Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg: Bündnis fordert Open-Source-Software an Schulen
P r e s s e m i t t e i l u n g
Bielefeld, 23.04.2021
Der Streit um die Wahl der richtigen Software im Unterricht reißt nicht ab. Besonders laut wurde die Diskussion in den vergangenen Monaten in Baden-Württemberg, wo das Kultusministerium Millionenbeträge in die Einbindung des Softwarepakets Microsoft 365 in die Bildungsplattform des Landes investierte und ein Pilotprojekt zur Nutzung der Plattform an Schulen in die Wege leitete. Zwanzig Organisationen, Vereine, Gewerkschaften und andere Akteure aus den Bereichen Bildung und Digitalisierung veröffentlichten im Januar 2021 eine gemeinsame Stellungnahme mit der Forderung zur Abkehr von Microsoft 365 und dem Ausbau von Open-Source-Lösungen für Schulen. Das Pilotprojekt wurde nicht gestoppt, aber ein kritischer Austausch im ganzen Land angeregt.
Nun bildet sich in Baden-Württemberg eine neue Regierung und auch im Kultusministerium sind personelle Änderungen angekündigt. Das Bündnis „Unsere digitale Schule", das inzwischen um viele unterstützende Organisationen gewachsen ist, sieht im Zuge der Koalitionsverhandlungen akuten Handlungsbedarf und fordert: Eine konzerunabhängige, landeseigene Schul-IT-Infrastruktur, die Bereitstellung zusätzlicher Open-Source-Lösungen für den Unterricht, sowie die praxisnahe Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften über reine Bedienkompetenzen hinaus. Bereits vorhandene Software-Alternativen und Ausbaumöglichkeiten werden in dem Forderungspapier ausdrücklich benannt und es wird deutlich, dass das Bündnis Taten sehen möchte – keine theoretischen Überlegungen oder leere Versprechen, die den Prozess verlängern.
Hier finden Sie das Forderungspapier der Unterzeichnenden:
https://unsere-digitale.schule/
Im ersten Koalitionsvertrag zwischen Bündnis 90/Die Grünen und CDU wurde bereits die Förderung freier Materialien und Software anvisiert, aber dieses Vorhaben müsse nun auch kompromisslos und zügig realisiert werden, fordern die unterzeichnenden Eltern, Lehrkräfte, Datenschützer und auch die Schüler.innen selbst.
„Es muss möglich sein, funktionierende IT-Systeme für den Bildungsbereich zu schaffen, die gleichzeitig unabhängig und grundrechtewahrend sind. Alle müssen mit anpacken, auch Schulen müssen sich auf einen Kurswechsel einlassen. Politikerinnen und Politiker müssen jetzt jede Gelegenheit nutzen, um den entsprechenden Rahmen dafür zu schaffen“,
so Jessica Wawrzyniak, Medienpädagogin bei Digitalcourage e.V. Der Bielefelder Verein ist Teil des Bündnisses „Unsere digitale Schule“ und hatte im Herbst letzten Jahres eine Mitmachaktion zur Gestaltung digitaler Bildung gestartet. Hier soll Aufklärungsmaterial an Kinder, Eltern, Schulen und Politiker.innen herangetragen werden:
https://digitalcourage.de/bildungspaket
Insbesondere die Nutzung von US-amerkanischen Angeboten wie Microsoft 365 (inklusive MS Teams) und die Nutzung von iPads wird immer wieder scharf kritisiert. Die Kritik in Kürze: Schulen machen sich abhängig von führenden Großkonzernen, die 1.) den Bildungsbereich zum Zweck der Gewinnmaximierung nutzen, 2.) nicht der (strengeren) europäischen Gesetzgebung zum Datenschutz unterliegen, 3.) Geld mit der Sammlung und Auswertung von Daten der Nutzer.innen verdienen und 4.) ihre Vorgänge intransparent halten. Auf diese Weise können Schulen weder einem Schutzraum für Kinder, noch ihrem freiheitlich-demokratisch geprägten Bildungsauftrag gerecht werden. Die Lösung: Freie Software und dezentrale Speicherung von Daten in der Europäischen Union. Das bedeutet: Offene Quellcodes, die sowohl 1.) die Funktionsweise als auch Datenflüsse transparent machen, die 2.) eine individuelle und stetige Anpassung durch unkommerzielle Entwickler.innen ermöglichen, und die 3.) lizenzfrei sind. Zusammen mit der Förderung von Kompetenzen seitens der Lernenden und Lehrenden, mit verschiedenen Programmen arbeiten zu können, und der inhaltlichen Einbindung des Themas Digitalisierung in den Unterricht, kann eine freie und ganzheitliche digitale Bildung umgesetzt werden.
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