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Musik produzieren mit Freier Audiosoftware

Musik produzieren oder live performen mit dem Computer – das geht auch ohne kommerzielle Software. Tipps aus der Praxis.

Audiomaterial aufnehmen und bearbeiten, gemeinsames Musizieren übers Internet oder den eigenen Computer in ein DJ-Pult verwandeln – das alles ist mit Freier Software möglich. Es gibt zahlreiche Anwendungen und Werkzeuge und die Hardwareunterstützung wird stetig verbessert.

Dieser Artikel ist als Gemeinschaftsprojekt von Digitalcourage und OSAMC entstanden. Die Idee dazu kam beim Aktivcongress im Juli 2023 auf.

Screenshot von RakarrackDie minimalistische GUI von Rakarrack, einer Software für die Gitarrenrack-Simulation, ist zwar schlicht und funktional, aber äußerst fein justierbar und ressourcenschonend.

Was kann Freie Audiosoftware leisten?

Es gibt nicht die eine Software, die alles richtig gut kann – das gilt für kommerzielle wie auch für Freie Software. Kommerzielle Hersteller versuchen, alles aus einer Hand zu bieten und damit Kund.innen an ihre Produkte zu binden. Um die neuste Version ihrer Software nutzen zu können, setzen sie jedoch häufig aktuelle Computerhardware voraus. Darüber hinaus beschränken sie ihre Produkte oft künstlich, um für volle Funktionalität höhere Preise zu verlangen. So kann in Einstiegsversionen beispielsweise nur eine begrenzte Anzahl von Audiospuren erstellt werden. Auch die zwingende Anbindung an ein Onlinekonto inklusive Tracking müssen Kund.innen kommerzieller Software oft in Kauf nehmen. In der Vergangenheit musste man zudem häufig einen speziellen USB-Stick (sogenannter Kopierschutzstecker / Dongle) des Herstellers ins Gerät stecken, um kommerzielle Software überhaupt starten zu können.

Freie Audiosoftware kennt keine solchen künstlichen Beschränkungen und lässt Nutzer.innen die Kapazität ihrer Computer voll ausschöpfen. Open-Source-Programme bieten zwar oft keine aufpolierten grafischen Benutzerschnittstellen, dafür legen deren Entwickler.innen Wert auf technische Details. Häufig sind diese Programme ressourcenschonender, sodass auch weniger leistungsstarke Rechner genügen, um umfangreichere Musikprojekte zu realisieren. Freie Software folgt darüber hinaus häufig der Maxime, eine Lösung für ganz spezifische Anwendungsfälle zu liefern. Deshalb lohnt es sich, auch beim Einsatz Freier Audiosoftware vorher darüber nachzudenken, was genau gebraucht wird und wie verschiedene Programme kombiniert werden können.

 

Screenshot von CatiaCatia liefert eine praktische Übersicht der Signalflüsse und hilft beim Verbinden von Audio und MIDI-Anwendungen.

Um musikalische Ideen festzuhalten oder mit dem Computer „live” zu musizieren, ist die Anschaffung spezieller Audiohardware ratsam. Zum einen wäre das ein sogenanntes Audio-Interface, das Anschlüsse für Mikrofone und elektrische Instrumente wie Synthesizer bietet, um deren Signale in digitale Audiodaten zu wandeln und in den Rechner zu schicken. Um Softwareinstrumente live zu spielen, braucht man einen sogenannten MIDI-Controller. Dieser bietet meist eine klassische Klaviatur und sendet Eingaben als MIDI-Daten in den Rechner. Beide Geräte werden meist über USB mit dem Rechner verbunden. Audio-Interfaces sind schon für rund 100 Euro, MIDI-Controller ab 30 Euro erhältlich.

