Hoax: Wie erkenne ich Fakes und Falschmeldungen?

Je aufgeregter die Zeiten, desto mehr Falschinformationen verbreiten sich im Netz. Dem müssen wir uns gemeinsam mit Ruhe und Ausdauer entgegenstellen. Und so geht’s.

Hoax, was ist das?

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Ein Hoax ist eine (zumeist absichtliche) Falschmeldung – neuerdings spricht man auch von Fake News. Oft werden diese Meldungen von Menschen weiterverbreitet, die an die Richtigkeit der Meldung glauben. So entstehen Gerüchte, die immer weiter kursieren – manchmal jahrelang. Ein Hoax kann über verschiedene Kanäle verbreitet werden, zum Beispiel über Kettenbriefe, die über E-Mail oder Messenger verbreitet werden, als Tweets, auf Webseiten.

Von der Wahrheit sind diese „Meldungen“ meist sehr weit entfernt. Auf der Website hoax-info.de informiert Frank Ziemann von der TU Berlin seit vielen Jahren über Falschmeldungen in den Netzen.

Soziale Medien

Auch die sogenannten sozialen Medien sind eine Hoax-Fundgrube. Besonders Facebook und der von Facebook aufgekaufte Instant Messenger WhatsApp gelten als ideale Nährböden für Falschinformationen, die oft von interessierter Seite gestreut und schier unaufhaltsam verbreitet werden. Auch hierfür sammelt hoax-info.de Beispiele, allerdings natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

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Besonders perfide sind zum Beispiel die seit dem Jahr 2015 massenweise auftretenden Gerüchte über angeblich von Asylsuchenden oder anderen Minderheiten verübte Missetaten. Aufklärung dagegen betreibt die Website HOAXmap. Auch das Westfalenblatt aus Bielefeld betreibt einen Gerüchte-Check zum Thema Flüchtlinge.

Immer dann, wenn viele Menschen durch eine individuelle oder gesellschaftliche Erschütterung ein Gefühl der Ohnmacht und des Kontrollverlust entwickeln, verbreiten sich Falschmeldungen noch schneller. Denn wer nach Kontrolle und Halt sucht, neigt dazu Zusammenhönge herzustellen, wo gar keine sind. Besonders gutes Beispiel dafür ist die Corona-Krise.

Gerade in sozialen Medien werden den Nutzer.innen oft Nachrichten angezeigt, die sich inhaltlich sehr ähneln oder dem nahestehen, was man dem Netzwerk als die eigene Weltanschauung vermittelt hat (hier ein kleines Gegenmittel). So wird aus einem Verdacht schnell eine „Tatsache“ gemacht – und anschließend oft ohne Bedenken weiterverbreitet.

Deshalb ist es nicht nur wichtig, Informationen zu prüfen, bevor man sie verbreitet, sondern auch, genau auf Formulierungen zu achten.

Kühlen Kopf bewahren

Besonders bei dramatischen Ereignissen enstehen Gerüchte schneller, als die Berichterstattung der Presse die Faktenlage überhaupt kennt. Gerade dann, wenn viele Menschen sich Informationen wünschen, die noch nicht vorhanden sind, gedeihen falsche Theorien und Hoaxes besonders gut. Halten Sie sich vor allem in solchen Momenten lieber zurück. Bedenken Sie, dass solche Gerüchte einen großen Schaden verursachen können und nur sehr schwer aus der Welt zu schaffen sind. In manchen Situationen können sie sogar die Arbeit der Polizei oder eines Rettungsteams empfindlich stören, wie das Handeslblatt berichtet hat.

Verschwörungstheorien

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Wikipedia definiert Verschwörungstheorie als „im weitesten Sinne jeden Versuch, ein Ereignis, einen Zustand oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken von Personen zu einem meist illegalen oder illegitimen Zweck“.

