Entscheidungsfreiheit in der digitalen Welt. Realität oder Wunschtraum?
Freiheit ist eines der wichtigsten Ideale unserer Gesellschaft.
Wir sind mehr oder weniger in der Lage, uns selbst auszusuchen, wo wir wohnen, welchen Beruf wir ausüben, welche Kleidung wir tragen oder was wir essen wollen. Je nach Laune oder Gemüt können wir uns – in den Grenzen der Konsumgesellschaft – heute für die eine und morgen für eine andere Option entscheiden. Aber wie sieht es mit unserer Freiheit aus, wenn wir auf das eigene Smartphone gucken oder den Computer anschalten? Je mehr Daten über uns bekannt sind, desto geringer wird unsere Entscheidungsfreiheit. Aber warum und muss das sein?
Was bedeutet Freiheit überhaupt?
Was genau Freiheit bedeutet, war schon immer ein strittiges Thema. Das wohl gängigste Verständnis von Freiheit ist die Abwesenheit von Zwängen (Wikipedia: negative Freiheit), welche die Entscheidungsmöglichkeiten eingrenzen. Wer im Gefängnis sitzt, wird davon abgehalten, sich frei in der Welt zu bewegen und ist somit nicht frei. Zudem muss die Möglichkeit vorhanden sein, sich zwischen verschiedenen Optionen entscheiden zu können. Wenn es nur eine Option für meine Entscheidung gibt, ist man gezwungen, diese zu wählen, wodurch die Entscheidung nicht mehr frei ist. Man stelle sich eine politische Wahl vor, bei der man nur eine Partei wählen kann. Wohl kaum würde jemand eine solche Wahl als frei beschreiben. Um frei zu sein, darf es also keine Zwänge geben, und es muss die Möglichkeit vorhanden sein, sich zwischen verschiedenen Optionen entscheiden zu können!
Daten sind wertvoll, Freiheit ist wertvoller!
Dass Facebook, WhatsApp oder YouTube kostenlose Dienstleistungen sind, ist ein weit verbreiteter Mythos. Auch für diese digitalen Dienstleistungen zahlt man, nur die Währung ist eine andere. Anstatt mit Geld wird mit Daten bezahlt. Und Daten sind in einer Informationsgesellschaft eine äußerst wertvolle Ressource. Mit genügend Daten kann schnell festgestellt werden, welche Vorlieben, politischen Meinungen oder Hobbys eine Person hat. Und für solche Informationen sind Konzerne oder Parteien bereit, viel Geld zu bezahlen.
Wer durch eine belebte Fußgängerzone geht, dem wird schnell auffallen, mit wie viel Werbung unsere Entscheidungsfindung beeinflusst werden soll. Trotzdem fühlen wir uns recht frei, zu entscheiden, welche Werbung wir gut und ansprechend finden und welche nicht. Geschäftsbesitzer und Konzerne müssen ihre Zielgruppen ansprechen, um sich im Konkurrenzkampf durchsetzen zu können. Wer auf Onlineplattformen angemeldet und aktiv ist, kommt um personalisierte Werbung kaum noch herum. Aber nicht nur online werden Daten über Menschen gesammelt. Vermehrt passiert das auch in der analogen Welt. Bestimmte Konzerne verwenden Werbetafeln mit integrierten Kameras, die mit einer bestimmten Software Alter und Geschlecht der Person bestimmen können. Je nach Alter und Geschlecht wird dann auf der Werbetafel personalisierte Werbung angezeigt, um den Kunden noch gezielter beeinflussen zu können. Aber was bedeutet personalisierte Werbung für den Verbraucher?
Warum personalisierte Werbung unsere Entscheidungsfreiheit einschränkt.
Wer online unterwegs ist, kann frei entscheiden, welche Seiten besucht werden oder auf welche Werbeanzeigen man sich einlässt. Aber anders als in der Fußgängerzone wissen Onlineplattformen sehr viel über ihre Besucher, da sie oft über Informationen verfügen, wer ihre Besucher sind und für was sie sich interessieren. Dieser Umstand führt dazu, dass vermehrt Werbeanzeigen geschaltet werden, die zu vergangenen Suchanfragen passen. Nun mag sich der ein oder andere darüber freuen, dass nur noch Werbung aus dem eigenen Interessensgebiet auftaucht, aber dabei geht leider auch etwas Wichtiges verloren, nämlich ein Teil der Entscheidungsfreiheit. Personalisierte Werbung konfrontiert den Verbraucher mit seinen persönlichen Interessen. Hierdurch wird eine emotionale Reaktion hervorgerufen, bestimmte Produkte zu kaufen. Dieses konstruierte Bedürfnis manipuliert die rationale Entscheidungsfindung.
Personalisierte Werbung soll die Verbraucher.innen auf emotionale Weise noch mehr beeinflussen, bestimmte Produkte zu kaufen, als es schon normale Werbung tut. Aber je mehr eine Entscheidung manipuliert wird, desto weniger frei handelt die Person. Denn für eine freie Entscheidung muss es tatsächliche Alternativen geben, deren man sich auch bewusst ist. Somit kann geschlussfolgert werden: Je personalisierter die Werbung, desto weniger entscheidet man sich für tatsächliche Alternativen. Sprich: Je personalisierter die Werbung, desto geringer die tatsächliche Entscheidungsfreiheit.
Die Ausweitung personalisierter Werbung in der analogen Welt.
Nun mag man denken: Okay, wenn ich mich der personalisierten Werbung und der damit einhergehenden Einschränkung meiner Entscheidungsfreiheit nicht aussetzen möchte, tätige ich meine Einkäufe nur noch persönlich in der analogen Welt, weil ich hier neutrale Werbung angezeigt bekomme. Eine nette Idee, die aber leider immer mehr an Richtigkeit verliert. Denn wie geschildert, wird bereits in analogen Geschäften personalisierte Werbung eingesetzt, mit Hilfe von Daten, die in Echtzeit analysiert werden. Somit beschränkt sich die immer stärker werdende Manipulation unserer Entscheidungen nicht auf den Onlinebereich, sondern findet immer häufiger auch in der analogen Welt statt!
Neben den Werbetafeln, die personalisierte Werbung anzeigen, gibt es inzwischen viele andere Möglichkeiten, wie Kundendaten ohne Zustimmung gesammelt werden. Mit WLAN-Tracking wird ermittelt, wo sich Kund.innen in Geschäften vermehrt aufhalten. Mit Kundenkarten oder elektronischen Zahlvorgängen werden personalisierte Kundeninformationen gespeichert. All diese Informationen können dafür eingesetzt werden, das Kaufverhalten der Menschen immer weiter zu beeinflussen. Die vermeintlich freie Entscheidung wird dadurch immer mehr zu einem Wunschtraum.
Entscheidungsfreiheit schützen! Aber wie?
Wie bereits erläutert, beeinflusst personalisierte Werbung das Kaufverhalten der Menschen noch mehr als unpersonalisierte Werbung an sich. Aber wie kann man sich davor schützen? Die Antwort lautet: Datenschutz! Wer die eigenen Daten schützt, schützt seine Entscheidungsfreiheit. Je weniger Onlineplattformen oder Supermärkte über uns wissen, desto weniger sind sie in der Lage, uns mit personalisierter Werbung zu manipulieren.
Digitale Selbstverteidigung hilft dabei die eigenen Daten zu schützen!
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