Doctolib will keine Kritik zulassen
Das Berliner Unternehmen Doctolib GmbH expandiert mit seinem Terminverwaltungsprogramm für Ärzte, Krankenhäuser und sonstige Gesundheitseinrichtungen und geht aggressiv gegen Konkurrenten und IT-Unternehmen im Medizinbereich vor, die kritisch feststellen, dass Doctolib Vorgaben des Datenschutzrechts missachtet und die Gesundheitseinrichtungen zur Verletzung des Patientengeheimnisses veranlasst. Verbunden mit einer beachtlichen Geldforderung verlangt Doctolib von den Konkurrenten, sich gegenüber ihren Kunden nicht auf zwei Gutachten des Netzwerks Datenschutzexpertise aus den Jahren 2021 und 2022 zu beziehen, in denen ausführlich dargelegt wird, wie mit dem Terminverwaltungsangebot gegen Vorgaben des Datenschutz- und des Medizinrechts verstoßen wurde und weiterhin wird.
Die Abmahnaktion von Doctolib hat BigBrotherAward-Jurymitglied Thilo Weichert (Netzwerk Datenschutzexpertise) zum Anlass genommen, das Vorgehen Doctolibs datenschutzrechtlich vertieft zu analysieren. Das neue Gutachten kommt zu dem Schluss: Datenschutzaufsicht sowie die Ärztekammern sollten endlich gegen die datenschutz- und medizinrechtswidrige Praxis des Unternehmens vorgehen. Das aktuelle Gutachten hier als PDF herunterladen.
Was macht Doctolib?
Zur Nutzung des ärztlichen Terminmanagements von Doctolib ist es für die Patientinnen und Patienten nötig, über das Internet ein Doctolib-Konto einzurichten. So sammelt das Unternehmen arztübergreifend deren Gesundheitsdaten. Zugleich veranlasst das Unternehmen die Gesundheitseinrichtungen, ihre digitalen Patienten-Stammdaten zu übermitteln, auch wenn diese überhaupt keine Termine über Doctolib vereinbaren wollen. Begründet wird dies fadenscheinig damit, die Daten seien nötig, um Terminerinnerungen verschicken zu können. Patienten äußern sich immer wieder verärgert, dass sie ohne Vorankündigung von der Firma solche Terminerinnerungen zugesendet bekommen. Einige Patienten sehen sich gezwungen, ihren Arzt zu wechseln, weil sie nicht wollen, dass ihre Daten bei Doctolib landen oder der Arzt sich gar weigert, Terminvereinbarungen ohne Einschaltung von Doctolib vorzunehmen.
Thilo Weichert vom Netzwerk Datenschutzexpertise: „Wir erwarten, dass endlich den Datenschutzverstößen von Doctolib ein Ende bereitet wird. Die Datenschutzaufsicht in Berlin sowie die Ärztekammern der Länder sollten klarstellen, dass Patienten nicht dazu gezwungen werden dürfen, um eine Behandlung zu bekommen, ihre Gesundheitsdaten dieser fragwürdigen Internetfirma zu überlassen. Doctolib sollte endlich die Datenschutzkritik annehmen und sein Angebot datenschutzkonform umgestalten.“
Doctolib will keine Kritik zulassen
Schon anlässlich der Verleihung eines BigBrotherAwards im Jahr 2021 forderte das Netzwerk Datenschutzexpertise Doctolib auf, sich der Datenschutzkritik zu stellen und die Rechtsverstöße zu beenden. Stattdessen geht das Unternehmen jetzt gegen Konkurrenten vor, die diese Kritik des Netzwerks Datenschutzexpertise teilen. Zugleich versucht sich das Unternehmen der Datenschutzkontrolle der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu entziehen, indem es behauptet, für sie sei die Datenschutzaufsicht in Frankreich zuständig, wo das Mutterunternehmen von Doctolib seinen Sitz hat.
Angebot von Doctolib noch immer rechtswidrig
Zweieinhalb Jahre nach der Verleihung des BigBrotherAwards 2021 an Doctolib hat sich an der Rechtswidrigkeit des Geschäftsmodells von Doctolib aus Datenschutzsicht nichts geändert. Durch die
Kombination einer Dienstleistung für 340.000 Gesundheitseinrichtungen und dem Betrieb eines eigenen Webportals hat Doctolib gemäß eigenen Angaben inzwischen Gesundheitsdaten von 80 Millionen Patientinnen und Patienten gesammelt. Nur soweit dieses Geschäftsmodell nicht in Frage gestellt wurde, reagierte das Unternehmen auf die geäußerte Kritik und änderte bestimmte Prozesse oder AGB, ohne aber die bisherigen Verstöße zuzugeben. Das Geschäftsmodell von Doctolib läuft auf ein massenhaftes Sammeln von hochsensitiven Gesundheitsdaten in eigener Verantwortung hinaus. Dies wurde auch nach mehrjähriger Kritik von Doctolib nicht beendet.