Aktuell dominieren einige wenige kommerzielle Hersteller die Bühne mit Software für Windows und macOS und dazugehöriger Hardware. Dadurch entsteht der Eindruck, dass Freie Software und Freie Betriebssysteme wie GNU/Linux nicht geeignet sind, um professionell Musik zu machen. Dabei unterstützen die meisten digitalen Instrumente wie Keyboards oder E-Drums den MIDI-Standard und Audio-Interfaces, und MIDI-Controller mit USB-Schnittstelle sind häufig „class-compliant”. Alle diese Geräte lassen sich ohne spezielle Treiber in Linux und mit Freier Audiosoftware nutzen.

Screenshot von CadenceBei der JACK-Konfiguration von Audiointerfaces hilft das praktische Frontend Cadence.

Technische Details

In Linux stellt ALSA (Advanced Linux Sound Architecture) diese Voraussetzung zur Verfügung. Ein sogenannter Audio-Server übernimmt die Aufgabe, ein- und ausgehende Audio- und MIDI-Kanäle zu verwalten und bei Bedarf auf verschiedene simultan laufende Anwendungen zu verteilen. JACK (Jack Audio Connection Kit) ist ein ausgereifter Audioserver und ermöglicht es, „alles mit allem” zu verbinden. Als Benutzeroberfläche für die Konfiguration mit dem QJackCtl-Frontend oder über Cadence lässt sich JACK je nach Hardware feinjustieren, für das Routing der Signale eignet sich Catia.

Screenshot Yoshimi Yoshimi bietet als Weiterentwicklung von ZynAddSubFX einige nützliche Features für den perfekten Synthesizer-Sound.

Für Einsteiger.innen und Tastenakrobat.innen: Ubuntu Studio

Ich bin kein Programmierer. Ich will musizieren und Musik aufnehmen. Daher war mir eine Linux-Distribution wichtig, die mir so viel wie möglich an Einrichtung, Installation und Einstellungsarbeit in Sachen Audio abnimmt. Meine erste Wahl fiel dabei auf Ubuntu Studio, das mit einer erklecklichen Zahl an Audio- und auch Video-Tools, virtuellen Instrumenten, Effekten und natürlich einer Digital-Audio-Workstation (DAW) namens Ardour sowie dem vorkonfigurierten JACK Audioserver daherkommt. Der Vorteil: Da es sich um eine Ubuntu-Distribution handelt, kann ich darauf vertrauen, im Falle von Störungen, Problemen oder Fragen auf eine riesige Community zurückgreifen zu können, die mir mit Rat und Tat zur Seite steht.

Ubuntu Studio kommt mit einer gut sortierten Auswahl an virtuellen Instrumenten und Soundeffekten daher, die als sogenannte LV2-Plugins in Ardour einsetzbar sind. Auffällig ist, dass immer mehr Plugins nicht nur für Windows und macOS, sondern gleichzeitig auch für Linux veröffentlicht werden. Beliebte Synthesizer-Plugins wie Helm oder Vital laufen somit auch in Linux-Distributionen wie Ubuntu Studio. Alternativ gibt es auch die bewährten Standalone-Anwendungen wie Yoshimi oder ZynAddSubFX, die universell einsetzbar sind und eine breite Palette an Sounds für viele musikalische Genres bieten. Im Vergleich zu Windows oder macOS lässt sich sagen, dass auf einem Linuxsystem mittlerweile genauso gut gearbeitet werden kann. Einzige Einschränkung ist der Umstand, dass opulente Sample Librarys für hohe Authentizität, etwa beim Erzeugen von Orchesterklängen, nicht frei verfügbar sind und daher normalerweise nicht für Linuxsysteme angeboten werden.

Ubuntu Studio herunterladen: https://ubuntustudio.org/download/

Virtuelle Instrumente für Synthesizer, Piano und Orgel:
* Helm: https://tytel.org/helm/
* Dexed: https://asb2m10.github.io/dexed/
* Yoshimi: https://yoshimi.github.io/
* ZynAddSubFX: https://zynaddsubfx.sourceforge.io/

Erfahrungsbericht von Georg, studierter Musikwissenschaftler und leitender Redakteur beim professional audio Magazin, Gitarrist der Gothic-Rock-Band The House of Usher

Screenshot CarlaMit Carla kann ein maßgeschneidertes Rack aus Fußpedaleffekten und Verstärkersimulationen zusammengestellt werden.

