Newsletter vom 10.02.2025

Aktiv gegen Digitalzwang, Technik-Tipp und künstliche Intelligenz

Themen u. a.: KI-Gesetzgebung, Digitalzwang, digitale Selbstverteidigung

Newsletter vom 10.02.2025 – online lesen und teilen

Liebe Leute,

die Nachrichten überschlagen sich in den letzten Tagen so, dass es schwer ist, noch den Überblick zu behalten. Eine Ungeheuerlichkeit jagt die andere – das Chaos hat Methode: Wir sollen nicht mehr zu Atmen kommen. Wir möchten die Aufmerksamkeit deshalb auf eine wichtige Nachricht lenken: Elon Musk hat jetzt Zugriff auf das US-weite Zahlungssystem des Finanzministeriums.

Angestellte von Elon Musk haben am Wochenende vom neuen US-Finanzminister Zugang zum „Federal Payment System“ erhalten. Darüber laufen die Zahlungen der Finanzbehörden an Millionen US-Bürgerinnen und Bürger – von Gesundheitsversorgung über Gehälter bis zu Förderprogrammen. Jedes Jahr fließen hier 6.000 Milliarden Dollar durch, inklusive extrem sensibler Steuer- und Finanzdaten. Auf all das hat Elon Musk nun direkten Zugriff.

Experten sprechen von einem „Datenschutz-Verstoß von exponentieller Größe“. Kontrolle? Fehlanzeige. Und erinnern wir uns: Genau mit der Ausbeutung persönlicher Daten sind Musk, Thiel, Zuckerberg und Co. überhaupt erst reich geworden.

Wir von Digitalcourage kämpfen seit fast 40 Jahren für Freiheit, Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit und gegen die Machtübernahme durch Konzerne. Gut, dass durch die politischen Ereignisse mittlerweile immer mehr Menschen verstehen, dass BigTech-Unternehmen ohne Skrupel jede Regel brechen, die ihnen im Wege steht – wenn wir sie lassen.

Es ist an uns allen, uns den Skrupellosen entgegenzustellen. Es ist an uns allen, unsere Institutionen vor Übernahme zu schützen. Es ist an uns allen, dezentrale Netze und freie Software voranzubringen. Auf dass die digital vernetzte Welt wirklich lebenswert wird und nicht von reichen Verbrechern kolonialisiert. Danke, dass Ihr uns dabei helft!

Mit besten Grüßen aus Bielefeld

Rena Tangens, padeluun und das ganze Team von Digitalcourage

Update: Zwei US-Gerichte haben Elon Musk gerade den Zugriff auf die Finanzdaten wieder entzogen und ihn verpflichtet, zu Unrecht erlangte Daten zu löschen.
 


Inhalt

1 Neues EU-Gesetz zur KI-Überwachung

2 Aufruf: Politik vor Ort auf Digitalzwang ansprechen!

3 Digitalzwang Konferenzthema beim Europäischen Datenschutztag 2025

4 Digitale Selbstverteidigung: Technik-Tipp zu Smart-TVs

5 Post an Digitalcourage

6 Shop

 6.1 Zusammen für Demokratie

 6.2 Buchtipp: Anthony McCarten: Going Zero

 6.3 kurz&mündig, Sammelbände

7 Termine 


1  Neues EU-Gesetz zur KI-Überwachung

‚Auf den Menschen zentriert‘ versprach die Verordnung der Europäischen Union zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) zu sein. Biometrische Echtzeitüberwachung mit KI soll zum Beispiel verboten werden, genauso wie ‚Social Scoring‘ nach dem (Negativ-)Vorbild Chinas und Emotionserkennung an Arbeitsplatz und Schulen. Die sogenannte KI-Verordnung der EU wäre damit weltweit die erste ihrer Art. Auf den ersten Blick scheint es, als hätten die Gesetzgebenden das Gefahrenpotential einer KI-gestützten Vollzeitüberwachung verstanden und erkannt. Aber leider nur auf den ersten Blick.

Diesen Sonntag treten die ersten Maßnahmen der Verordnung in Kraft, weitere wichtige folgen im August und wieder andere stehen noch zur Verhandlung aus. Die Vorzeichen stehen allerdings nicht auf Datenschutz: Schon jetzt kündigen einige europäische Mitgliedsländer an, die Messlatte von inakzeptablen Praktiken nach unten verlegen zu wollen. Darunter fallen auch Einschränkungen zur KI-gestützten Auswertung von öffentlichen Kamerabildern sowie zur Emotionserkennung an Grenzregionen. Damit droht die Verordnung, zu einem Blanko-Scheck zur Vollüberwachung für Polizei- und Grenzbehörden zu verkommen.

