„Sicherheitspaket“ der Ampel

Schlimmer als VDS und Chatkontrolle zusammen

Statt echte Probleme zu lösen, zerstört die Ampel mit Überwachung unsere Freiheit.
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Leute mit Schildern und Transparenten demostrieren gegen das Sicherheitspaket.

Update 18.10.2024, früher Nachmittag: Der Bundesrat hat (leider nur) Teile des sogenannten Sicherheitspakets abgelehnt.
Update 18.10.2024, Mittags: Das (Un-)Sicherheitspaket ist im Bundestag angenommen worden.

Die Ampel plant ein „Sicherheitspaket“, das es in sich hat. Im Schnellverfahren und entgegen dem Koalitionsvertrag wurde plötzlich gleich an Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen alles ausgepackt, was die feuchten Träume einer Person im Kontrollwahn hergeben können. In Verhandlungen wurde das ganze Vorhaben zwar etwas abgemildert, doch diese „Entschärfungen“ verdienen diese Bezeichnung nicht.

„Same procedure as every year, James. Wie oft müssen wir uns denn noch gegen diese viel zu weit reichenden, unnötigen und unverhältnismäßigen Eingriffe in unsere Grundrechte wehren? Es ist besser, nicht zu regieren, als so offensichtlich falsch zu regieren.“  
— Norbert Wielage, Digitalcourage-AG Digitale Selbstverteidigung

Ein Beispiel: Ursprünglich wollte man mittels KI und Internetdaten nach Personen fahnden können. Dazu muss aber eine äußerst problematische Datenbank angelegt werden. Als Änderung wurde nun beschlossen, dass die Suche in der Datenbank auf bestimmte Straftatbestände eingeschränkt wird und dass die Hürden für einen Suchauftrag erhöht werden. Doch die Datenbank wird nach wie vor eingeführt, und genau darin besteht das Problem: Hier werden massenhaft persönliche und biometrische Daten von Menschen gespeichert, die keinerlei Anlass gegeben haben, in einer Polizeidatenbank zu landen. Außerdem wissen wir aus Erfahrung, dass es später sehr leicht ist, Einschränkungen aufzuheben oder Hürden abzubauen.

Oder: Es wurde festgelegt, dass die Datenschutzbeauftragte in den Umsetzungsprozess involviert werden müsse. Wer solch eine Selbstverständlichkeit als „Entschärfung“ feiert, lässt tief blicken, wie hier vorgegangen wurde: Erst mal alles reinschreiben, was der Forderungskatalog her gibt und danach in wenigen Details zurückrudern. Übrig bleibt dennoch das schlimmste Überwachungspaket der letzten Jahrzehnte.

„Ein Sicherheitspaket, das derart die Privatsphäre und die Freiheitsrechte von Menschen einschränkt, untergräbt genau die Werte und Freiheiten, die es zu schützen vorgibt.“  
— Volker Hoff, Digitalcourage-AG Korrektur

Im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel noch vorgenommen, dass sie die Grundrechte stärken will. Auf Gesetze zur Verbesserung des Gemeinnützigkeitsrecht oder das Digitale-Gewalt-Schutzgesetz warten wir schon ziemlich lange. Mit dem „Sicherheits“paket möchte die Ampel nun die Grundrechte schlimmer einschränken, als es Vorratsdatenspeicherung und Chatkontrolle zusammen täten.

Noch immer umfasst das Sicherheitspaket: Die Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden, Big-Data-Analysen, automatisierte Datenanalysen, anlasslose Personenkontrollen, biometrische Datenerfassung und -auswertung sowie Leistungskürzungen für ausreisepflichtige Migranten. Und das alles soll in so großem Eiltempo durchgepeitscht werden, wie es einer Grundrechtseinschränkung nun wirklich nicht gerecht wird.

 „Die Ampel widerspricht mit diesem Vorhaben massiv dem eigenen Koalitionsvertrag. Grüne und FDP verraten ihre eigenen Grundwerte – und sie enttäuschen die letzten Hoffnungen, dass die Ampel es vielleicht besser machen würde als eine Unionskoalition.“  
— Leena Simon, Digitalcourage-Team

Das Gute ist: Die Grundrechtsbewegungen und auch Teile der Ampelparteien laufen Sturm. Es könnte sein, dass bei der morgigen Abstimmung genügend Abgeordnete dagegen stimmen. Jede Stimme zählt.

Für uns ist das „Sicherheitspaket“ ein Grund, unser Sicherheitstheater mal wieder aufzufrischen. Denn wie so oft steht auch bei diesem Paket zwar „Sicherheit“ drauf, steckt aber nicht drin. Ein altes Thema, zu dem wir bereits viel gesagt haben.

„Vor fast 20 Jahren haben wir Vorratsdatenspeicherung, ELENA, Zensurgesetze zu Fall gebracht. Ich verstehe nicht, was Politiker.innen, die sich der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet haben, heute schon wieder so geil am Überwachungswahn finden. Dieser Rechtsruck, der Demokratie und Rechtsstaat faktisch abzuschaffen versucht, macht mir mehr Angst als die Faschisten der AfD.“  
— padeluun, Mitgründer und künstlerischer Leiter von Digitalcourage

„Das sogenannte Sicherheitspaket ist eine Schein-Lösung. Es hilft nicht wirklich, vor allem untergräbt es unser Vertrauen in die staatlichen Akteure. Und es bezieht sich auch nicht auf die realen Probleme unserer Gesellschaft. Das Sicherheitspaket bearbeitet ein Schein-Problem, während die realen Probleme nicht angegangen werden: Wir nehmen in Kauf, das jährlich Tausende Menschen im Straßenverkehr umkommen, dass Zigtausende aufgrund des unzureichenden Gesundheitssystems vorzeitig sterben müssen, dass der Klimawandel die künftigen Lebensgrundlagen von Miliarden von Menschen beeinträchtigt.“  
— Detlev Sieber, Vorstandsmitglied von Digitalcourage

Schluss mit dem Sicherheitstheater

Was uns als „Sicherheit“ verkauft wird, ist Repression, die uns bedroht. Dies geschieht auf Kosten der Sicherheit, um die sich real immer weniger Politiker.innen wirkliche Gedanken machen. Lassen wir uns nicht länger veräppeln!