Neues Gutachten

Online-Handelsregister verstößt gegen Datenschutz

Tausende private Anschriften, Kontonummern oder auch Unterschriften sind derzeit über handelsregister.de frei einsehbar. An den Datenschutz wurde offenbar wenig gedacht.

Seit August 2022 sind die Daten aus den Vereins-, den Handels-, den Genossenschafts- und den Partnerschaftsregistern voraussetzungslos über das Internet zentral über das Portal http://www.handelsregister.de abrufbar. Abrufbar sind nicht nur die Daten aktuell vertretungsberechtigter Menschen von juristischen Personen, sondern auch solche, die vor Jahren oder Jahrzehnten z.B. im Vorstand eines Vereins oder in der Geschäftsführung einer GmbH tätig waren. Über das Internet können dabei nicht nur die Namen, sondern Adressen, Geburtsdaten, Unterschriften, Kontonummern und weitere sensible Informationen zu den Betroffenen erlangt werden. Die Veröffentlichung erfolgt in Umsetzung einer europäischen Richtlinie und dient der Publizität in Rechts- und Wirtschaftsverkehr. Dabei geht das deutsche Recht aber weit über die EU-Vorgaben hinaus. An den Datenschutz wurde nur unzureichend gedacht. Die Daten können zum Identitätsdiebstahl sowie zu weiteren kriminellen Aktivitäten missbraucht werden.

Auch wenn dies inzwischen vom Bundesjustizministerium erkannt wurde, werden nicht die nötigen Konsequenzen gezogen: Kurzfristig muss den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Rechte wahrzunehmen; ihre sensiblen, für die Registerpublizität nicht erforderlichen Daten müssen aus dem Netz genommen werden. So schnell wie möglich müssen weitere technisch-organisatorische Vorkehrungen zur Verhinderung des Datenmissbrauchs getroffen werden. Mittelfristig ist eine Totalbereinigung des Registerrechts nötig.

Das Gutachten des Netzwerks Datenschutzexpertise analysiert umfassend die europäische und nationale Rechtslage und zieht Schlussfolgerungen für die Betroffenen, die Justizverwaltung sowie für die Politik.

Sind auch Ihre privaten Informationen betroffen? Die DVD (Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V.) bietet auf ihrer Webseite einen Formulartext an, mit dem Betroffene sich gegen eine Veröffentlichung ihrer Daten zur Wehr setzen können. In einem Hinweisblatt werden praktische Ratschläge gegeben, wie Betroffene ihre Rechte und insbesondere ihr Widerspruchsrecht gegen die Veröffentlichung geltend machen können. Hier finden Sie das Hinweisblatt.