GNU/Linux now!
Es scheint so ungemein praktisch, dass auf jedem erworbenen Computer bereits ein Betriebssystem vorinstalliert ist. Als Anwender.in muss ich nur einschalten, die Installation vervollständigen und los geht's. Leider werden die meisten Computer (noch) immer ausschließlich mit Windows oder macOS ausgeliefert. Dass es auch noch andere benutzerfreundliche Alternativen gibt, ist vielen Nutzer.innen nicht bekannt. Insbesondere GNU/Linux – manche sprechen der Kürze halber auch nur von Linux – ist in einer großen Vielfalt verfügbar, deckt viele unterschiedliche Anwendungszwecke ab und bietet entscheidende Vorteile. Damit ist es gerade auch für Menschen interessant, die hauptsächlich E-Mails schreiben, im Web surfen und vielleicht noch Textdokumente bearbeiten wollen. Wer dabei nicht permanent ausspioniert werden will, wie es bei Windows 10 gängige Praxis ist, der benutzt lieber GNU/Linux.
Längst muss man kein Nerd mehr sein oder Informatik studiert haben, um Linux zu benutzen – über die letzten Jahre ist GNU/Linux auf Augenhöhe mit Windows angekommen oder übertrifft dieses sogar. Es gibt mehrere GNU/Linux-Versionen, die sich einfach installieren lassen und in der Bedienung den bekannteren Betriebssystemen ähneln.
Windows: Überwachung bei Design
Spätestens seit Windows 10 setzt Microsoft ganz klar auf Überwachen: Windows 10 zu nutzen, ohne ein Konto bei Microsoft anzulegen, ist eine Kunst. Und dann sammelt Windows viele, detaillierte Daten über die Nutzer.innen, zum Beispiel, wie Sie die Maus bewegen, wohin sie klicken, welche Dokumente Sie öffnen – und natürlich wann Sie das tun. Die Voreinstellung ist „kein Datenschutz“. Mehr dazu finden Sie in unserem Blog-Artikel.
Noch schlimmer: Sie können die Überwachung gar nicht abschalten. (Nur in der teuren „Enterprise“-Version für große Firmen kann man sie reduzieren – aber auch hier nicht abstellen.)
Darum raten wir Ihnen dringend davon ab, Windows 10 zu verwenden.
Vorteile von Linux
Sicherlich existieren mehr als tausend gute Gründe, um von Windows (oder macOS) zu GNU/Linux zu wechseln. Bei Digitalcourage schätzen wir insbesondere folgende Eigenschaften (Liste nicht vollständig):
Es handelt sich um Freie Software. Deshalb können Expert.innen sehen, wie Linux programmiert ist; Fehler können behoben werden und verbesserte Kopien dürfen weitergegeben werden. Es handelt sich also um ein offenes System, welches auf Hintertüren kontrolliert werden kann und Abhängigkeiten von einem bestimmten Hersteller (wie Microsoft, Apple und Google) vermeidet.
GNU/Linux ist hochoptimiert und zugleich sehr zuverlässig im Betrieb. Deshalb werden viele kritische Systeme im Internet und auch Supercomputer damit betrieben.
Es benötigt wenig Festplattenplatz und läuft auch auf alten Computern zügig (z. B. Lubuntu).
Durch verschiedene Zusammenstellungen von freier Software ergibt sich eine große Vielfalt: GNU/Linux kann sowohl auf dem WLAN-Router als auch auf dem Schul-Server laufen. Ebenso lässt sich GNU/Linux am normalen Arbeitsplatzrechner für fast jeden Anwendungszweck einrichten.
Es ist meist erheblich datenschutzfreundlicher als proprietäre (sprich: unfreie) Betriebssysteme wie Microsoft Windows oder Apple macOS.
Bei der Weiterentwicklung von GNU/Linux werden offene Standards geschaffen und verbessert. Dies kommt allen zu Gute, da sich üblicherweise alternative Programme etablieren und es so mehr Auswahl gibt.
Der möglicherweise größte Vorteil von Linux gegenüber Windows wurde aber bisher noch gar nicht genannt: die Paketverwaltung. Es handelt sich dabei um ein Programm zur Softwareverwaltung, mit dem jegliche für diese GNU/Linux-Version verfügbare Software installiert werden kann (bei Debian sind dies z. B. über 50.000 Programme). Dadurch ist es nicht mehr notwendig, im Internet nach Programmen zu suchen - mit dem Risiko, eventuell Schadsoftware zu installieren. Systemweite Updates aller installierten Programme können durch diese zentrale Verwaltung vollautomatisch durchgeführt werden. Wer sich gut auskennt, kann auch außerhalb dieser Strukturen Software nachinstallieren.
