PK, 20.10.2022, 11 Uhr: Bahn-App überwacht Nutzende – Digitalcourage reicht Klage ein

Der DB Navigator gibt viele persönliche Informationen weiter – ohne dass Nutzer.innen sich dagegen wehren könnten. Dagegen wird Digitalcourage heute am Donnerstag, den 20.10.2022 Klage einreichen.

P r e s s e m i t t e i l u n g
Bielefeld, 20.10.2022

Digitalcourage reicht Klage ein gegen Tracking in der Bahn-App

Bahntickets kaufen, Verbindungen anzeigen lassen, Informationen über Verspätungen und Anschlusszüge – die Smartphone-App „DB Navigator” ist ständige Begleiterin vieler Menschen, die regelmäßig Bahn fahren. Die Bahn selber spricht von zwei Millionen App-Nutzer.innen täglich. Ohne diese App geht es kaum noch, denn manche Services sind auf anderem Wege nicht mehr zu bekommen. Gleichzeitig gibt der DB Navigator viele persönliche Informationen weiter – ohne dass Nutzer.innen sich dagegen wehren könnten. Auch nach Auswahl der vermeintlich privatsphärefreundlichsten Einstellung „Nur erforderliche Cookies zulassen” werden Daten zu Analyse- und Marketingzwecken weitergegeben.

Dagegen wird Digitalcourage heute am Donnerstag, den 20.10.2022 Klage einreichen.

Wir laden Sie daher ein zu einer
Online-Pressekonferenz
am Donnerstag, den 20.10.2022
von 11:00 – 11:30 Uhr
(für einen Technik-Check bitte wir um Einwahl um 10:45 Uhr)

Teilnahme-Link: https://lecture.senfcall.de/jul-ldo-hxn-v42

Telefoneinwahl: 06151/86275-8
PIN zur Telefoneinwahl: 45625#
(Zum Laut- bzw. Stummschalten 0 drücken.)

Bitte beachten Sie die untenstehenden Hinweise zur Konferenzsoftware.

Bei der Pressekonferenz werden anwesend sein:

  • padeluun, Künstler und Netzaktivist, Gründungsvorstand von Digitalcourage e.V., Kläger
  • Mike Kuketz, IT-Sicherheitsforscher und Lehrbeauftragter für IT-Sicherheit an der dualen Hochschule Karlsruhe
  • Peter Hense, Rechtsanwalt für IT- und Datenschutzrecht
  • Rena Tangens, Gründungsvorstand von Digitalcourage e.V.
  • Julia Witte, Redakteurin und Campaignerin bei Digitalcourage e.V.

Worum geht es

In ihrer Datenschutzerklärung zählt die Deutsche Bahn insgesamt zehn Dienstleister auf, an die eine Datenübermittlung für den Betrieb der Navigator-App angeblich zwingend erforderlich ist – und deren Tracker deshalb gar nicht abgeschaltet werden können. An diese Unternehmen können jederzeit Daten übermittelt werden. Wann und in welchem Umfang, ist für Nutzer.innen nicht feststellbar.

Wird zum Beispiel eine Reiseauskunft angefragt, dann werden unter anderem folgende Informationen an die „Adobe Marketing Cloud“ übermittelt: Anzahl der Reisenden, ob ein Kind mitfährt, Abfahrtstag, Start- und Zielbahnhof. Adobe erfährt praktisch jeden Schritt, den Nutzer.innen innerhalb des DB Navigators ausführen – ohne dass es eine Möglichkeit gibt, dem zu widersprechen.

Digitalcourage ist der Auffassung: Bahn fahren gehört zur Grundversorgung in unserer Gesellschaft. Die Bahn ist deshalb verpflichtet, ihre Dienste so anzubieten, dass sie die Privatssphäre aller Bahnfahrenden achtet.

Für den Abruf von Zugverbindungen in einer Fahrplan-App und die Buchung von Tickets ist die kommerzielle Weiterverwertung der personenbezogenen Daten der Reisenden unserer Meinung nach nicht „zwingend erforderlich“. Durch die Einordnung der Tracker in diese Kategorie will sich die Bahn ihrer Verpflichtung entziehen, von Nutzer.innen eine informierte Zustimmung einholen zu müssen. Der auf IT- und Datenschutzrecht spezialisierte Anwalt Peter Hense sieht darin einen klaren Verstoß gegen das Telemediengesetz und die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

padeluun, Gründungsvorstand von Digitalcourage e.V. verklagt die DB Vertrieb deshalb auf Unterlassung der Verletzung der Grundrechte auf Datenschutz und Privatsphäre.

