Gestern Verschwörungstheorie – heute Gewissheit
Alles auch von Deutschen viel genutzte Dienste. „PRISM“ heißt das Geheimprogramm für Direktzugriff und Auswertung. James Clapper, Obamas Nationaler Geheimdienstdirektor, bestätigt die Existenz des Programmes und verteidigt es. Die betroffenen Firmen, darunter Facebook, Google und Apple, dementieren die Zusammenarbeit. Das Dementi verwundert nicht, denn die Firmen sind auch bei anderen Maßnahmen im Rahmen des Foreign Intelligence Surveillance Acts verpflichtet, über Überwachungsmaßnahmen Stillschweigen zu bewahren.
Wer hat wann was gewusst
Microsoft ist seit 2007 bei PRISM dabei, Yahoo seit 2008, Google und Facebook seit 2009, Youtube seit 2010, Skype und AOL seit 2011 und Apple seit 2012. Und das Programm wird ausgeweitet. Microsoft, die derzeit damit werben „Your privacy is our priority“ waren die Ersten. Microsofts ehemaliger Datenschutzbeauftragter Caspar Bowden war der erste, der eindringlich in Europa vor den Folgen des FISA und der Ausweitung der Überwachung auf Cloud-Dienste warnte. Zu deutliche Worte für seinen Arbeitgeber.
BigBrotherAwards
Wir verleihen seit 2000 den Datenschutz-Negativpreis BigBrotherAwards. Wir haben in den letzten Jahren intensiv zu dem Thema Überwachung von Internet-Konzernen durch US-Geheimdienste recherchiert und in den Reden zur Verleihung vieles veröffentlicht:
- BigBrotherAward 2011 für Facebook
- BigBrotherAward 2012 für die Cloud
- BigBrotherAward 2013 für Google
Insbesondere im Artikel zur Cloud sind die Zusammenhänge beschrieben. Der BigBrotherAward an die Cloud hat vielfältige Reaktionen hervorgerufen. Große deutsche Cloudanbieter werben mittlerweile zum Beispiel damit, dass Daten nur in Deutschland gespeichert werden.
Im Artikel zu Facebook finden Sie die personellen Verbindungen dieser Firma zu US-amerikanischen Geheimdiensten. Im Google–Artikel finden Sie eine Darstellung der Macht, die diese Firma durch Sammlung von Daten aus unterschiedlichsten Quellen erlangt. Wer auch immer darauf Zugriff bekommt, bekommt Macht über Menschen.
Längst ist Datenschutz zum Persönlichkeitsschutz geworden. Es geht nicht mehr darum, "weniger Werbung im Briefkasten" zu haben, sondern darum, wie Großkonzerne und Regierungen versuchen, Macht an sich zu reißen und damit die Gesellschaftsordnung und Demokratie gefährden. Den Konzernen und der Öffentlichkeit sind diese komplexen Gefährdungen oft nicht bewusst.
Die EU kann helfen
Unter diesem Aspekt wird das Thema Daten-/Persönlichkeitsschutz noch einmal weiter mit Bedeutung aufgeladen. Gestern tagte der Ministerrat der EU zur Europäischen Datenschutzgrundverordnung. Hier zeigte sich im Vorfeld, dass allein die American Chamber of Commerce 70 Lobbyisten nach Brüssel einflog, um Europaabgeordnete und Kommissionsmitglieder massiv zu lobbyieren. Dadurch sollte der eigentlich gute Kommissionsentwurf so verwässert werden, dass es quasi keinen Datenschutz mehr gibt. Schon jetzt werden unter anderem über das „Abschnorcheln“ von SWIFT-Überweisungen und dem Erheben und Übertragen von Flugpassagierdaten eine Datenfülle über Bürgerinnen und Bürger in die USA transportiert, dass einem „Angst und Bange“ werden kann.
Deswegen hatten wir im Bündnis mit vielen weiteren Organisationen (unter anderem Deutscher Journalisten Verband, Netzwerk Recherche und Deutsche Journalisten Union) einen offenen Brief an Innenminister Friedrich veröffentlicht und Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, diesen Offenen Brief mit zu unterzeichnen.
Diesen Brief haben wir in einer spektakulären Aktion am 5. Juni 2013 dem Bundesinnenministerium übergeben. Hier finden Sie Bilder der Übergabe, bei der fünf nackte Aktivisten, nur 'bekleidet' mit einer aufgemalten Europaflagge und Lendenschurzen, die – mit Paragraphen versehen – Datenschutzgesetze darstellen sollen, von Lobbyisten bedrängt werden, die Ihnen auch den letzten Rest von Schutz entreißen wollen.
Gemeinsam mit dem Kampagnennetzwerk Campact, Digitale Gesllschaft und dem FIfF haben wir bereits fast 100.000 Unterschriften für starken europäischen Datenschutz gesammelt.