Politisch geht es den Verfechtern von Freier Software nicht unbedingt darum, dass Software kostenlos ist („Frei wie Freibier“), sondern das Ziel ist, dass Software nicht die Anwender.innen ihrer Freiheiten und Rechte beraubt („Frei wie Freiheit“). Deshalb sind viele GNU/Linux-Versionen zwar kostenlos, dies ist aber für Freie Software nicht notwendig (siehe Wikipedia: Freie Software).
Wichtige Begriffe
Um den Einstig in GNU/Linux zu erleichtern, möchten wir fünf wichtige Begriffe erklären:
Eine GNU/Linux-Distribution (kurz: Distro) ist eine Zusammenstellung von Programmen, Installationsmedien, Aktualisierungsdiensten und Dokumentation, die unter einem einschlägigen Namen angeboten wird. Zu den bekanntesten zählen: Linux Mint, Ubuntu, Debian, openSUSE, ... Distrowatch.com (engl.) listet mehrere hundert übliche Linux-Distributionen
Häufig gibt es 64- und 32-Bit-Versionen von GNU/Linux. Es empfiehlt sich, immer die standardmäßig angebotene 64-Bit-Version zu nehmen. Lediglich bei manchen alten Computern (Baujahr vor 2007) ist nur eine 32-Bit-Installation möglich. (Dies wird jedoch noch vor der eigentlichen Installation mit einem entsprechenden Fehler angezeigt.)
Mittels Live-USB-Sticks (oder CD/DVD) können die meisten Linux-Distributionen ohne Installation ausprobiert werden. Das bestehende System wird nicht angefasst. In den meisten Fällen kann direkt aus dem Live-Linux die Installation gestartet werden, nachdem man sich vergewissert hat, dass alles zufriedenstellend funktioniert (WLAN, Video-/Audio-Wiedergabe, Anzeige von vorhandenen Datenträgern).
Dual-Boot(-System): Wer GNU/Linux nutzen möchte, muss Windows dafür nicht entfernen, sondern kann beide Betriebssysteme nebeneinander installieren. Bei jedem Start des Rechners kann fortan ausgewählt werden, ob Linux oder Windows verwendet werden soll. Weitere Informationen gibt es auf Wikipedia. Wie für alle anderen Installationen ist auch hier eine vorige Datensicherung erforderlich, weil nicht garantiert werden kann, dass das Hinzufügen von Linux fehlerfrei funktioniert.
Wer Programme benutzt, die nur für Windows verfügbar sind und keine Alternative unter Linux findet, kann versuchen, die Windows-Programme direkt unter Linux auszuführen, mit Hilfe von Wine. Leider funktionieren bei weitem nicht alle Programme mit Wine, aber es gibt eine App-Datenbank, die für viele Programme beschreibt, wie gut sie funktionieren. Wenn alle Stricke reißen, ist auch der Betrieb eines kompletten virtuellen Windows-Computers innerhalb von Linux möglich, zum Beispiel mit VirtualBox. Dafür brauchen Sie dann natürlich eine Windows-Lizenz.
Hier wird geholfen
Der sicherlich einfachste Weg, Linux auszuprobieren, ist eine Linux-Install-Party oder der Besuch einer Linux-User-Group (LUG). Dort kann nicht nur der eigene Laptop auf Linux-Verträglichkeit (ohne Installation) getestet werden, üblich sind auch Hilfestellungen und das gemeinsame Lösen von Problemen vor Ort. Kurz: LUGs in sehr vielen Städten freuen sich über Ihren Besuch und sind meist sehr hilfsbereit:
- LUG-Verzeichnis auf Linux-Community.de
- LUG-Verzeichnis auf Pro-Linux.de
- LUG-Verzeichnis auf LinuxWiki.de
Außerdem gibt es den Linux-Presentation-Day, der zweimal jährlich stattfindet. An diesem Aktionstag versuchen Frewillige anderen Menschen Linux persönlich näherzubringen.