Für Gitarren- und Bass-Spieler.innen: Guitarix und Rakarack

Als ich mit dem Gitarrenspielen anfing, wollte ich schon bald eigene Songs aufnehmen und mit weiteren Instrumenten wie Bass und Schlagzeug arrangieren können. Meine ersten Schritte habe ich mit dem Audioeditor Audacity gemacht, um meine Aufnahmen schneiden und rudimentär editieren zu können. Doch spätestens als diese Software von der kommerziell orientierten Muse Group übernommen wurde und zeitweise umstrittene Telemetrie-Funktionen eingebaut wurden, habe ich Abstand davon genommen. Die aus dieser Kontroverse entstandene Abspaltung Tenacity ist inzwischen eine ausgereifte Alternative. Mit zunehmender Erfahrung als Toningenieur und wachsenden Ansprüchen wurde mir außerdem klar, dass für die Musikproduktion mit Recording, Editing, Mixing und Mastering eine DAW benötigt wird. Darauf wird im Abschnitt „Für Fortgeschrittene: Albumproduktion mit Ardour” näher eingegangen.

Durch das Arbeiten in einer DAW und die stetige Optimierung meiner Audiokonfiguration für Echtzeitanwendungen habe ich die flexible Mögichkeit realisiert, die Gitarre direkt ans Audiointerface anzuschließen und den Sound mit Freier Software zu kreieren. Daher habe ich schrittweise meine Gitarrenverstärker und Effektgeräte verkauft und brauche jetzt nur noch Gitarre, Audiointerface und Notebook mit Freier Audiosoftware. Es gibt zahlreiche Plugins, um zum Beispiel Fußpedale wie Verzerrer, Hall, Chorus, Flanger etc. sowie auch komplette Gitarrenverstärker zu simulieren. Empfehlenswert sind Guitarix und Rakarack als umfangreiche Sammlungen für Gitarre und Bass. Für das Ausprobieren ohne DAW eignet sich ein sogenannter Plugin-Host wie Carla in Verbindung mit Catia für das Audio-Routing.

Carla ausprobieren: https://kx.studio/Applications:Carla

Plugin-Sammlungen für Gitarre und Bass:
* Guitarix: https://guitarix.org/
* Rakarack: https://rakarrack.sourceforge.net/

Erfahrungsbericht von Sven, Medientechnikingenieur, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Cyber-Security und FLOSS-Musiker unter dem Namen this.ven

Screenshot Yoshimi Die Oberfläche von Mixxx: 2 Player, virtuelles Mischpult und die Musikbibliothek – übersichtlich und doch flexibel.

Für Live-Performer.innen: die DJ-Software Mixxx

Ich bin DJ. Angefangen habe ich mit „echtem“ Vinyl und bin nun seit einigen Jahren digital unterwegs. Dabei begleitet mich die tolle DJ-Software Mixxx. Als ich vor etwa 15 Jahren nach einem System suchte, welches das Auflegen mit Timecode-Vinyl unterstützt, schaute ich mir Mixxx an und stellte fest, dass die Software teuren kommerziellen Tools in kaum etwas nachsteht. Mixxx ist plattformübergreifend für Windows, macOS und Linux verfügbar und unterstützt den Audioserver JACK für flexibles Audiorouting. Damit kann ich separate Ausgangskanäle für alle Decks/Player realisieren und über ein externes Mischpult ausgeben. Die Software bietet bis zu vier Decks, mit denen sich Songs gleichzeitig abspielen lassen. Es gibt pro Deck/Player eine Effektkette mit bis zu vier Effekten, Sampleplayer für kurze Audioschnipsel und vielfältige Möglichkeiten, Cue-Punkte und Loops zu setzen. Neben dem bereits erwähnten Support für Timecode-Vinyl unterstützt Mixxx auch eine Vielzahl von MIDI-Controllern als Eingabegeräte und bietet auch eine MIDI-Lernfunktion zum Zuweisen und Ändern der Mappings.

