Chatkontrolle im Bundestag
Im Ausschuss für Digitales des deutschen Bundestages fand eine öffentliche Anhörung zur Chatkontrolle statt. Dazu hat der Ausschuss im Vorfeld 18 Fragen formuliert. Als Sachverständige wurden geladen:
(auf die Namen klicken für die schriftliche Stellungnahme, soweit online verfügbar)
- Elina Eickstädt, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, Mitglied in unserem Bündnis ChatkontrolleSTOPPEN!
- Markus Hartmann, Leitender Oberstaatsanwalt, Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW)
- Ella Jakubowska, European Digital Rights (EDRi), Mitglied in unserem Bündnis StopScanningMe!, Senior Policy Advisor
- Felix Reda, Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Projektleiter
- Prof. Dr. Martin Steinebach, Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT, Leiter Abteilung Media Security und IT Forensics
- Joachim Türk, Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V., Mitglied des Bundesvorstandes und stv. Landesvorsitzender
- Teresa Widlok, Mitglied in unserem Bündnis ChatkontrolleSTOPPEN!, Verein für liberale Netzpolitik (LOAD e.V.), stv. Vorsitzende
- Prof. Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI)
- Dr. Gerhard Schabhüser, Vizepräsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Sowohl in den schriftlichen Gutachten, als auch in den Ausführungen während der Anhörung, wird die breite gesellschaftliche Ablehnung gegenüber der durch die Chatkontrolle angedachten Überwachungspläne deutlich. Die angehörten Expert.innen bewerteten die Chatkontrolle durchweg kritisch.
Elina 'khaleesi' Eickstädt Sprecherin des Chaos Computer Club und Teil des Bündnis „Chatkontrolle STOPPEN!“ erklärte in der Anhörung:
„Das Ziel, Kinder besser vor Missbrauch zu schützen ist ein Wichtiges. Was wir hier aber bekommen ist der Plan für eine Überwachungsinfrastruktur, die noch nie da gewesen ist. Es wird mal wieder versucht ein sehr komplexes gesellschaftliches Problem mit technischen Lösungen zu erschlagen. Insgesamt ist dieses Gesetz eine krasse Überschätzung von Fähigkeiten von Technologien.“
Felix Reda von der Gesellschaft für Freiheitrechte und Ella Jakubowska von European Digital Rights (EDRi) haben sich ebenso klar gegen die Pläne der EU-Kommission positioniert und als europaweit exponierteste und kompetenteste Kritiker.innen den Verordnungsentwurf präzise auseinander genommen. Auch der deutsche Kinderschutzbund, der sich in der Vergangenheit immer wieder skeptisch zur Chatkontrolle gezeigt hat, lehnt den Kern des Verordnungsvorschlags, das anlasslose Scannen privater Kommunikation als "weder zielführend noch verhältnismäßig" bzw. als "unverhältnismäßig großen Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger – und vor allem der Kinder" ab. Stattdessen zeigt der Kinderschutzbund eine ganze Reihe von Maßnahmen und Möglichkeiten auf, tatsächlich gegen Gewalt gegen Kinder vorzugehen.
Auch aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden - namentlich dem Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) ist die Verordnung abzulehnen. Detailliert legt OSt Markus Hartmann nicht nur die massiven verfassungsrechtlichen Bedenken dar, sondern auch die zahlreichen Gründe, weshalb die geplanten Maßnahmen nicht nur wenig hilfreich, sondern sogar kontraproduktiv wären.
Unterstützen Sie die gute Sache: Freiheit, Grundrechte und Demokratie.
Viele Menschen engagieren sich bei uns in ihrer Freizeit, seien auch Sie dabei!
Bleiben Sie auf dem Laufenden über unsere Arbeit und unsere Themen.
Das Bündnis „Chatkontrolle STOPPEN!“ erklärt nach der Anhörung:
„Es herrscht ein breiter Konsens unter Fachpolitiker.innen, Sachverständigen und der Zivilgesellschaft, dass die Chatkontrolle unverhältnismäßig ist und so nicht kommen darf. Trotzdem windet sich das Innenministerium unter Nancy Faeser um eine klare Ablehnung. Wir fordern den Bundestag auf, von seiner verfassungsgemäßen Möglichkeit aus Artikel 23 Grundgesetz Gebrauch zu machen und sich damit gegen das Überwachungspaket mit der Chatkontrolle zu positionieren.“
Nach Artikel 23 des Grundgesetzes kann der Bundestag Stellungnahmen zu europapolitischen Angelegenheiten beschließen. Diese sind rechtlich nicht bindend, müssen aber von der Bundesregierung in Verhandlungen auf EU-Ebene berücksichtigt werden. Es ist dringend nötig, diese Resolution vor der anstehenden Positionierung der Bundesregierung zu verabschieden, um auf eine grundrechtskonforme Politik Deutschlands zum Verordnungsentwurf der EU-Kommission hinzuwirken.
Die gesamte Anhörung kann online auf der Website des Bundestages abgerufen werden.
Dieser Blogartikel erschien zuerst auf der Website von „Chatkontrolle STOPPEN!“.