‚Auf den Menschen zentriert’ bekommt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Lesart. Zwischen der ursprünglichen Absicht und dem tatsächlichen Gesetzestext liegen mittlerweile Welten. Wie konnte es dazu kommen? Welche Akteure waren an diesem Umschwenken beteiligt? Und welche Interessen verfolgten sie? In unserem Blogartikel blicken wir auf die Entstehung der Verordnung und gehen genau diesen Fragen nach:

Transatlantische Flüsterpost 
https://digitalcourage.de/blog/2025/ki-verordnung-transatlantisch

Auch die Journalistengenossenschaft Investigate Europe zeigt in ihrer aktuellen Recherche, wie sich einige europäische Mitgliedsländer für immer mehr Überwachung stark machen. Die Rechtfertigung für solche Forderungen suchen die Regierungen im altbekannten Zauberwort: Sicherheit. Zugänglich ist der Artikel von Investigate Europe in englischer Sprache unter dem folgenden Link:

France spearheads member state campaign to dilute European AI regulation 
https://www.investigate-europe.eu/posts/france-spearheads-member-state-campaign-dilute-european-artificial-intelligence-regulation

2  Aufruf: Politik vor Ort auf Digitalzwang ansprechen!

Deutschlandticket nur per App, Arzttermine über Doctolib, Konzertkassen geschlossen – wer nicht digital mitzieht, bleibt außen vor. Das darf nicht sein!
Unsere Forderung: Das Recht auf ein Leben ohne Digitalzwang muss ins Grundgesetz! Jetzt Petition unterzeichnen

Was Ihr tun könnt:

  • Sprecht die Politkerinnen und Politiker an, die sich in Ihrem Wahlkreis zur Wahl stellen! Sprecht mit Menschen an den Straßenständen der Parteien, schreibt Mails, vereinbart einen Termin in den Wahlkreisbüros. Eine Grundgesetzänderung braucht eine ⅔-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat – und dafür viel Überzeugungsarbeit. Das können wir nur gemeinsam schaffen. Bringt das Thema in die Politik!
  • Erzählt Eure Geschichte! Wo macht Euch Digitalzwang das Leben schwer? Wo werdet Ihr ausgeschlossen? Macht klar, wie wichtig das Thema für Euch ist. Bleibt freundlich.

Eure Bundestagsabgeordneten findet Ihr hier: www.bundestag.de/abgeordnete/wahlkreise

Das ist kein „Seniorenthema“ – es geht um Wahlfreiheit! 
Wir sind nicht technikfeindlich – wir lieben Technik, wenn sie unsere Freiheit befördert und Menschen das Leben erleichtert! Aber es gibt viele gute Gründe, die auch Techies dazu bewegen, nicht ständig ein Smartphone bei sich zu haben oder jede beliebige App zu installieren. Dass ein selbstbestimmtes Leben auch ohne digitale Tools möglich bleiben muss, bewegt viele – das zeigen unsere Gespräche nicht zuletzt beim Chaos Communication Congress, mit den Verbraucherzentralen und in unserem eigenen Netzwerken.

Jetzt ist der Moment! Wenige Wochen vor der Bundestagswahl haben wir die Chance, Gehör zu finden.

3  Digitalzwang Konferenzthema beim Europäischen Datenschutztag 2025

Seit 2007 wird am 28. Januar der Europäische Datenschutztag gefeiert. Dieses Datum erinnert daran, dass am 28. Januar 1981 die Europäische Datenschutzkonvention unterzeichnet worden ist.

Die deutschen Datenschutzbeauftragten veranstalten an diesem Tag eine Konferenz. Das Thema der Konferenz in diesem Jahr – „Digitalisierung um jeden Preis? Kein Zwang zur Preisgabe personenbezogener Daten“ – geht klar auf die Arbeit von Digitalcourage zurück. Darauf können wir stolz sein!

Rena Tangens war als Referentin eingeladen und freut sich, wie groß das Interesse am Thema war: Die Veranstaltung war lange vorher ausgebucht, der Saal war voll und die Diskussionen spannend. Der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel, in diesem Jahr Gastgeber für die Konferenz, hat im Dezember die Deutsche Bahn dazu gebracht, bei Sparpreistickets die Reisenden nicht mehr zur Angabe von Mobilnummer oder Mailadresse zu nötigen. Er berichtete, dass der BigBrotherAward, den Digitalcourage im Oktober 2024 an die DB vergeben hat, bei seinen Verhandlungen durchaus hilfreich war.

Heise und Süddeutsche Zeitung berichten (leider hinter Paywall).