Generell ist Mixxx einfach an die eigenen Bedürfnisse anpassbar. Es gibt verschiedene Skins für die Oberfläche und eine komfortable Musikbibliothek, die auch den Import aus kommerziellen Systemen (iTunes, rekordbox etc.) unterstützt. So lassen sich die Tracks flexibel sortieren und neben der Anzeige von BPM, erkannter Tonart, Bitrate und farblicher Hervorhebung von Songs wird mittlerweile sogar das Cover angezeigt. Zum Festhalten der eigenen Performance gibt es eine integrierte Aufnahmefunktion und eine direkte Möglichkeit des Internet-Livestreamings per Icecast, mit kompatibler Serversoftware. Mixxx schafft es, gleichzeitig umfangreich und anpassbar zu sein und doch immer und jederzeit relativ intuitiv bedienbar zu bleiben. Der Einstieg ist leicht. Und wer dann später tiefer in den „Maschinenraum” schauen möchte, kann weitere Details anpassen. Für mich steht fest: Ich werde weitermixxen.

Mixxx: https://mixxx.org
JACK: https://jackaudio.org/
Icecast: https://icecast.org/

Erfahrungsbericht von Philip, DJ, Veranstaltungstechniker, SysAdmin bei Digitalcourage

Für Online-Bands, -chöre und -orchester, …

Warum ist es so schwierig, im Internet wie gewohnt live zu proben? Was uns am meisten daran hindert, ist die sogenannte Latenz. Alle, die schon mal über ein Videokonferenz-Tool versucht haben, gleichzeitig zu singen, kennen das Problem: Es wird eingezählt, aber bereits nach dem ersten Ton scheint keiner mehr im selben Puls zu sein. Das liegt daran, dass der gesungene Ton durch diversen Geräte und Leitungen bis zum Ohr der Mitsänger.innen verarbeitet werden muss. Er braucht dafür zwar nur wenige Hundert Millisekunden, aber selbst diese Verzögerung wirkt, als würde man in einem Stück permanent eine Note hinterherhinken. Dieses Hinterherhinken wird als Latenz bezeichnet. Aus technischer Sicht ist es schlichtweg nicht möglich, sie komplett mit einer Software auszulöschen.

Dem Traum vom synchronen Musizieren im Internet kommen Lösungen am nächsten, die nicht nur bei der Software, sondern auch bei der Hardware ansetzen. Das auf Freier Software basierende Projekt Digital Stage kann mit der OV-Box der ORLANDOviols verwendet werden. Allerdings eignet sich diese Hardwarelösung nur für Gruppen bis zu zehn Personen und es wird einiges an Know-how vorausgesetzt. Für größere Gruppen und technisch niedrigschwelliger ist Digital Stage Web. Das Programm läuft im Webbrowser, sodass keine Installation und keine zusätzliche Hardware nötig ist. Die Latenz liegt zwar im gewohnt höheren Bereich, jedoch liefert es im Gegensatz zu Videokonferenz-Tools den realen, ungefilterten Klang. Jede.r Musiker.in kann sowohl mit einem separaten Volumenregler in seiner Lautstärke eingestellt als auch in ihrer Position im digitalen Raum verschoben werden. Es eignet sich daher zum Beispiel auch als Streamingergänzung für hybride Proben.

