Twitter behinderte Aktionstag #SaveYourInternet
Nachdem wir feststellen mussten, dass viele unserer E-Mails mit Link auf die Copyright-Kampagnenseite per Spamfilter bei den Mail-Providern geblockt wurden, ist aufgefallen, dass auch Twitter teilweise Nachrichten mit Links zur Webseite saveyourinternet.today blockiert.
Als wir uns dafür entschieden, die Mobilisierung zum Aktionstag #SaveYourInternet zu unterstützen, haben wir Gegenmanöver wie den Artikel in der FAZ oder im Tagesspiegel erwartet. Aber weil wir auf unsere Fragen von Twitter keine Antworten bekommen, müssen wir davon ausgehen, dass die Kommunikation möglicherweise gezielt gestört wurde. Hier ist die Sachlage aus unserer Sicht:
Die Aktionsseite saveyourinternet.today ist eine Karte, die Orte und Zeiten von Demonstrationen zum EU-weiten Copyright Action Day am Sonntag, 26. August 2018 zeigt. Die Seite wurde erstellt, um gegen die geplanten Uploadfilter und das Leistungsschutzrecht zu mobilisieren. Digitalcourage betreibt diese Seite nicht – wir wollen lediglich in E-Mails und Tweets auf sie verweisen.
E-Mails wurden rausgefiltert
Dass etwas faul ist, bemerkten wir am Morgen des 24. August 2018, weil unser E-Mail-Newsletter an GMX- und Web.de-Nutzer.innen nur sehr stark verzögert zugestellt werden konnte. Wir müssen davon ausgehen, dass viele unserer Abonnent.innen ihre E-Mails erst nach dem Aktionstag erhalten haben. Ursache dafür ist, dass die Domain saveyourinternet.today unter anderem in eine schwarze Liste des Anti-Spam-Dienstleisters Spamhaus eingetragen worden war. Wie es dazu kam, wurde uns nicht mitgeteilt. Weil wir befürchteten, dass auch andere Organisationen betroffen sein könnten, und es um Meinungsäußerung, Demonstrationsfreiheit und Pressefreiheit geht, schrieben wir noch am selben Tag einen Blogartikel und eine Pressemitteilung.
Tweet wurde zurückgehalten
Natürlich wollten wir auch auf Twitter und im Fediverse über unseren Blogartikel informieren. So sieht unser Tweet aus (unten).
Warnung: E-Mails mit Link auf Kampagnenseite http://saveyourinternet.today wurden geblockt. Details:
https://digitalcourage.de/blog/2018/copyright-kampagnenseite-blocked
#dbl #rbl #falsepositive
#FilterAtWork
#Uploadfilter
#copyright reform
#SaveYourInternet
@senficon@twitter.com
@epicenter_works@twitter.com /f
Am nächsten Morgen (25. August 2018) bekamen wir auf Twitter Hinweise, dass unser Tweet gelöscht oder nicht verfügbar sei. (Tweet 1, 6:16 Uhr morgens - 25. August 2018 und Tweet 2, 6:17 Uhr morgens - 25 Aug 2018) Bis zum Nachmittag des 27. August konnte nur der Twitter-User @digitalcourage diesen Tweet weiterhin sehen. Das erinnert an Shadow Banning, mit dem Twitter gegen Trolle und Fake News vorgehen will. Wer unseren von Twitter unsichtbar gemachten Tweet sehen möchte, kann das im Fediverse tun, dort war unsere Nachricht immer zu sehen. Bis jetzt haben wir keine Antwort von Twitter, warum unser Tweet zurückgehalten wurde, siehe Tweet.
