Vorratsdatenspeicherung wegen EU-Kritik verzögert

Die Bundesregierung muss das geplante Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verzögern. Grund ist Kritik von der EU-Kommission. Diese bemängelt fehlenden Wettbewerb und Eingriffe in Grundrechte.

Noch im September wollte die Bundesregierung den Entwurf für ein Vorratsdatenspeicherungs-Gesetz (VDS) zur anlasslosen Überwachung der Telekommunikation zur Abstimmung in den Bundestag bringen. Wegen Kritik aus der EU-Kommission, wird das Verfahren zunächst bis zum 6. Oktober ausgesetzt.

EU-Kommission will Wettbewerb beim Datenspeichern

Elżbieta Bieńkowska, EU-Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie und Unternehmen bemängelt vor allem, dass der deutsche Gesetzesentwurf gegen die Dienstleistungsfreiheit von Unternehmen, innerhalb der EU verstößt. Laut Gesetzesentwurf ist die Speicherung der Daten im Inland verpflichtend. Das bedeutet, dass nur deutsche Dienstleister die Kommunikationsdaten speichern würden. Dabei wären ausländische Anbieter im Sinne der Dienstleistungsfreiheit diskriminiert. Aus der Stellungnahme geht hervor,

… dass ein Mitgliedstaat nicht den freien Dienstleistungsverkehr beschränken darf, indem er den freien Verkehr personenbezogener Daten zwischen Mitgliedstaaten aus Gründen des Schutzes der Grundrechte natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten beschränkt oder untersagt. (Stellungnahme der Kommission zur dt. Vorratsdatenspeicherung)

Kommission zweifelt Notwendigkeit der VDS an

Bemerkenswert an der Kritik der EU-Kommission ist, dass sie sich nicht auf die Dienstleistungsfreiheit beschränkt, sondern auch den Sinn und Zweck einer deutschen Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich in Frage stellt, weil tiefgreifend in Grundrechte eingegriffen wird: Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Notwendigkeit dieser Kommunikationsüberwachung mit „statistischen Daten oder Studien“ nachzuweisen. Bis heute hat die Bundesregierung nicht plausibel nachweisen können, dass Vorratsdatenspeicherung irgendeinen Nutzen für die Gesellschaft hat. Weiterhin weißt die Kommission darauf hin, dass laut § 96 Absatz 1 des deutschen Telekommunikationsgesetzes bereits Telekommunikations-Verkehrsdaten erhoben werden, die beispielsweise bei Funkzellenabfragen zur Strafverfolgung verwendet werden können. Auch hier sieht die Kommission Probleme:

Da keine weitere Definition einer Straftat von erheblicher Bedeutung angegeben wird, führt dies möglicherweise zu einer Einschränkung des Grundrechts auf den Schutz personenbezogener Daten, die nicht eindeutig abgegrenzt ist, damit sie als „gesetzlich vorgegeben“ angesehen werden kann und gewährleistet werden kann, dass die Einschränkung auf den unbedingt nötigen Umfang beschränkt ist. (Stellungnahme der Kommission zur dt. Vorratsdatenspeicherung)

Weitere Kritik äußert die EU-Kommission an der ungenügend definierten Höchstfrist für die Gesamtdauer von Maßnahmen nach § 100g Strafprozessordnung. Außerdem wird die Bundesregierung aufgefordert, den Schutz von Personen mit Berufsgeheimnis näher zu erläutern. Im Detail interessiert sich die Kommission für die Frage, wie diese Personen „wirksam vor dem Risiko des Missbrauchs und vor rechtswidrigem Zugriff auf die Daten und deren Nutzung geschützt werden“ können.

Vorratsdatenspeicherung ist Überwachung

Die EU-Kommission bemängelt hauptsächlich den fehlenden Wettbewerb um das Speichern der Kommunikationsdaten. Zum grundsätzlichen Problem der Vorratsdatenspeicherung macht sie allerdings weitreichende Anmerkungen.
Vorratsdatenspeicherung ist die illegale, anlasslose und undemokratische Überwachung der gesamten Bevölkerung und deren Folgen für Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechte. Die Vorratsdatenspeicherung ist bereits 2010 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig abgelehnt worden. 2014 hat der Europäische Gerichtshof auch die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung als nicht vereinbar mit der EU-Grundrechte-Charta verworfen.

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Aktualisiert: 16. September 2015