Mittlerweile reden wir lieber von „Verschwörungsideologien“. Auch die Begriffe „Verschwörungsgeschichten“, „Verschwörungsmythen“ oder „Verschwörungsphantasien“ werden als Alternativen herangezogen. Denn das Wort „Theorie“ hat einen wissenschaftlichen Anklang und erweckt den Anschein, dass es sich um eine plausible und nur noch nicht belegte, also falsifizierbare Geschichte handelt. Doch genau dadurch zeichnen sich Verschwörungserzählungen aus: Sie werden nicht belegt und können daher auch schwer widerlegt werden.

Warum so viele Leute gern schnell bereit sind, schlecht von anderen zu denken, werden wir in diesem Text nicht klären können. Das ist ein Forschungsthema für die Psychologie und Soziologie. Auch kritische Geister sind nicht immun gegen Falschinformationen – sie sind sogar besonders anfällig für Verschwörungstheorien (Video auf zdf.de).

Zeitungsenten

Selbst die Presse ist nicht davor gefeit, hin und wieder Fehler zu begehen. So wird aus anderen Publikationen zitiert, ohne eine eigene Recherche zum betreffenden Thema anzustellen – denn Journalist.innen stehen oft unter enormem Veröffentlichungsdruck (ndr.de). Dies kann dazu führen, dass ein Fehler, der sich einmal eingeschlichen hat, sich dann durch alle anderen Medien verbreitet.

Wirksamstes Gegenmittel gegen solche Irrtümer ist es, immer dann hellhörig zu werden, wenn eine Zeitung eine andere zitiert. Erster Schritt sollte dann sein, sich bei dem anderen Medium anzuschauen, was dort konkret geschrieben wurde. So erkennt man recht schnell, ob ein Zitat richtig weiterverbreitet wurde und erhält zudem einen Hinweis darauf, worauf die ursprüngliche Meldung beruht.

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Aber wie erkenne ich einen Hoax selber?

Wir haben einige Websites aufgelistet, auf denen man Falschinformationen nachschlagen kann. Früher konnten nur Angehörige bestimmter Berufsgruppen (Journalisten, Wissenschaftlerinnen) einen Faktencheck durchführen, aber heute können das eigentlich alle, indem sie ein bisschen Zeit investieren. Und dieses Zeit-nehmen ist wichtig, wenn es um gelebte Medienkompetenz geht.

Machen Sie sich immer bewusst: Indem Sie sich im Internet äußern (und sei es nur ein Retweet oder „Like“/„Fav“), tragen Sie eine ähnliche Verantwortung, wie sie früher Journalistinnen und Publizisten vorbehalten war. Wollen Sie dieser Verantwortung gerecht werden, lohnt ein Blick in den Pressekodex, der auch für den Social-Media-Alltag gut Anwendbar ist.

Erste Warnhinweise:

Es gibt einige Warnhinweise, die signalisieren, dass ein Faktencheck dringend nötig ist:

  • die Information stammt nicht aus erster Hand und hat eine unscharfe oder sogar überhaupt keine Quellenangabe („im Internet gefunden“) – im Gegensatz dazu werden idealerweise mehrere Quellen zitiert und verlinkt.
  • die Information ist eine sehr schnelle Reaktion auf ein Ereignis (zum Beispiel bei der Terrorwarnung in Hannover)
  • der Autor oder die Autorin behauptet von sich selbst, nun „endlich die Wahrheit“ zu sagen
  • der Autor oder die Autorin will etwas von Ihnen (z.B. Geld, Daten oder andere Handlungen, z.B. dass man eine Warnmail weiterschickt)
  • ein Bedrohungsszenario wird aufgebaut, um Angst zu schüren (z.B. Innenpolitiker)
  • Zeitdruck wird aufgebaut (z.B. zeitlich befristete „Sonderangebote“)

Joe Hanson (via twitter.com) hat ein unterhaltsames (englischsprachiges) Video (digitalcourage.video) aufgenommen, in dem er erklärt, was man beim Lesen von Wissenschaftsnachrichten beachten muss. Einige seiner Tipps:

