EU-Datenschutz: Das Zeitspiel der Bundesregierung

Die Fußballweltmeisterschaft ist in vollem Gange, und nebenbei werden so allerlei Gesetzesvorhaben durch den Bundestag gepeitscht. Aber bei einer Gesetzesreform, die wirklich wichtig wäre, blockiert die Bundesregierung schon so lange und so hartnäckig, dass man sich fragt, ob die EU-Datenschutzreform bis zur nächsten Fußball-WM 2018 fertig wird.

Die Fußballweltmeisterschaft ist in vollem Gange, und nebenbei werden so allerlei Gesetzesvorhaben durch den Bundestag gepeitscht. Aber bei einer Gesetzesreform, die wirklich wichtig wäre, blockiert die Bundesregierung schon so lange und so hartnäckig, dass man sich fragt, ob die EU-Datenschutzreform bis zur nächsten Fußball-WM 2018 fertig wird.

Das fragten sich am vergangenen Mittwoch auch Elisabeth Kotthaus von der Vertretung der EU-Kommission in Berlin, Dr. Alexander Dix, Berliner Datenschutzbeauftragter, Nils Leopold, Mitarbeiter der Grünen Bundestagsfraktion und Axel Bußmer von der Humanistischen Union. Unter dem Titel „Wie weiter mit dem Datenschutz in der EU – und in Deutschland?“ diskutierten sie über die Trippelschritte und das foulverdächtige Zeitschinden aus Teilen der Bundesregierung.

Regierung blockiert – Justizministerium lässt hoffen

Wir erinnern uns: Die Reform ist schon seit Anfang 2012 auf dem Weg. Zwischenzeitlich hat das EU-Parlament im März diesen Jahres fast einstimmig das Verhandlungsmandat festgelegt. Lediglich der Rat, in dem die Vertreter der Regierungen sitzen, hat noch keine Position.

Und Frau Kotthaus ließ anklingen, dass Teile der Bundesregierung die Reform recht gezielt torpedieren. Besonders „die Ausnahme des öffentlichen Sektors von der Datenschutzverordnung ist für die Kommission ein No-Go“. Aber darauf hat das Innenministerium in fast allen Verhandlungsrunden bisher gedrängt. Unverständlich, da die derzeit gültige Richtlinie aus dem Jahre 1995 den öffentlichen Sektor einschließt. Man muss sich das vorstellen: Die Bundesregierung – und besonders das Innenministerium – behaupten immer wieder, das Datenschutzniveau dürfe durch die Datenschutzverordnung nicht abgesenkt werden. Und dann tut dasselbe Ministerium alles dafür, den Datenschutz für Ämter und Behörden zu unterlaufen. Das sei auch überhaupt nicht verständlich, so Kotthaus, zumal auch die Grundrechtecharta der EU universell ist und für den öffentlichen Sektor gilt.

Durchsetzungsvermögen gefragt

Dr. Alexander Dix, der Berliner Datenschutzbeauftragte, pochte auf die Durchsetzbarkeit der Datenschutzgesetze. Die Grundpfeiler des Datenschutzes haben sich seiner Meinung nach bewährt, auch im Hinblick auf die Urteile des EuGH zum Recht auf Vergessen und zur Vorratsdatenspeicherung. Aber jetzt fehle der politische Wille, sonst wäre die Verordnung wohl schon da, so Dix weiter: „Es gibt Anzeichen, dass vielen Ressorts das Datenschutzniveau zu weit geht – lediglich das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ist da die Ausnahme.“ Immerhin redeten die beteiligten Ressorts, also das Innenministerium und das Justizministerium, wieder miteinander. Aber der Datenschutzreform wäre wohl sehr viel mehr geholfen, würden Teile der Bundesregierung nicht auf kommunikative Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger völliger Tatenlosigkeit setzen.

Innovationen gefordert

In diese Kerbe schlug auch Nils Leopold, Mitarbeiter von Konstantin von Notz in der Grünen Bundestagsfraktion: Man höre, dass die Bundesregierung durch ständiges Nachfragen im Rat eine Einigung verhindern wolle. Konstruktive Vorschläge sehen wohl anders aus. Aber Leopold forderte auch, dass die Debatte bei der Verordnung nicht stehen bleiben dürfe. Sie sei nur ein „Zwischenschritt“, man brauche ein innovatives Datenschutzrecht, das nicht nur reagiere. Privacy by Design sei dafür schon ein guter Ansatz.

Längst überfällig sei außerdem das Marktortprinzip, so Alexander Dix. Dieses Prinzip schreibt fest, dass Firmen, die in der EU Geschäfte machen oder Dienstleistungen anbieten, sich auch an europäisches Recht halten müssen. Zuletzt hat der EuGH dieses Prinzip auch für die derzeit gültige Richtlinie gefestigt, als er im Fall um das „Recht auf Vergessen“ gegen Google entschied. In den USA gelte dieses Prinzip schon seit Jahrzehnten, so Dix weiter. Mit einer starken und einheitlichen Verordnung wäre dann langfristig auch ein weltweiter Standard gesetzt, an dem sich Firmen insgesamt orientieren könnten. Könnte. Hätte. Wäre das Innenministerium nicht so störrisch. Aber vielleicht hilft ja die Einwechselung der SPD, damit diese Regierung noch ein Tor in Sachen Datenschutz erzielt.

(Bild: European Parliament, cc-by-nc-nd)