Selber machen
Wollen Sie Linux sofort und alleine ausprobieren, so benötigen Sie zuerst ein Boot-Medium, das immer auf der Website der entsprechenden Distribution heruntergeladen werden kann. Üblicherweise handelt es sich um eine CD/DVD oder ein Abbild („Image“) für einen USB-Stick. Nachdem dieses entsprechend gebrannt oder kopiert wurde, muss der Computer vollständig heruntergefahren werden. Dann kann beim Start mit eingelegtem Boot-Medium mit dem Drücken einer vom Hersteller festgelegten Taste eben dieses ausgewählt werden. Übliche Tasten für das sogenannte Boot-Menü sind: Esc, F8, F9, F11 und F12. Tipp: Viele Linux-Zeitschriften beinhalten auch eine Heft-DVD, auf der sich häufig aktuelle Linux-Distributionen befinden. Entsprechende Fachmagazine findet man jedem Bahnhofskiosk, z. B.:
Für Anfänger.innen, die keinerlei Erfahrung mit Linux haben, empfehlen wir zur Zeit die Distribution Linux Mint mit Cinnamon 64 Bit. Die genutzte Desktop-Umgebung erinnert hinsichtlich Bedienung und Aussehen an Windows und bemüht sich um besonders große Zugänglichkeit für Linux-Neulinge. Eine große Auswahl an Software für viele Zwecke ist bereits vorinstalliert.
Wer bestimmte Präferenzen hat, kann sich über den Fragebogen von Distrochooser.de eine passende Linux-Distribution vorschlagen lassen und anschließend ausprobieren. Fortgeschrittene und Profis wählen sich ihre Distro selbst aus, z. B. aus dem riesigen Verzeichnis von DistroWatch.com.
Und so geht's
An dieser Stelle zeigen wir die Installation einer Distribution auf einen USB-Stick. Dabei nehmen wir als Beispiel die oben genannte Distribution Linux Mint.
Klicken Sie oben auf den Link zu Linux Mint. Sie gelangen auf eine Seite mit verschiedenen Versionen der Distribution. Wenn Sie einen älteren PC besitzen, klicken Sie auf den Button "Download" der Xfce Edition. Ansonsten klicken Sie auf den gleichnamigen Button der Cinnamon Edition.
In beiden Fällen werden Sie auf eine andere Seite geführt, auf der im unteren Bereich viele Links aufgelistet werden. Dies sind einfach nur Links zu verschiedenen Servern. Hinter jedem Link verbirgt sich dieselbe Datei. Es macht jedoch Sinn, einen Link auszuwählen, bei dem Deutschland bzw. Germany steht, da die Datei dann einen kürzeren Weg zurücklegen muss. In jedem Fall wird nach einem Klick auf einen Link eine Datei mit der Endung .iso heruntergeladen. Diese werden Sie gleich benötigen.
Laden Sie sich das Programm balenaEtcher herunter.
Es wird eine Datei mit der Endung .exe heruntergeladen. Installieren Sie diese wie gewohnt. Es ist nicht notwendig, irgendwelche Optionen auszuwählen.
Starten Sie balenaEtcher nach der Installation. Das Programm ist zwar nur in englischer Sprache erhältlich. Lassen Sie sich davon aber nicht abschrecken. Es ist nicht notwendig, Einstellungen vorzunehmen. Zumeist müssen Sie nur auf den großen blauen Button klicken.
Klicken Sie im Fenster von balenaEtcher zuerst auf "Flash from file". Jetzt können Sie die ISO-Datei auswählen, die Sie eben heruntergeladen haben.
Als Nächstes klicken Sie auf "Select target", wählen den USB-Stick aus, auf dem Sie Linux installieren möchten und bestätigen mit einem Klick auf "Select". Wichtig: Achten Sie darauf, dass sich keine Dateien auf dem Stick befinden, die Sie noch benötigen, da alle Dateien auf dem Stick gelöscht werden.
Klicken Sie auf "Flash!".
Jetzt können Sie sich zurücklehnen. Am Ende des Vorgangs zeigt Windows eine Benachrichtigung und in balenaEtcher wird der Text "Flash Complete!" angezeigt. Der Live-Stick ist nun bereit. Starten Sie den PC neu und wählen Sie den Stick im Boot-Menü aus (oben wurde bereits erklärt, wie es erreicht werden kann). Jetzt wird die Linux-Distribution gestartet.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Ein wichtiger Hinweis noch zum Abschluss: Wem die vorhandenen Daten auf dem eigenen PC wichtig sind, der sollte unbedingt ein vollständiges Backup vor einer Linux-Installation machen.
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Der Artikel ist auf dem Stand vom 17.04.2021. Sollten Sie Fehler finden, Ergänzungen haben oder Empfehlungen bei Ihnen nicht funktionieren, geben Sie uns Bescheid.
- kleine Anleitung ergänzt, Korrekturen (25. November 2022)
- Absatz zu Windows 10 eingefügt. (April 2021)
- Link-Ergänzungen, Linux-Presentation-Day hinzugefügt, Hinweis auf inzwischen eingestellte easylinux entfernt. (Dezember 2019)
Bilder
Linux-Pinguin „Tux”: Larry Ewing und GIMP