  • Ist die Überschrift als Frage formuliert? Das könnte daran liegen, dass die Autor.innen die Antwort gar nicht kennen, sondern nur eine Behauptung in die Welt setzen wollen (z.B.: Ist es Korruption? Wollte die Nationalelf gar keine Tore schießen?).
  • Warum ist etwas in „Anführungszeichen“ gesetzt? Es könnte sich um einen Hinweis darauf handeln, dass die Wortwahl „eigentlich“ unpassend ist.
  • Erkenne den Unterschied zwischen einer Pressemitteilung und Journalismus, denn Pressemitteilungen werden meist von Parteien mit eigenem Interesse verfasst und müssen deshalb anders bewertet werden. Einige Websites speisen sich aus Pressemitteilungen, die dann wie journalistische Texte dargeboten werden, obwohl sie nur leicht umformuliert wurden.
  • Ist das, was in Überschrift oder Einleitung behauptet wird, vielleicht gar nicht gesichert? Oft finden sich weiter hinten im Text versteckte Warnhinweise wie „die Studie legt nahe“, „wird in Verbindung gebracht“, „suggeriert“, „korreliert“.
  • Wurden wissenschaftliche Methoden verwendet? Gab es Peer-Reviews von unabhängiger Seite?
  • Wer verdient daran, dass ich das lese? Werbefinanzierte Websites müssen reißerischer formulieren, weil sie auf hohe Klickzahlen angewiesen sind.
  • Bedient die Meldung verbreitete Stereotype und Vorurteile?

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Schneller Faktencheck

Welche Fragen sollte man sich in Bezug auf eine Website / einen Artikel / eine Facebooknachricht / einen Tweet stellen?

  • Wer stellt die These auf? Sind Autorin oder Autor identifizierbar? Oft hilft hier ein Blick ins Impressum. Dort sollte eine verantwortliche Person genannt werden.
  • Werden angebliche Fakten durch seriöse Quellen belegt?
  • Wie werden Fakten belegt?
  • Trennt der Autor sauber zwischen Meinungen und Fakten?
  • Beherrscht die Autorin Rechtschreibung, Groß- und Kleinschreibung und Zeichensetzung?
  • Versucht der Autor, durch eine unnötig komplizierte Sprache Gelehrsamkeit vorzutäuschen?
  • Könnte die Verbreiterin dieser These andere Motive verfolgen?
  • Machen die Website und der Artikel selbst einen seriösen Eindruck? Aber Vorsicht: Eine seriöse Aufmachung ist nicht gleichzusetzen mit inhaltlicher Seriosität!
  • Existiert die Website schon länger oder erst seit vorgestern?
  • Bei hübschen Grafiken, die etwas verbildlichen, sollte unbedingt die Quelle zum verwendeten Datenmaterial genannt sein.
  • Und noch eins: Wenn jemand schreibt „Das Ministerium teilt mit: Alles ist jetzt schöner“, dann bestätigt dieser Jemand nur, dass das Ministerium das mitgeteilt hat. Es wird nicht bestätigt, dass wirklich „alles schöner“ geworden ist.

In seinem empfehlenswerten Vortrag „Googlen wie die NSA – Tricks aus der Online-Recherche-Praxis“ verrät Sebastian Erb viele wertvolle Tipps zum Prüfen von Informationen.

Wie kann man angebliche Fakten weiter recherchieren?

1. Die Suchmaschine des Vertrauens befragen.

Mögliche Suchbegriffe sind dabei:

  • der Name der Seite oder des Autoren, die den angeblichen Fakt beschreiben
  • die genannten „Fakten“, die die Aussage des Artikels belegen sollen
  • die obige Suchanfrage hypothetisch erweitern, z.B. um „… hoax“ oder „… widerlegt“

2. Originalquelle finden Finden Sie heraus, ob das Bild, das bei dem Artikel steht, vorher schon mal in einem anderen Kontext veröffentlicht wurde. Eine geeignete Suchmaschine für diese „umgekehrte Bildersuche“ ist tineye.com. (Mehr Hinweise zum Prüfen von Bildern in den Links unten.)
Prüfen Sie alle Quellen in Tiefe. Oft genug kommt es vor, dass Medien zwar seriös klingende Quellen angeben, dass aber, wenn man diese aufsucht und wiederum dort nach der angegebenen Quelle sucht, man bei allen letztendlich bei einer einzigen – oft unseriösen – Quelle landet. Bedenken Sie: Eine (Falsch-)Information (zum Beispiel zu einem Produkt), in möglichst vielen Medien wiedergegeben, kann schon mal den Aktienwert einer Firma um einen oder mehrere Prozentpunkte beeinflussen.

