Ein Ort für öffentlichen Code
Digitale Souveränität
Im deutschen Politikbetrieb gehört es derzeit zum guten Ton, nicht nur #Digitalisierung, sondern auch #digitaleSouveränität zu fordern. Digitale Souveränität ist eine gute Idee, weil wir uns nicht von Digitalkonzernen abhängig machen dürfen. Besonders, wenn wir über die Konzerne keine demokratische Kontrolle haben.
Umso bedauerlicher ist, dass den Rufen nach digitaler Souveränität selten sinnvolle Taten folgen. Wir beobachten sogar Entscheidungen, die das Gegenteil bewirken:
Wenn zum Beispiel Microsoft den Auftrag bekommt, die Lernenden im Homeschooling zu vernetzen, obwohl es gute Alternativen aus dem Geltungsbereich der EU-DSGVO gibt.
Die weltweit dominierenden Digitalkonzerne (insbesondere die GAFAM: Google, Amazon, Facebook, Apple, Microsoft) behaupten zwar gern, DSGVO-konform zu sein, sind es aber oft nicht oder nur auf dem Papier. Daher eignen sie sich nicht für die Verarbeitung personenbezogener Daten.
Für proprietäre Software aus Europa gilt das gleiche, denn sie lässt sich nicht von unabhängiger Seite auf Sicherheitslücken oder Hintertüren untersuchen. Außerdem lässt sie sich nicht von den Nutzenden an ihre Bedürfnisse anpassen und hält sie für immer in Abhängigkeit von einem Anbieter (vendor lock-in). Sollte der Anbieter vom Markt verschwinden, eine Datenweitergabe an Dritte beschließen, die Nutzungsbedingungen ändern oder die Preise stark anheben, können Nutzende in eine prekäre Situation geraten. Für Behörden und andere Organisationen sind das inakzeptable Risiken.
Wo stehen wir?
Studien belegen, dass die digitale Souveränität öffentlicher Verwaltungen und anderer Organisationen in Deutschland und Europa ist ernsthaft gefährdet oder nicht vorhanden ist.
Aus unserer Sicht hat dieses Problem drei Ursachen. Erstens sind Digitalkonzerne zu mächtig, während offene und freie Software nur ungenügend gefördert wird. Zweitens ist die demokratische Gesetzgebung ungenügend vor Lobby-Einflüssen geschützt. Und drittens herrscht in Behörden und Parlamenten ein eklatantes Informationsdefizit.
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Wohin wollen wir?
Schon 2017 haben wir den Aufruf „Public Money? Public Code!“ unterzeichnet, in dem es hieß:
„Heute veröffentlichen 31 Organisationen einen offenen Brief, in welchem sie Abgeordnete dazu aufrufen, für die rechtlichen Grundlagen zu sorgen, die es bei der Beschaffung von eigens für die öffentliche Hand entwickelter Software erfordern, dass diese unter einer Freie-Software- und Open-Source-Lizenz veröffentlicht werden muss.“
Jetzt schlagen wir in einem neuen Bündnis mit Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einen konkreten Schritt vor, der uns diesem Ziel näher bringen würde: einen Ort für öffentlichen Code.
Gegenwärtig nutzen die meisten Open-Source-Teams die US-Plattform GitHub, um gemeinsam Software zu programmieren, zu versionieren, zu testen und mit Nutzenden zu kommunizieren. Leider wurde GitHub 2018 von Microsoft aufgekauft. Nicht wenige Projekte sind daraufhin zum Wettbewerber GitLab abgewandert, der sein Hauptquartier ebenfalls in den USA hat. Aber wer kann garantieren, dass GitLab nicht irgendwann zum Beispiel von Google aufgekauft wird? Zum Glück steht der Quellcode von GitLab unter einer freien Lizenz zur Verfügung. Damit können schon heute völlig unabhängige GitLab-Instanzen betrieben werden. Sollte sich GitLab in eine unerwünschte Richtung entwickeln, steht es allen frei, auf Grundlage des veröffentlichten Quellcodes eine unabhängige Abspaltung (Fork) von GitLab weiterzuentwickeln und für beliebige Zwecke zu nutzen. Außer GitLab gibt es weitere freie und quelloffene Software mit einem ähnlichen Funktionsumfang, zum Beispiel Gogs und dessen Fork Gitea.
Eine rechtssichere Open-Source-Software-Entwicklungsplattform
Digitale Souveränität braucht einen Ort für öffentlichen Code. Diese Infrastruktur zu schaffen, ist eine Aufgabe für die Politik, wenn sie eine Digitalisierung vorantreiben will, die dem Gemeinwohl dient. Allen, die digitale Souveränität für wichtig halten, legen wir das heute veröffentlichte Konzeptpapier „Ein Ort für öffentlichen Code“ ans Herz. Sie finden das Konzept auf den Seiten der Free Software Foundation Europe (FSFE), der Open Source Business Alliance (OSBA) und bei der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister (Vitako).