PM: „Schutzranzen“: Neue Version ist keine Lösung, sondern ein Problem

Der Datenschutz- und Grundrechteverein Digitalcourage warnt vor der neuen Version der „Schutzranzen“-Apps. Laut Medienberichten plant die Stadt Ludwigsburg Kinder-Tracking flächendeckend einzuführen, trotz Kritik von vielen Seiten. Digitalcourage fordert, dass nach Wolfsburg auch die Stadt Ludwigsburg den Kinder-Tracking-Test an Grundschulen abbricht.

P r e s s e m i t t e i l u n g

Bielefeld, 23.05.2018

„Schutzranzen“: Auch die neue Version ist keine Lösung, sondern ein Problem.

Der Datenschutz- und Grundrechteverein Digitalcourage warnt vor der neuen Version der „Schutzranzen“-Apps. Laut Medienberichten plant die Stadt Ludwigsburg Kinder-Tracking flächendeckend einzuführen, trotz Kritik von vielen Seiten. Digitalcourage fordert, dass nach Wolfsburg auch die Stadt Ludwigsburg den Kinder-Tracking-Test an Grundschulen abbricht. 

Seit Januar hatte Digitalcourage das „Schutzranzen“-Konzept kritisiert, da es nach Einschätzung des Vereins nicht geeignet ist, um Autounfälle zu verhindern, aber erhebliche Risiken mit sich bringt. 

Schutzranzen-Konzept geht technisch und gesellschaftlich in die falsche Richtung

Überwachungsbasierte Konzepte sind laut Digitalcourage der falsche Weg zum selbstfahrenden Auto. Der Ulmer Experte für vernetztes Fahren, Klaus Dietmayer, hält Ansätze, wie sie „Schutzranzen“ verfolgt „nicht für zielführend“ und zweifelt am praktischen Nutzen solcher Technologien: „Es hört sich zunächst großartig an, doch was passiert, wenn man sich darauf verlässt, der Transponder oder das Handy aber zufällig nicht dabei ist, gerade ausgeschaltet ist oder Sie für einen Moment keine Funkverbindung haben? Und was ist mit den Kindern, die das nicht haben?“ (Quelle: https://www.vdi-nachrichten.com/Schwerpunkt-Meinung/Auf-Roboter-Ruecksicht-nehmen)

Überwachung darf nicht Bedingung für Sicherheit im Straßenverkehr sein

Nach Einschätzung von Digitalcourage darf Überwachung keine Bedingung sein für Sicherheit im Straßenverkehr. 

„‚Schutzranzen‘ ist keine sinnvolle digitale Ergänzung, die mehr Sicherheit im Straßenverkehr bringt“, sagt Friedemann Ebelt von Digitalcourage. „‚Schutzranzen‘ ist Kinder-Tracking mit GPS-Sensoren. Wir wollen das Gegenteil: Verkehr, in dem überwachungsfrei für die Sicherheit von allen gesorgt wird.“

„Standortüberwachung mit GPS ist die Kernfunktion der ‚Schutzranzen‘-Apps – dass die Eltern die Positionsdaten nicht erhalten, ändert daran nichts“, warnt Kerstin Demuth von Digitalcourage. „Es wäre fatal, wenn wir Geschäftsmodelle als normal akzeptieren, die davon leben, dass Kinder mit vernetzten Geräten getrackt werden. Das schafft keine Sicherheit, sondern zusätzliche Gefahren.“

„Schutzranzen“ will große Teile der Berichterstattung von Digitalcourage anwaltlich unterbinden

„Schutzranzen“ versucht anwaltlich, Digitalcourage große Teile der Kritik an älteren Versionen der Apps zu untersagen. Bis zum 18. April 2018 sollte Digitalcourage eine Unterlassungserklärung unterschreiben. „Schutzranzen“ stört sich unter anderem daran, dass Digitalcourage öffentlich gemacht hat, dass die alten App-Versionen Server von Microsoft, Amazon, Google und Facebook kontaktierten.

„Schutzranzen“: Datenschutzprüfung nicht freiwillig

Entgegen der Aussage der Coodriver GmbH in Medienberichten erfolgt die  Datenschutzprüfung von „Schutzranzen“ durch die Datenschutzbeauftragte des Landes Niedersachsen nicht freiwillig. Nach der öffentlichen Kritik seit Januar 2018 hat die Datenschutzbehörde nach Informationen von Digitalcourage selbstständig eine Untersuchung eingeleitet. 

„‚Schutzranzen‘ macht Werbung mit einem amtlichen Prüfverfahren, das eingeleitet wurde, weil Mängel beim Datenschutz festgestellt wurden und Kinder überwacht werden“, sagt Friedemann Ebelt von Digitalcourage. „Die Darstellung von ‚Schutzranzen‘ ist irreführend für Eltern, Schulen und Öffentlichkeit.“

Nachdem Digitalcourage im Januar 2018 Kritik am „Schutzranzen“-Projekt   geäußert hat, übten auch Kinderschutz- und Pädagogikverbände, Abgeordnete,  Datenschützer, IT-Sicherheitsexpertinnen und Elternverbände Kritik, auch Polizei und Verkehrswacht in Ludwigsburg sowie Datenschutzbehörden äußerten Bedenken. Die Datenschutzbeauftragte Niedersachsens überprüft derzeit die Apps auf Datenschutz und Datensicherheit; die Ergebnisse liegen noch nicht vor. Mehrere Partner haben den Informationen nach, die Digitalcourage vorliegen, das Projekt „Schutzranzen“ bereits verlassen, darunter die Marke Scout.

Coodriver GmbH u.a. wegen Werbung mit Scout-Logos abgemahnt

Der Verbraucherzentrale-Bundesverband hat im April 2018 die Verwendung des Scout-Logos auf verschiedenen Websites der Coodriver GmbH sowie die Änderungsklausel aus den Datenschutzbestimmungen von schutzranzen.com beanstandet und die Coodriver GmbH aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Das ist geschehen und die gerügten Verstöße wurden abgestellt.

Digitalcourage fordert Testabbruch in Ludwigsburg

Seit Januar 2018 fordert Digitalcourage den Abbruch von Testreihen mit „Schutzranzen“, die an öffentlichen Schulen in Wolfsburg und Ludwigsburg geplant waren. Der Verein kritisiert, dass „Schutzranzen“ nicht geeignet ist, um Sicherheit für Kinder und andere Verkehrsteilnehmer zu schaffen, während die Risiken des Konzepts zahlreich und schwerwiegend sind. Die Stadt Wolfsburg hat das Projekt vorerst auf Eis gelegt, Ludwigsburg hält weiter an der Kooperation mit „Schutzranzen“ fest. Die Schutzranzen-Apps und -Geräte orten Kinder mit GPS und spielen dann Warnungen an Autofahrer aus, wenn sich getrackte Kinder in der Nähe befinden.

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    padeluun, Kerstin Demuth
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