Twitter warnte und blockierte
Inzwischen haben wir von anderen Twitter-Nutzenden erfahren, dass es um den 20. August herum unmöglich war, Tweets zu schreiben, die saveyourinternet.today verlinken. Wann genau Tweets mit Link zu saveyourinternet.today blockiert wurden und wann die Blockade aufgehoben wurde, können wir zum Zeitpunkt nicht aufschlüsseln. Wir erwarten Antworten von Twitter. Was wir sagen können ist:
Am 20. August 2018, sechs Tage vor dem Aktionstag, schrieb @tehabe als Antwort auf einen Tweet von @senficon, dass Twitter die Nachricht als gefährlich einstuft. Die angezeigte Warnung gibt allerdings keinen genauen Grund an und erläutert nicht, wie die Seite deblockiert werden kann:
„The link you are trying to access has been identified by Twitter or our partners as beeing potentially harmful or associated with a violation of Twitter's Terms of Service. …“ (Tweet)
Diese Sperre war am 24. August nicht mehr aktiv, wurde aber am 25. August offenbar wieder scharfgestellt (siehe Tweet): Twitter schaltet aber nicht nur die abgebildete Warnung dazwischen, wenn jemand den Link klickt, sondern verhindert sogar, dass Tweets geschrieben werden, die den Link enthalten. Es kommt eine Fehlermeldung, in der den Schreibenden eine „suspicious action“ unterstellt wird. (Tweet von 15:03 Uhr · 25. August 2018)
„Auch die Warnung nach dem Klicken des Links ist verschwunden. Das scheint bei Twitter hin und her zu gehen. Inzwischen wurde uns gemeldet, dass der Link am 20.8. schon mal gesperrt war. Am 23.8. funktionierte er wieder. Heute wieder nicht — bis vor einigen Minuten. /c“ @digitalcourage am 25. August 2018 um 21:23 Uhr.
Auch Bilder und/oder Hashtag betroffen
Aktualisierung vom 28. August 2018: Am 27. August 2018 twitterte @fuerStuttgart: „Der Tweet von @NixUser wird von @Twitter versteckt. Liegt das am Hashtag #SaveYourInternet oder an den #PIRATEN Fahnen? Ich sehe nichts anstößiges. @TwitterDE“. 18 Stunden später bestand das Problem immer noch (siehe Tweet). Der betroffene Tweet enthält den Text „#SaveYourInternet München“ sowie ein Foto, u.a. mit Fahnen der Piratenpartei. Mittlerweile ist der Tweet wieder zu sehen. Warum der Tweet gesperrt wurde, ist uns nicht bekannt.
Twitter bleibt Antworten schuldig
Was soll an der Website saveyourinternet.today so gefährlich sein? Bevor wir den Link in unseren E-Mail-Newsletter und unsere Tweets aufnahmen, haben wir uns davon überzeugt, dass diese Website ungefährlich ist. Sie ist sogar vorbildlich in ihrer Transparenz, denn der Quellcode ist auf GitHub öffentlich einsehbar.
Handelt es sich um technische Fehler?
Ist Twitter selbst aktiv geworden, hat Twitter auf Anregung durch Dritte oder durch Partner gehandelt?
Warum alterniert Twitter zwischen blockieren und deblockieren?
Von Twitter und Spamhaus erwarten wir Erklärungen dafür, wie es passieren konnte, dass sie sich instrumentalisieren ließen für die Zensur von Einladungen zu friedlichen Protestaktionen.
Aktualisierung vom 28. August 2018: Twitter hat uns mitgeteilt, dass unser Tweet aufgrund der Spam-Richtlinien automatisch geblockt wurde, vermutlich wegen der erhaltenen URL saveyourinternet.today. Warum Tweets mit der URL automatisch geblockt wurden, wir darüber nicht informiert wurden und unseren eigenen Tweet dennoch sehen konnten, wurde uns nicht mitgeteilt. Der Tweet wurde wieder sichtbar gestellt und die URL wurde auf die Whitelist gesetzt.
Twitter ist problematisch, ab ins Fediverse
Unser Fazit ist: Die zentrale Plattform Twitter ist für politische Kommunikation problematisch. Es ist in unserem Fall nicht nachvollziehbar, wann und warum bestimmte Tweets oder Inhalte mit Warnungen gebremst, komplett blockiert oder zurückgehalten werden. Besonders problematisch ist, dass Twitter mit pauschalen Verweisen auf Partner und AGB versucht, sich aus der Verantwortung zu ziehen. Darum: Kommt mit uns ins Fediverse – die Twitter-Alternative!
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