#EP2014 – Europawahl im Netz

In knapp drei Wochen, am 25. Mai 2014, ist Europawahl. Wir werfen einen Blick auf den Wahlkampf im Netz.

Spätestens seit Barack Obamas Wahlsieg 2008 ist klar: Die Politik kann es sich nicht mehr leisten, auf Wahlkampf im Netz zu verzichten. Social-Media-Kampagnen geben Kandidatinnen und Kandidaten die Möglichkeit, sich modern und bürgernah zu geben, Wahlversprechen zu machen und Inhalte nach außen zu tragen – und umgekehrt haben auch die Wählerinnen und Wähler mehr als je zuvor die Möglichkeit, den direkten Kontakt zu suchen, Fragen und Forderungen zu stellen und sich einzumischen. All das spielt eine immer größere Rolle in der Politik – natürlich auch im Europawahlkampf 2014.

Direkter Kontakt zu Kandidatinnen und Kandidaten möglich

Bei der Wahl zum ersten EU-Parlament, 1979, mussten interessierte Bürgerinnen und Bürger noch Briefe an Parteizentralen schicken oder dort anrufen. Direkt mit den Kandidierenden in Kontakt zu treten: Meist ein Wunschtraum. Das hat sich geändert. Inzwischen ist es 2014, und die Kandidatin Ihrer Wahl ist gerade einmal einen Tweet entfernt. Das EU-Parlament listet immerhin 51 Twitter-Accounts deutscher Europaabgeordneter – mehr als die Hälfte, auch wenn einige Accounts seit Jahren verwaist sind. Auch interessant: Ein Blick auf die Vernetzung der EU-Parlamentarierinnen und Parlamentarier untereinander.

Eine Facebook-App des Parlaments spürt 44 deutsche Parlamentsmitglieder bei Facebook auf, ist damit jedoch längst nicht vollständig, wie ein Blick auf die Seite Pluragraph zeigt. Natürlich sind auch die Parteien selbst mit Fanpages und Twitter-Accounts vertreten. Die Möglichkeiten zum Kontakt sind also häufig gegeben, wenn auch noch ausbaufähig. Von manchen Kandidierenden würden wir uns freilich wünschen: Weniger Selbstdarstellung, mehr Kommunikation!

Soziale Netzwerke sind nicht alles

Und abseits sozialer Netzwerke? Auch hier kommt der Wahlkampf allmählich im Internet an. Die deutschen Europagrünen leakten vor einiger Zeit den Entwurf des Freihandelsabkommens zwischen EU und USA, dessen Verhandlungen bis dahin von Geheimniskrämerei bestimmt waren - eine beispielhafte Aufklärung der Öffentlichkeit, die früher nicht ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Ein anderes herausragendes Beispiel ist die Kampagne WePromise, bei der Kandidierende eine Selbstverpflichtung abgeben können, sich im Falle ihrer Wahl für Prinzipien wie Datenschutz, Transparenz und Überwachungsfreiheit einzusetzen, während im Gegenzug die Wählerinnen und Wähler versprechen, ihr Kreuz an diejenigen zu vergeben, die sich zu diesen digitalen Grundrechten bekannt haben. Eine Kampagne zum beiderseitigen Vorteil also. Bisher haben 19 Kandidierende aus Deutschland die WePromise-Charta unterzeichnet. Auch da ist noch Luft nach oben. Eine Möglichkeit wäre, die Parteien und Kandidierenden zu kontaktieren und auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen. Teilen wir ihnen mit, dass wir uns ein klares Bekenntnis zu Datenschutz und digitalen Bürgerrechten wünschen!

Übrigens: Was für Netzpolitik funktioniert, kann natürlich auch in anderen politischen Bereichen hervorragend funktionieren. Darum hat der WWF eine ganz ähnliche Kampagne gestartet, in dem Kandidatinnen und Kandidaten sich verpflichten, eine umweltfreundliche Politik zu vertreten. Leider ist diese im Unterschied zur We-Promise-Charta eher vage gehalten. Dennoch ist klar: Interaktive Demokratie ist ein Zukunftsmodell.

Wahl-O-Mat und Votematch helfen

Wer herausfinden will, wofür die Parteien in Brüssel stehen, dem hilft votematch.eu, eine EU-Variante des bekannten Wahl-O-Mats. Die Zustimmung zu einer Reihe von Thesen wird abgefragt und zum Schluss mit den Antworten der Parteien abgeglichen. Das Projekt myvote2014.eu ermöglicht es, zu einigen bereits behandelten EU-Themen abzustimmen und die eigene Haltung mit der der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu vergleichen. Das Tool könnte ausführlicher sein, ist aber äußerst anschaulich in den unterschiedlichen Haltungen zu einzelnen Themen. Allgemeine Infos und vieles weitere finden sich auf Elections2014.eu.

Im Großen und Ganzen scheint man in Brüssel und den Parteizentralen erkannt zu haben, dass das Internet eine Chance für alle Beteiligten bietet. Natürlich eine Chance zur eigenen Profilierung, aber auch zu mehr Offenheit und demokratischer Beteiligung, zum direkten Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern. Dieser Aspekt kommt uns bisher noch zu kurz. Immerhin, der Trend geht in die richtige Richtung, und wir sind sehr gespannt darauf, wie sich Politik im Netz in Zukunft entwickeln wird.