Braunschweig: Offener Brief für effiziente, datensparsame Kontaktverfolgung

Niedersächsische Corona-Verordnung: Wir fordern rechtliche Rahmen, die Menschen eine effiziente Kontaktbenachrichtigung auch ohne Registrierung in zentralen Datenbanken ermöglichen.
James Gathany/CDC, Public Domain 4.0

Digitalcourage sieht den Einsatz von Kontaktverfolgungsapps aus verschiedenen Gründen kritisch. Das ist auf unserer Website nachzulesen. Die Corona-Warn-App (CWA) des Robert-Koch-Instituts kann aber große Erfolge aufweisen und wurde erst kürzlich dahingehend evaluiert, dass sie tatsächlich einige Ansteckungen verhindern konnte. Wir stellen uns insbesondere gegen einen De-facto-Zwang zur Benutzung schlechterer Alternativen wie der Luca-App und missbilligen die diesbezüglich übereilte, unreflektierte und teure Lizenzierungspolitik des Landes Niedersachsen. Wir fordern stattdessen rechtliche Rahmen, die Menschen eine effiziente Kontaktbenachrichtigung auch ohne Registrierung in zentralen Datenbanken ermöglichen.

Die Digitalcourage-Ortsgruppe Braunschweig nimmt diesbezüglich Stellung zur Niedersächsischen Corona-Verordnung.

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Offener Brief: Effiziente und datensparsame Kontaktnachverfolgung ermöglichen, Zwangs-Apps verhindern

Markus Winkler, Unsplash License

An

  • die niedersächsische Landesregierung,
  • die Mitglieder der Fraktionen von
    • SPD
    • CDU
    • Bündnis 90/Die Grünen und
    • FDP
      des Niedersächsischen Landtages,
  • den Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig,
  • die Mitglieder der Fraktionen von
    • SPD
    • CDU
    • Bündnis 90/Die Grünen
    • BiBS
    • Die Linke
    • FDP und
    • P2
      des Stadtrats der Stadt Braunschweig
  • und die hiesige Presse.

Braunschweig, 28.5.2021

Bereits am 8. April 2021 veröffentlichte der Treff des Chaos Computer Clubs Osnabrück einen offenen Brief [1]. In diesem Brief stellte er die Forderung nach einer Anpassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Zur Zeit ist aufgrund der Corona-Verordnung die rechtskonforme Verwendung der Corona-Warn-App zur Kontaktnachverfolgung bei Veranstaltungen oder beim Shopping in Niedersachsen nicht möglich. Regionale Regelungen zu Modellprojekten sehen sogar das Verbot papiergebundener Kontaktlisten vor.

Die Ortsgruppe Braunschweig von Digitalcourage e. V. schließt sich den Forderungen des Chaos-Treffs Osnabrück an. Wir wiederholen und ergänzen die lange Liste guter Gründe:

  1. Die Corona-Warn-App (CWA) ist sehr viel schneller. Da sie mögliche Kontaktpersonen automatisch und direkt benachrichtigt, kann sie Betroffene teils mehrere Tage früher benachrichtigen als andere Kontaktnachverfolgungs-Apps, bei denen die Gesundheitsämter zwischengeschaltet sind. Für die Pandemiebekämpfung ein unschätzbarer Vorteil, der Leben retten kann.

  2. Der Einsatz der CWA soll die Gesundheitsämter entlasten. Da die Corona-Warn-App massenweise Falsch-Check-ins verhindert und Personen statt Gesundheitsämter warnt, können sich die Gesundheitsämter auf die Nachverfolgung relevanter Fälle konzentrieren. Das ist ein Effizienzgewinn.

  3. Die Wirtschaft profitiert vom Einsatz der kostenlosen und unbefristeten CWA. Denn die CWA bietet ebenfalls die Möglichkeit, QR-Codes zum Check-in für Gäste und Kund.innen zu erzeugen. Und sie erlaubt ebenfalls den Nachweis von Corona-Schnelltests. Ebenfalls praktisch: Nach dem Besuch von Kund.innen/Gästen müssen Veranstalter.innen nicht wochenlang Daten zum Abruf bereithalten. Es existieren darüber hinaus bereits Anbindungen an erprobte OpenSource Ticket-Systeme wie „pretix“. Die Nutzung der Corona-Warn-App bietet der Kultur und Wirtschaft also vereinfachte Einlassverfahren bei gleichzeitig anerkannt hohem Datenschutz-Standard für Gäste und Kundschaft. Salopp gesagt: Das ist echter Bürokratieabbau dort, wo es darauf ankommt.

  4. Für die Menschen ergibt sich mehr Komfort: Schnelltest, Kontaktnachverfolgung, Check-in in einer App. Höhere IT-Sicherheit und sogar vorbildlicher Datenschutz inklusive. Die CWA kann bereits auf über 20 Mio. Downloads verweisen.

  5. Die CWA ist aus IT-Sicherheitssicht vertrauenswürdig. Eine hochkarätige Gruppe namhafter Forscher.innen führender Forschungseinrichtungen bescheinigte der Corona-Warn-App als Musterbeispiel eine „größtenteils vorbildiche Umsetzung“ der Entwicklungsprinzipien „Zweckbindung“, „Offenheit und Transparenz“, „Freiwilligkeit“ sowie „Risikoabwägung[2].

  6. Die CWA sichert durch Dezentralität und Datensparsamkeit auch den Datenschutz der Daten von Angestellten, die beruflich gezwungen sind, eine elektronische Kontaktnachverfolgung zu nutzen oder von Gästen aus dem Ausland. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit für andere Apps, die aus geschäftlichen Interessen auf den Markt drängen. Die CWA wird von der Landesbeauftragten für den Datenschutz ebenso zur Kontaktnachverfolgung empfohlen wie von der Bundesdatenschutzkonferenz.

  7. Die CWA ist bereits bezahlt. Sie ist darüber hinaus in ganz Deutschland ohne separate Lizenzerwerbung in vollem Umfang und auch unbefristet nutzbar. In Sachsen wird der Einsatz der CWA auch zur Kontaktnachverfolgung nicht nur erlaubt, sondern sogar in der landesweiten Corona-Verordnung empfohlen. Sie ist ebenfalls in Teilen des europäischen Auslands nutzbar.

Wir fordern Sie auf:

  • Ermöglichen Sie auf Landesebene die Verwendung der Corona-Warn-App zur digitalen Kontaktnachverfolgung bei Veranstaltungen und in Geschäften — passen Sie die Bestimmung zu Datenerhebung und Dokumentation in der niedersächsischen Corona-Verordnung (insbes. § 5) an! Erlauben Sie pseudonymisierte Kontaktlisten und bestehen Sie nicht auf den Umweg der Benachrichtigung über die Gesundheitsämter! Bedenken Sie, dass die Gesundheitsämter mit der Datenauswertung und den Benchrichtigungen bereits jetzt überfordert sind.

  • Halten Sie auf kommunaler Ebene wenigstens die Möglichkeit offen, neben anderen Verfahren auch die Corona-Warn-App zur Kontaktnachverfolgung zu nutzen! Vermeiden Sie den Zwang zur Nutzung von Apps mit zentraler Kontaktdatenspeicherung. Nutzen Sie als Kommunalpolitiker.innen die neuen Freiheiten, die Ihnen die Landesregelung diesbezüglich bietet! Dies betrifft insbesondere kommunale Verordnungen zu Modellprojekten.

Für einen konstruktiven Austausch zum Thema und für Rückfragen stehen wir selbstverständlich gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Digitalcourage e. V., Ortsgruppe Braunschweig

digitalcourage.de/braunschweig

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