Hier gibt es besonders oft Digitalzwang
Der Digitalzwangmelder
Wir lieben Technik. Und gleichzeitig finden wir es nicht in Ordnung, zur Technik-Nutzung gezwungen und davon abhängig gemacht zu werden. Denn meist werden – so ganz nebenbei und unerwähnt – dabei sehr viele Daten erhoben. Um sein Leben zu organisieren, sollte es auch immer möglich sein, auf digitale Technik zu verzichten und analoge Wege zu nutzen. Das gehört zur digitalen Mündigkeit.
Im Juni 2021 startete unser neues Projekt „Digitalzwangmelder“. Wir riefen Menschen auf, uns Situationen zu melden, in denen sie sich zu digitalen Handlungen gedrängt fühlen.
Der Rücklauf war überwältigend. Uns erreichten die unterschiedlichsten Eingaben – manche auf digitalem Weg, andere als analoger Brief. Die große Mehrheit davon kam von Menschen, die keineswegs Digitalmuffel sind. Sie kamen von Menschen, die sich in ihrem Alltag bedrängt fühlen und ein Unrechtsbewusstsein dazu haben.
Unterstützen Sie die gute Sache: Freiheit, Grundrechte und Demokratie.
Viele Menschen engagieren sich bei uns in ihrer Freizeit, seien auch Sie dabei!
Bleiben Sie auf dem Laufenden über unsere Arbeit und unsere Themen.
86 von 159 Meldungen betrafen den Bereich Freizeit.
Die Ergebnisse
Von Anfang Juni bis Mitte August 2021 sind bei uns 159 Meldungen eingegangen. Wir haben sie kategorisiert in die Themenfelder Arbeit/Universität/Schule, Institutionen (Behörden, Banken, Post, Versicherungen usw.) und Freizeit (Gastronomie, Freibäder, Kultureinrichtungen, Produkte). Auf Freizeiteinrichtungen kann man vielleicht verzichten, wenn einem der Digitalzwang nicht gefällt, auf Arbeit, Bildungseinrichtungen und Institutionen meistens nicht.
Wie erwartbar war im Sommer 2021, bezog sich mehr als ein Drittel aller Meldungen auf den Einsatz der umstrittenen und aus Datenschutzsicht nicht empfehlenswerten Luca-App. Außerdem erhielten wir häufiger Meldungen zu Themen, die wir schon vorher im Blick hatten, wie z.B. Doctolib. Das hat uns sehr gefreut – eine Bestätigung unserer Arbeit.
Drei verschiedene Formen von Digitalzwang konnten wir ausmachen:
- Vorgänge, die früher analog möglich waren, können nur noch online oder sogar mit Smartphone genutzt werden (oder die analoge Form wird sehr teuer).
- Die Nutzung einer bestimmten Software oder App wird vorgeschrieben.
- Daten werden unnötigerweise erhoben (z. B. muss man bei manchen „Click and Collect“-Bestellungen seine Adresse eingeben, obwohl man die Ware doch abholen kommt – ein Verstoß gegen das Datensparsamkeits-Gebot).
Viele Menschen meldeten Situationen, in denen sie durch den Digitalzwang von wichtiger gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen wurden. Kitas, die Infos an die Eltern nur noch per Smartphone-App verteilen. Behörden, die sich telefonisch abschotten und nur noch per Mail oder Online-Formular erreichbar sind. Museen, Zoos oder Freibäder, die man nur noch mit Online-Terminbuchung besuchen kann.
An anderen Stellen erschleichen sich digitale Dienste bei „ganz normaler Nutzung“ nebenbei noch persönliche Daten, wie hier zum Beispiel:
„Das Kopieren der Fotos von MEINER Kamera auf MEIN Handy via Wifi ist nur möglich, wenn GPS aktiviert ist. Das erscheint mir ziemlich unverschämt, weil es für den Vorgang definitiv nicht nötig ist.“
So etwas wäre vielen Menschen wahrscheinlich gar nicht aufgefallen – bleiben Sie wachsam, was die Berechtigungen Ihrer Apps und Software angeht! Wenn Ihnen irgendwo Digitalzwang sauer aufstößt – Melden Sie ihn uns gerne, per Post oder auf unserer Website. Diese Meldungen liefern uns sehr wertvolle Informationen, auch wenn wir leider nicht jeder Meldung im Einzelnen nachgehen und etwas dagegen machen können – das würde unsere Kapazitäten völlig sprengen. Aber die Meldungen fließen oft in unsere täglich Arbeit ein, zeigen, wo grade etwas in eine falsche Richtung läuft und geben uns Hinweise, wo wir Druck machen müssen.
Wir geben Ihnen eine Stimme!
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In 94 von 159 Fällen wurden Menschen dazu genötigt, eine bestimmte Software bzw. App zu nutzen.