Ein europäischer Suchindex, der Monopolisten wehtut…

Wer etwas im Internet finden will, braucht eine Suchmaschine. Doch dabei ist Europa derzeit von der Gnade von vier Monopolen abhängig. Ein offener Suchindex könnte Abhilfe schaffen.

Wer etwas im Internet finden will, braucht eine Suchmaschine. Doch in puncto Suche im Internet ist Europa derzeit von der Gnade von vier Monopolen abhängig, die alle außerhalb der EU angesiedelt sind: Google (USA), Bing (USA), Yandex (Russland) und Baidu (VR China). Diese vier haben jeweils einen eigenen enorm großen Suchindex aufgebaut – eine Datenbank, in der alle findbaren Webseiten mit Inhalten und Links analysiert und geordnet abgespeichert sind. Dieser Suchindex ist ihr Schatz.

Andere, neue Suchmaschinen haben derzeit keine Chance auf dem Markt egal, wie gut ihre Suchalgorithmen, ihr Design oder ihr Geschäftsmodell ist. Denn der Vorsprung der großen vier mit ihrer Datenbank ist nicht einzuholen für eine einzelne kleine Firma. Suchmaschinen wie Startpage und DuckDuckGo sind von Google bzw. Bing abhängig, deren Suchindex sie teilweise mitbenutzen dürfen.

Unser Vorschlag: Europa sollte mit öffentlichen Mitteln einen eigenen Suchindex aufbauen und diesen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Mit dem Zugriff auf diesen europäischen Suchindex würden europäische Firmen auch mit begrenztem Start-Budget endlich eine Chance im Suchmaschinenmarkt bekommen. Firmen, die effiziente Suchalgorithmen programmieren, gutes Design und eine angenehme Ergonomie haben, sich auf bestimmte Fachgebiete spezialisieren oder auch ganz neue Service-Ideen haben, könnten sich etablieren. Insbesondere könnten hier statt des bisher üblichen "pseudo-gratis gegen Nutzerdaten" datenschutzfreundliche Geschäftsmodelle entstehen, die die Europäische Datenschutzgrundverordnung befolgen und mit Leben füllen. Damit könnte es endlich wieder echten Wettbewerb bei den Suchmaschinen geben.

Ein europäischer Suchindex (auch „Open Web Index“ genannt) wäre eine Infrastrukturmaßnahme, aus der ungezählte neue Anwendungen entstehen, die die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft Europas beleben.

Last not least sollte uns bewusst sein, dass Suchmaschinen ein Machtinstrument sind. Es ist kein Zufall, dass Russland und China ihre eigene Suchmaschine betreiben und deren Ergebnisse filtern und zensieren. Suchmaschinen können Dinge findbar machen oder eben auch nicht, sie definieren de facto, was wahrgenommen wird, was "relevant" ist. Sie sind ein Einfallstor auch für wirtschaftliche und politische Manipulation. Der Suchindex wäre ein Leuchtturmprojekt, mit dem Europa seine Unabhängigkeit und seine Attraktivität für die Mitgliedsstaaten unter Beweis stellen kann. Die Vielfalt im Suchmaschinenmarkt wäre nicht nur gut für den Wettbewerb, sondern auch für die Demokratie in Europa.

Deutschland sollte sich in der EU für den europäischen Suchindex einsetzen.

Text: Rena Tangens, Digitalcourage;
Albrecht Ude, Journalist und Recherchetrainer.
Kontakt: Albrecht Ude

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