Digital Stage: https://digital-stage.org
Lösungen für den eigenen Server:
* Jamulus: https://jamulus.io
* JackTrip: https://github.com/jacktrip/jacktrip

Erfahrungsbericht von Julia, Chorleiterin, Gesangspädagogin und Lehrbeauftragte an der HfMT Köln

Screenshot ArdourDie Albumproduktion in Ardour ist intuitiv und wird durch zahlreiche Freie Plugins unterstützt.
Screenshot Ardour mit JamulusMit Jamulus kann das gemeinsame Hören und Anpassen der Mixes auch online erfolgen.

Für Fortgeschrittene: Albumproduktion mit Ardour

Mit Freier Software lassen sich selbstverständlich professionelle Songs und komplette Alben für CDs und Vinyl wie auch für die verschiedenen Streamingplattformen produzieren. Mehr noch: Bei dem DIY-Album-Projekt meiner Band konnten wir durch das Zusammenspiel verschiedener Freier Software in der Pandemiezeit mit ihrem Social Distancing einen passenden Workflow entwickeln. Ardour als DAW bildete dabei das Kernstück. Gerade die Plattformunabhängigkeit war hier von großem Vorteil. Wenn alle Bandmitglieder jeweils ein anderes Betriebssystem nutzen, ist es äußerst praktisch, wenn dennoch alle in dieselbe Software einspielen können. Ardour ist das Arbeitstier für uns, wenn es um Recording, Editing, Mixing und Mastering geht.

Zunächst musste jedes Bandmitglied die Einzelspuren zu Click-Track oder Demo-Track aufnehmen. Entweder wurde hierbei ein Ardour-Projekt zwischen den Bandmitgliedern über unsere Nextcloud herumgereicht, oder aufgenommene Spuren wurden in ein zentrales Masterprojekt eingefügt. Wichtig ist hierbei, vor Beginn des Aufnehmens die Latenz des jeweiligen Rechners über die Audio-/MIDI- Einstellungen von Ardour zu kalibrieren. Im Prozess des Editings waren die sample-genauen Bearbeitungsmöglichkeiten von Ardour unerlässlich, um die Songs im Timing so erklingen zu lassen, als ob sie gemeinsam im selben Raum aufgenommen wurden. Alles natürlich nicht-destruktiv, sodass man Anpassungen im Nachhinein wieder zurückdrehen konnte.

Beim Mixing wurden die Aufnahmen mit Hilfe von Effekten und Filtern zu den kleinen Kunstwerken, von denen man sich erhofft, dass sie immer wieder gerne angehört werden. Unsere täglichen Begleiter waren: fast alles aus der Plugin-Suite von Calf Studio Gear, die Dragonfly Reverbs von Michael Willis, Teile aus den Linux Studio Plugins (LSP) sowie auch die in Ardour integrierten Plugins. Im Zusammenspiel mit dem JACK Audioserver und der Möglichkeit, „alles mit allem” zu verbinden, haben wir die Postproduktion als Onlinemeeting über Jamulus, eine Echtzeit-Musikkollaborationssoftware, gestaltet. So konnten wir Änderungen und Anpassungen unmittelbar in guter Qualität hören und uns darüber austauschen, oder sogar noch weitere Aufnahmen direkt in der Ardour-Session ergänzen. Ein paar dieser Ad-hoc-Aufnahmen haben es sogar in die finalen Mixes geschafft. Das Zusammenspiel verschiedener Freier Software hat so den gemeinsamen kreativen Prozess aufrechterhalten und befeuert.