4  Digitale Selbstverteidigung: Technik-Tipp zu Smart-TVs

Unsere Digitalcourage-AG Digitale Selbstverteidigung hat einen neuen Technik-Tipp verfasst, den wir empfehlen möchten. Ein Smart-TV ist mittlerweile in vielen Wohnzimmern zu finden – und damit oft veraltete und schlecht gewartete Software. Viele Hersteller sehen die Geräte auch eher als Werkzeug an, mit dem sie gezielt die Vorlieben und Gewohnheiten der Fernsehschauenden ausforschen und Werbung ins Wohnzimmer schicken können. Wer lieber unbeobachtet und unbelästigt Fernsehen schauen möchte, erfährt in dieser Anleitung, wie’s geht.

https://digitalcourage.de/digitale-selbstverteidigung/smart-tv-der-sie-in-ruhe-laesst

5  Post an Digitalcourage

„… wann ich das erste Mal von Digitalcourage gehört habe, kann ich nicht mehr sagen. Kann sein, dass es über die BigBrotherAwards vor ein paar Jahren war. Ich habe euch auch schon dann und wann mal mit einer Einzelspende bedacht. Seit letztem Jahr bin ich bei Mastodon und verfolge darüber eure Aktivitäten intensiver. Es hat sich bei mir die Meinung gefestigt, dass eure Arbeit (leider) immer wichtiger wird… Und letztens kam durch die Bahn App der letzte Impuls, euch finanziell, aber auch durch meine Stimme (je mehr Mitglieder ihr habt, desto mehr Gehör bekommt ihr) zu unterstützen. Die Kritiken hatte ich schon im Vorfeld von Kuketz gelesen, ich finde es aber gut, dass mit der Klage auch Taten folgen!“

Solche Nachrichten motivieren uns, weiter jeden Tag unser Bestes zu geben. Herzlichen Dank!

6  Shop

6.1  Zusammen für Demokratie

Für das Bündnis „Zusammen für Demokratie“ übernehmen wir den Versand von Bannern, Plakaten, Postkarten und Aufklebern – weil Solidarität, Menschenrechte und Vielfalt nicht nur schöne Worte, sondern sichtbare Zeichen verdienen. „Zusammen für Demokratie“ ist ein Bündnis von derzeit 69 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie haben sich zusammengeschlossen, um Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen. Über 300 Banner hängen bereits an Kirchtürmen, Fassaden und Gartenzäunen und machen klar: Wir stehen für ein lebenswertes Miteinander! Das gesamte Büro hilft mit beim Versand, denn die Nachfrage ist riesig – und der große Ansturm wird erst noch erwartet. Auch Ihr könnt ein Zeichen setzen und bei uns diese Materialien bestellen.

Materialien des Bündnisses bei uns im Shop:
https://shop.digitalcourage.de/buendnis-zusammen-fuer-demokratie-materialien/

Website des Bündnisses „Zusammen für Demokratie“:
https://zusammen-fuer-demokratie.de/

6.2 Buchtipp: Anthony McCarten: Going Zero

Ein amerikanischer Multimilliardär, der mit seinem Social-Media-Konzern unermesslich reich geworden ist, bietet der amerikanischen Regierung eine Wette an: Zehn Menschen – fünf Profis mit Geheimdiensthintergrund und fünf Zivilist.innen – sollen versuchen, sich für 30 Tage vor seinen Suchdiensten zu verstecken, ohne dass ihr Aufenthaltsort gefunden wird. Dafür locken als Belohnung drei Millionen Dollar. Wenn dagegen der Konzern die Wette gewinnt, winkt ein milliardenschwerer Auftrag der US-Regierung. Wir können uns beim Lesen überlegen, wie wir persönlich denn untertauchen würden – und erleben im Laufe des Buches, dass andere auf dieselbe Idee gekommen sind und dass sie leider doch nicht funktioniert. Das Aufregende an diesem Politthriller ist, wie viel man über die perfekte Überwachungsmaschinerie des Netzes und aller möglicher Alltagstechnik lernt. Das Buch ist spannend und stilistisch auch in der deutschen Übersetzung ein großes Lesevergnügen.

https://shop.digitalcourage.de/digitalcourage-buecher-und-broschueren/going-zero-von-anthony-mccarten.html

Das Buch „Going Zero“ gibt es bei Digitalcourage auch als Willkommensgeschenk für neue Mitglieder!
https://digitalcourage.de/mitglied

6.3  kurz&mündig, Sammelbände

Hier im Newsletter gibt’s regelmäßig frische Tipps zu unseren Neuerscheinungen der Wissensreihe „kurz&mündig“. Heute haben wir eine besonders spannende Nachricht: Wir haben jeweils fünf Bändchen zu einem Sammelband gebündelt – für schlanke 19,80 Euro bei uns im Shop oder überall im Buchhandel.

Der sechste dieser Sammelbände ist jüngst erschienen, denn unsere Reihe „kurz&mündig“ ist bereits auf stolze 30 Büchlein angewachsen. Bei uns im Online-Shop sind alle Titel aufgelistet.

Alle „kurz&mündig“-Bände im Shop entdecken

7  Termine