Offener Brief an die Regierungschefs der Welt

Digitalcourage fordert gemeinsam mit mehr als 200 Gruppen die Regierungschefs der Welt auf, sich für die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Nutzerinnen und Nutzern, Firmen und Regierungen einzusetzen.

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Digitalcourage fordert gemeinsam mit mehr als 200 Gruppen die Regierungschefs der Welt auf, sich für die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Nutzerinnen und Nutzern, Firmen und Regierungen einzusetzen: Brief in 15 Sprachen lesen auf securetheinternet.org.

Offener Brief an die Regierungschefs der Welt

Wir fordern Sie dringend auf, die Sicherheit Ihrer Bürgerinnen und Bürger, Ihrer Wirtschaft und Ihrer Regierung zu schützen, indem Sie die Entwicklung und Nutzung von sicheren Kommunikationswerkzeugen und -technologien fördern und eine Politik ablehnen, mit der die Nutzung von starker Verschlüsselung verhindert oder untergraben werden soll, und indem Sie andere Führungspersonen aufrufen, ebenso zu handeln.

Werkzeuge, Technologien und Dienste für Verschlüsselung sind von wesentlicher Bedeutung für den Schutz gegen Bedrohungen unserer digitalen Infrastruktur und persönlicher Kommunikation sowie für deren Schutz gegen unautorisierten Zugriff. Die Freiheit, Verschlüsselung zu entwickeln und zu nutzen, ist Grundbaustein der heutigen globalen Ökonomie. Wirtschaftliches Wachstum im digitalen Zeitalter wird angetrieben durch die Möglichkeit, unsere Interaktionen mit Vertrauen und authentifiziert durchzuführen und Geschäftskommunikation und -ausführung sowohl innerhalb als auch über Staatsgrenzen absichern zu können.

Einige der bekanntesten Experten zu Verschlüsselung haben kürzlich erläutert, dass Gesetze oder politische Richtlinien, die Verschlüsselung untergraben, „eine Abwendung von bewährten Praktiken erzwingen würden, die aktuell eingeführt werden, um das Internet sicherer zu machen“, dass sie „die Komplexität von Systeme erheblich erhöhen“ und damit verbundene Kosten steigern würden, und dass dadurch „konzentrierte Ziele geschaffen würden, die Akteure mit schlechten Absichten anziehen könnten“.(PDF) Ohne Verschlüsselung wird Kriminellen und anderen böswilligen Akteuren ein einfacher Zugang zu sensitiven persönlichen Daten wie Finanzdaten und Identitätsinformationen ermöglicht. Sind diese Daten abgeschöpft, können sie verkauft, veröffentlicht oder für Zwecke der Erpressung oder Bloßstellung genutzt werden. Ungenügend verschlüsselte Geräte oder Hardware sind auch bevorzugte Ziele für Kriminelle.

Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zur Meinungsfreiheit hat angemerkt: „Verschlüsselung und Anonymität sowie die ihnen zugrunde liegenden Sicherheitskonzepte gewährleisten den Datenschutz und die Sicherheit, die zur Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit und -äußerung im digitalen Zeitalter notwendig sind.“ Weil wir im Begriff sind, weitere Milliarden Nutzerinnen und Nutzer an das Internet anzubinden, dürften Beschränkungen von Verschlüsselung globale Auswirkungen haben. Verschlüsselung und andere Anonymisierungswerkzeuge und -technologien ermöglichen es Rechtsanwälten, Journalisten, Whistleblowern und Organisatoren, frei über Staatsgrenzen hinweg zu kommunizieren und für die Verbesserung ihrer Gemeinschaften zu arbeiten. Mit ihnen können Nutzerinnen und Nutzer sich auch der Integrität ihrer Daten versichern, und Individuen können sich gegenüber Firmen, Regierungen oder untereinander authentifizieren.

Wir fordern Sie auf, sich für die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Nutzerinnen und Nutzern einzusetzen, indem Sie die Unverletzlichkeit von Kommunikation und Systemen unterstützen. Alle Regierungen sollten Gesetze, Richtlinien oder andere Mandate und Praktiken sowie geheime Abmachungen mit Firmen ablehnen, die Verschlüsselung und andere sichere Kommunikationsmittel oder Technologien in ihrer Wirkung einschränken oder den Zugang dazu begrenzen. Nutzerinnen und Nutzer sollten die Möglichkeit zur Nutzung – und Firmen die Möglichkeit zum Angebot – der stärksten Verschlüsselungstechniken haben, inklusive Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, ohne die Sorge, dass Regierungen Zugriff auf Inhalte, Metadaten oder Schlüssel ohne rechtsstaatliche Verfahren und ohne Rücksicht auf Menschenrechte erzwingen werden.

Folglich:

  • Regierungen sollten keine Verbote oder Zugangsbeschränkungen für Verschlüsselung jeglicher Art einführen oder die Einführung oder Nutzung von Verschlüsselung anhand deren Stärke oder Typ verbieten;
  • Regierungen sollten nicht den Entwurf oder den Einsatz von „Hintertüren“ oder Schwachstellen in Werkzeuge, Technologien oder Dienste vorschreiben;
  • Regierungen sollten nicht verlangen, dass Werkzeuge, Technologien oder Dienste in Entwurf oder Implementierung den Zugang von Dritten auf entschlüsselte Daten oder kryptographische Schlüssel erlauben;
  • Regierungen sollten nicht versuchen, Verschlüsselungsstandards zu schwächen oder zu untergraben, und die Entwicklung von Verschlüsselungsstandards nicht beeinflussen, außer um für ein höheres Niveau von Informationssicherheit zu werben. Keine Regierung sollte unsichere Verschlüsselungsalgorithmen, Standards, Werkzeuge oder Technologien vorschreiben; und
  • Regierungen sollten weder durch private noch öffentliche Vereinbarungen Zwang oder Druck auf Entitäten ausüben, damit diese in einer Weise agieren, die mit den obigen Grundsätzen unvereinbar ist.

Starke Verschlüsselung und die sicheren Werkzeuge und Systeme, die darauf basieren, sind von entscheidender Bedeutung, um Cyber-Sicherheit zu verbessern, die digitale Wirtschaft zu stärken und Nutzerinnen und Nutzer zu schützen. Um das Internet weiterhin für globales Wachstum und Wohlstand und als Werkzeug für Organisatoren und Aktivisten nutzen zu können, sind die Möglichkeit und das Recht zur privaten und sicheren Kommunikation durch vertrauenswürdige Netzwerke erforderlich.

Wir hoffen, zusammen mit Ihnen auf eine sicherere Zukunft hinarbeiten zu können.

Unterzeichnet von mehr als 200 Gruppen.

Übersetzung: Sebastian Lisken, Digitalcourage
Redaktion: Hanno Wagner, FITuG