NRW sucht Überwachungs-Software für Polizei
Das Landeskriminalamt NRW sucht in einer EU-weiten Ausschreibung Firmen, die der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen ein „System zur Datenbankübergreifenden Analyse und Recherche (DAR)“ einrichten. Das Vorhaben erinnert an den Einsatz einer Analysesoftware des CIA-nahen Unternehmens Palantir bei der Polizei Hessen, für den der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) einen BigBrotherAward 2019 erhalten hat. Das Video der Laudatio von Dr. Rolf Gössner ist online auf media.ccc.de.
Riskante Überwachung statt gezielte Ermittlung
„Über Sinn und Funktionen der Software wollte das LKA wegen des laufenden Ausschreibungsverfahrens keine Angaben machen“, berichtet egovernment-computing.de mit Bezug auf eine Meldung der dpa. Einige Anforderungen an die gesuchte Software und den Anbieter sind in der Ausschreibung angedeutet:
- Für die Polizeiarbeit wird gesucht ein „ausreichend dimensioniertes, skalierbares DAR für eine nicht beschränkte Anzahl von Anwendern zu erhalten, welches mit ständig wachsenden Datenvolumina performant verarbeiten kann.“ Die unbegrenzte Anzahl von Anwendern deutet darauf hin, dass das DAR großflächig als Standardwerkzeug eingesetzt werden soll, wobei die Anforderung mit ständig wachsenden Datenvolumina umgehen zu können, nahe legt, dass nicht gezielte Ermittlungsarbeit im Fokus steht, sondern möglichst weitgreifende, automatisierte Datenanalyse.
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„Die Anbindung externer und Schmutzdaten soll nachfolgend im Rahmen der Umsetzung implementiert werden.“ Schmutzdaten sind bei Ermittlungen erhobene Daten, die unter Umständen mit Schadsoftware infiziert sein könnten. Externe Daten können einerseits weitere behördliche Daten sein, aber auch Daten aus sozialen Medien oder aus der Überwachung durch Staatstrojaner. „[D]afür, dass mit dieser Analysesoftware Massendaten aus polizeieigenen und externen Quellen in Sekundenschnelle automatisiert verknüpft, analysiert und ausgewertet werden können – mit fatalen Auswirkungen auf Grundrechte, Datenschutz und Rechtsstaat“ erhielt der hessische Innenminister 2019 einen BigBrotherAward.
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Grundsätzlich ist äußerst kritisch zu bewerten, dass Unternehmen, die Systeme dieser Art anbieten, sehr häufig auch für den militärischen Bereich und im Vertrieb von Überwachungstechnik tätig sind, die zur Massenüberwachung und gezielten Überwachung von Dissident.innen eingesetzt werden. Laut Ausschreibung werden fünf bewerbende Firmen erwartet.
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Wie in Hessen massiv kritisiert, soll auch das DAR in NRW in „die bestehende IT-Infrastruktur der Polizei NRW eingebunden werden“. Dr. Rolf Gössner schreibt dazu in seiner Laudatio: „Alle Informationen über Nicht-US-Bürger und -Bürgerinnen, zu denen Palantir – wie und wo auch immer - Zugang bekommt, müssen im Fall einer Anordnung auch an US-Geheimdienste übermittelt werden. Und es gibt, so sehen es die Oppositionsfraktionen von FDP und Die Linke im hessischen Landtag, keine verlässlichen Kontrollmechanismen, um das zu verhindern.“
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Ohne unabhängige Kontrollen zu fordern, hofft NRW naiv darauf, dass „der Auftragnehmer das System frei von Schaden stiftenden Bestandteilen überlässt.“ Hier wird, in Anbetracht der hoch sensiblen Daten und Systeme, nahezu blind auf Versprechen des Auftragnehmers vertraut. Nichteinmal eine externe Prüfung ist vorgesehen. Vor dem Hintergrund des FISA-Acts. Wie in Hessen sind keine erkennbaren, verlässlichen Kontrollmechanismen vorgesehen.
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Dem LKA NRW ist bewusst, dass der Auftragnehmer sensible, geheime Daten erhalten wird. Die Risiken sind: „Absetzen/Ausleiten von Daten“, „Veränderung/Manipulation von Daten oder der Aufbaulogik“ und das „Einleiten von Daten oder unerwünschte Funktionserweiterungen“. Eine „Scan-Software“ und eine vage Gewährleistung des Auftragnehmers soll hier Abhilfe schaffen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum das LKA in dieser Weise die Integrität staatlicher und polizeilicher Kernaufgaben riskiert.
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Das NRW-DAR soll 14 Millionen Euro kosten und bereits im dritten Quartal 2020 eingesetzt werden. Das ist angesichts der bestehenden Kritik und der Arbeit des Untersuchungsausschusses in Hessen nicht nachvollziehbar.
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