Das Projekt unseres DIY-Albums wurde umfangreicher, wir gewannen immer mehr Erfahrung. Deshalb beschlossen wir, auch das Mastering selbst zu machen. Beim Mastering geht es vor allem darum, die Songs mit verschiedenen Abspielmöglichkeiten anzuhören und eventuell anzupassen. Der Sound wird abgerundet, bestimmte Aspekte werden besonders in Szene gesetzt. Dabei unterstützt auch der Vergleich mit stilistisch ähnlicher Musik. Technische Aspekte wie Loudness (LKFS) machen zusätzlich die professionelle Anmutung eines Mixes aus. Gut, dass Ardour hierfür von Haus aus ein Tool bereitstellt. Über den „Loudness Analyzer and Normalizer” (LAN) lässt sich der Song analysieren und seine Wirkung im Angesicht der technischen Ohren von Streamingplattformen beurteilen. Ein Spektogramm visualisiert dabei alle Frequenzbereiche des Songs auf der Zeitachse. So werden problematische Stellen sichtbar, wodurch der Höreindruck weiter fundiert wird. Entweder kann dann der interne Limiter von Ardour benutzt werden, oder man greift auf den Multiband-Limiter von Calf-Studio Gear oder LSP zurück. Für diesen Prozess ist auch das EBU R128 Meter von Robin Gareus zu empfehlen. Hier wird die Loudness-Analyse in Echtzeit visualisiert, sodass man Änderungen sofort technisch beurteilen kann. Doch es gilt immer: Vor allem zählt der Höreindruck. Laut ist wirklich nicht immer gleich besser.

Ganz am Ende kann dann aus den Audiodaten des Albums noch eine gepresste CD werden. Das nötige CD-Authoring mit Ardour ist auch kein Problem. Man ordnet die Songs in der richtigen Reihenfolge und mit den gewünschten Pausen in einem Projekt an und gibt über die CD-Marker an den entsprechenden Stellen die CD-Text-Informationen ein. Anschließend exportiert man das ganze Projekt mit der Option, dass Ardour ein CUE-Sheet erstellt. Zusammen mit der exportierten Wave-Datei lässt sich dann aus dem CUE-Sheet mit dem Programm cue2ddp von Andreas Ruge ein CD-Master im Industriestandard-Format DDP erstellen. Und ab damit zum Presswerk. Insgesamt war dieses DIY-Album-Projekt eine großartige Erfahrung. Wir haben dabei als Band viel gelernt. Jetzt gehört Ardour völlig selbstverständlich zu unserer Produktionspipeline. Bei aktuellen Projekten benutzen wir beispielsweise einen sehr alten Laptop mit einem alten RME-Interface für Mehrspuraufnahmen. Ein aktuelle Linux-Distribution wie Ubuntu Studio läuft ohne Probleme auf diesem Schätzchen. Ardour ist die Software, die das Recording und den gesamten Postproduktionsprozess ermöglicht.

Ardour Community: https://community.ardour.org/
Plugin-Suites für Recording, Editing, Mixing und Mastering:
* Calf Studio Gear: https://calf-studio-gear.org/
* Dragonfly Reverbs: https://michaelwillis.github.io/dragonfly-reverb/
* Linux Studio Plugins (LSP): https://lsp-plug.in/

Erfahrungsbericht von Wolfgang, Musiker und Musikpädagoge, unter anderem Musiker in der Band Birds on Wire

Lust auf Erfahrungsaustausch?

Die Gemeinde von Musiker.innen und Entwickler.innen, die Freie Audiosoftware nutzen und pflegen, wächst stetig und heißt Neulinge herzlich willkommen. Wer in Nordrhein-Westfalen nach Möglichkeiten sucht, mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen, kann am monatlichen „Open Source Audio Meeting Cologne” (OSAMC) teilnehmen. Das OSAMC richtet außerdem jährlich eine internationale Versammlung mit dem Namen Sonoj (Esperanto für „Klänge”) aus. Auf dieser mehrtägigen Veranstaltung finden Workshops, Vorträge und Mitmachaktionen rund um Freie Audiosoftware statt. Das Video Operation Center des Chaos Computer Clubs streamt das Event und zeichnet die Beiträge für media.ccc.de auf. Wer sich einen Eindruck verschaffen will, kann in den Beiträgen der vergangenen Jahre stöbern: 2023, 2019, 2018, 2017.

OSAMC Website: https://osamc.de/
Sonoj Website: https://sonoj.org/