3. Gegenargumente sammeln

  • Haben sich andere Menschen mit dem gleichen Thema auseinander gesetzt?
  • Welche genau gegenteiligen Fakten werden von der Gegenposition benannt?
  • Wer vertrittt überhaupt die Gegenposition?

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4. Die Ergebnisse überblicken

Am Ende einer jeden Recherche sollte man die Ergebnisse gewichten. Was ist wirklich nachweisbar, was ist unbelegte Behauptung? Ist ein vermeintlicher Beweis wirklich ein Beweis?

Um angesichts der oft überwältigenden Informationsflut generell einen klaren Kopf zu behalten, hier ein paar Tipps:

  • Vor dem Klicken nachdenken
  • Meistens gibt es nicht „die eine Wahrheit“ – Menschen, die das von sich behaupten, haben oft nur einen eingeschränkten Horizont.

Fazit

Auch wenn es auf den ersten Blick mühsam erscheint, selbst den Fakten einer Nachricht nachzuspüren: Es lohnt sich. Zudem lernt man mit etwas Übung auch immer schneller, Seiten einzuschätzen, da sich so ein kritisches Vorgehen schnell erlernen und immer wieder nutzen lässt. Selbst wenn man für den Anfang immer erst einmal nur den im Text enthaltenen Links zur vermeintlichen Originalquelle folgt, ist man schnell einen großen Schritt weiter, da man sich so angewöhnt, die Originalquelle zu prüfen. Und man muss sich hinterher nicht auslachen lassen, weil man irgendeinen Unsinn geglaubt und weitergegeben hat.

Links:

  • Rolf Wilhelm Brednich: Die Spinne in der Yucca-Palme. Sagenhafte Geschichten von heute. München 1990 (und weitere Bücher vom selben Herausgeber)
  • Wikipedia: Urban Legends – Moderne Sagen https://de.wikipedia.org/wiki/Moderne_Sage
  • Wikipedia: Was ist ein Hoax? https://de.wikipedia.org/wiki/Hoax
  • Hoax-Infoservice der TU Berlin: http://hoax-info.tubit.tu-berlin.de/hoax/ – wird auch erreicht über die leichter merkbare Adresse http://hoax-info.de/
  • Minikama – Zuerst denken, dann klicken. Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch, Falschmeldungen und zur Förderung von Medienkompetenz http://www.mimikama.at/
  • Snopes.com – Rumour has it http://www.snopes.com/info/whatsnew.asp
  • Beispiel-Recherche des NDR – Woher stammt das Foto im Steinbach-Tweet? https://www.ndr.de/nachrichten/netzwelt/Woher-stammt-Bild-aus-dem-Steinbach-Tweet,twitterbild118.html
  • Detaillierte Hinweis zum Prüfen von Bildern hat Spiegel Online veröffentlicht.
  • Carl Sagan: The Fine Art of Baloney Detection. (via, via) erklärt, wie man Argumente bewertet und gegeneinander abwiegt und rhetorische Tricks erkennt
  • Joe Hanson: How To Read Science News. (digitalcourage.video)
  • Calling Bullshit In the Age of Big Data – Kursmaterialien zur Schulung kritischen Denkens in einer Welt voller Fake News (von zwei Professoren der University of Washington)

Linksammlung für Originalquellen:

Hinweis: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, auch nicht durch unsere Empfehlungen. Programme können unentdeckte Fehler haben, und Datenschnüffeltechniken entwickeln sich weiter. Bleiben Sie wachsam!
Der Artikel ist auf dem Stand vom 29.05.2020. Sollten Sie Fehler finden, Ergänzungen haben oder Empfehlungen bei Ihnen nicht funktionieren, geben Sie uns Bescheid.


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