein! Gemeinsames Memorandum.
1. Auflage, Berlin 2013, 84 Seiten, ISBN: 978-3-930416-30-1
Das Memorandum kann in unserem Shop bestellt werden.