Die vollständige Klageschrift:
https://digitalcourage.de/sites/default/files/2022-10/Klage_DB-Navigator.pdf

Hintergrund

Der IT-Sicherheitsforscher Mike Kuketz hat den DB Navigator am 11. April 2022 erstmals gründlich analysiert und dabei erhebliche Datenschutzprobleme festgestellt. Der Bielefelder Verein Digitalcourage hatte daraufhin zusammen mit Mike Kuketz und dem auf IT- und Datenschutzrecht spezialisierten Rechtsanwalt Peter Hense Ende April die Bahn dazu aufgefordert, die Mängel zu entfernen und dafür eine Frist von zwei Monaten eingeräumt. Mit einem Antwortschrieben und mit ihrer öffentlichen Kommunikation hat die Bahn deutlich gemacht, dass sie nicht vorhat, etwas an den Trackern zu ändern. Im Juni 2022 prüfte unabhängig davon auch die Stiftung Warentest das Datensendeverhalten der App und kam ebenfalls zu dem kritischen Ergebnis: „DB Navigator übermittelt mehr Daten als nötig”. Ende Juli, weit nach Ablauf der gesetzen Frist, machte Digitalcourage öffentlich, das eine Klage gegen den „DB Schnüffelnavigator” vorbereitet wird. Heute, am 20.10.2022 wird diese Klage am Landgericht Frankfurt am Main eingereicht.

Mehr Informationen

Kampagnen-Seite von Digitalcourage:
https://digitalcourage.de/db-tracking

Zusammenfassung der Analyse von Mike Kuketz:
https://digitalcourage.de/blog/2022/so-trackt-db-navigator

Ausführliche Analyse der App „DB Navigator” von Mike Kuketz vom 11.4.2022:
https://www.kuketz-blog.de/db-navigator-datenschutz-faellt-heute-aus-app-check-teil1/

Offener Brief von Digitalcourage, Mike Kuketz und Peter Hense an die Deutsche Bahn:
https://digitalcourage.de/blog/2022/db-tracking-brief

Pressemitteilung „Bahn-App überwacht Nutzende – Digitalcourage klagt dagegen” von Digitalcourage vom 20.07.2022:
https://digitalcourage.de/pressemitteilungen/2022/bahn-app-ueberwacht-nutzende-dc-klagt

Hinweise zu BigBlueButton/Senfcall

  • Die Konferenz wird über den Anbieter Senfcall durchgeführt, der das Open Source Web Conference Tool BigBlueButton™ nutzt.

  • Bitte verwenden Sie einen Browser auf Basis von Chromium (u. a. Brave, Google Chrome, Microsoft Edge, Opera, Vivaldi) oder den Mozilla Firefox. Mit diesen Browsern funktioniert BBB derzeit am besten. Fast alle der genannten Browser werden für Linux, Windows 10 und macOS angeboten. Die Teilnahme über andere Browser ist nicht unmöglich, sorgt aber oft für Störungen verschiedener Art. Verwenden Sie bitte auf keinen Fall den Internet Explorer.

  • Ton oder Kamera funktionieren nicht? Einstellungen sowohl in der Videokonferenz, als auch im Browser und am Gerät selbst prüfen:

    • Steckt das Kabel des Headsets richtig?
    • In- und Output prüfen: Ist die richige Kamera/ das richtige Mikrofon ausgewählt? (Sound-Einstellungen am Rechner)
    • Wurde dem Browser die Berechtigung erteilt, auf Kamera/Mikrofon zuzugreifen? (Einstellung im Browser: Die Freigaben sehen Sie im Firefox links neben Adresszeile, im Chrome rechts neben Adresszeile)
    • Haben Sie schon den Echo-Test durchgeführt? Dies ist ein automatischer Ton-Test, der Ihnen angezeigt wird, wenn Sie den Raum betreten. Erst wenn Sie durch den Test durch sind, wird das Mikrofon freigeschaltet. Sie können den Echo-Test wiederholen, indem Sie sich neu in den Raum einwählen. (Einstellung in BigBlueButton) Sollten Sie technische Probleme haben, können Sie uns während der Videokonferenz unter dieser Notfallnummer erreichen, wir versuchen dann zu helfen: 0521–12007776

Digitalcourage
Digitalcourage engagiert sich seit 1987 für Grundrechte, Datenschutz und eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter. Wir sind technikaffin; doch wir wehren uns dagegen, dass unsere Demokratie „verdatet und verkauft“ wird. Wir klären auf und mischen uns in Politik ein. Digitalcourage ist gemeinnützig, finanziert sich durch private Spenden und lebt durch die Arbeit vieler Freiwilliger.

Pressekontakt
Julia Witte
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Tel: +49 521 1639 1639
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