BigBrotherAwards: Die Preisträger

Die BigBrotherAwards 2015 sind verliehen. Zu den sechs Preisträgern gehören unter anderem der BND und das Innenministerium. Wofür eigentlich? Die Begründungen der Jurymitglieder.

Das komplette Video der Verleihung ist auf digitalcourage.video zu sehen.


##Auszüge aus den Begründungen der Jury
Die vollständigen Texte sowie Bilder von der Verleihung finden Sie auf der BigBrotherAwards-Website.

Bundesnachrichtendienst

Demnächst soll der BND einen höchst fragwürdigen Freibrief erhalten, nämlich die Lizenz
oder Ermächtigung zur anlasslosen Ausforschung sozialer Netzwerke wie Facebook,
Flickr, YouTube oder Twitter, aber auch von Blogs und Internet-Foren. (...) Solche hochgerüsteten, letztlich unkontrollierbaren Präventionsdienste wuchern im
Schatten des demokratischen Rechtsstaats, bedrohen Menschen, politisch-soziale
Bewegungen und deren Freiheitsrechte.

Dr. Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschenrechte

Amazon Logistik GmbH in Bad Hersfeld und die Amazon Koblenz GmbH

Den deutschen Amazon-Töchtern - und wir gehen davon aus, dass weitere
Unternehmensteile mit diesen Regelungen arbeiten, weil es sich bei den uns vorliegenden
Verträgen und Erklärungen um Standard-Formulare handelt - können wir nur dringend
raten, die bisher verwendeten Einwilligungserklärungen zu vergessen und die
Verarbeitung und Nutzung von Beschäftigtendaten in den USA zu stoppen.

Prof. Dr. Peter Wedde vom Institut für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung

„Hello Barbie“ von den Firmen Mattel und Toytalk

Als informierte und mündige Bürger brauchen wir eine Sensibilität dafür, welche Daten wir
in wessen Hände geben, und was damit angestellt wird. Wir müssen den schmalen Grat
finden zwischen einer goldenen Zukunft des Fortschritts – und der Unterwerfung unseres
Zusammenlebens unter die gewinnorientierten Interessen einiger weniger großer
Konzerne.

Linus Neumann vom Chaos Computer Club

Amazon Mechanical Turk und Elance-oDesk

Beide Plattformen vermitteln online Arbeitspäckchen – von Mikrojobs für Cent-Beträge bis
Webdesign zum Pauschalpreis. Arbeit auf Zuruf, für Hungerlohn, auf eigenes Risiko, ohne
jegliche soziale Absicherung. Verlockend für Arbeitgeber, die niemanden mehr einstellen
müssen, weil sie sich auf dem „digitalen Arbeitsstrich“ nach Lust und Laune bedienen
können. (...) Das ist kein Trend, der einfach so passiert. Sondern das ist neoliberale Strategie. Sie macht Arbeit für Unternehmer, die diese Bezeichnung nicht verdient haben, auf Zuruf
verfügbar, jederzeit kündbar, spart Sozialabgaben und Steuern und ist vor allem: billig.

Rena Tangens von Digitalcourage

Bundesministerium für Gesundheit, vertreten durch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

Die Regierung beschließt die Einführung einer flächendeckenden
Technologie und schreibt dafür Paragraphen in das Sozialgesetzbuch, die nicht der
Gesundheit dienen, sondern ausschließlich den Finanzmärkten und ihren Handlangern,
der (meist börsennotierten) IT-Industrie. Nicht Diagnostik und Heilbehandlung - Ausbildung
der Ärzte, Zeit für Gespräche mit der Ärztin oder dem Arzt oder bessere
Personalausstattung in Kliniken - werden gestärkt, sondern die Lobbyisten haben
gewonnen, die Signaturen, Chip-Karten und technische Infrastruktur verkaufen wollen.
Das nenne ich Förderung der Finanzwirtschaft auf Kosten aller Versicherten.

padeluun von Digitalcourage

Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Ex-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich

Beide Innenminister, der jetzige, Thomas de Maizière, und der ehemalige, Hans-Peter
Friedrich, ließen ihre Beamten, in enger Kooperation mit Lobbyverbänden, den
europäischen Datenschutz ins Gegenteil verkehren. (...) Das deutsche Innenministerium ist, wie interne Dokumente zeigen, an dieser Grundrechts-Vernichtung federführend beteiligt. Bei unserem Projekt „LobbyPlag“ führte Deutschland die Statistik aller EU-Staaten sogar an. Kein anderes Land unterstützte in den ersten drei Kapiteln der Verordnung mehr negative Änderungen – das vermeintliche "Mutterland des Datenschutzes" verwies damit sogar Großbritannien auf Platz zwei im Negativranking

Max Schrems von Europe versus Facebook

Neusprech-Award: Digitale Spurensicherung

Es geht darum, die kommunikativen Fingerabdrücke aller Deutschen anlasslos zu
speichern, in der Hoffnung, damit ein paar Kriminelle leichter identifizieren zu können. Es
geht also weiterhin um einen Generalverdacht, es geht darum, dass es bei dieser Idee
keine Unschuldigen mehr gibt und darum, dass damit gleich mehrere Grundrechte verletzt
werden. (...) Es wäre besser, das Verbotene endlich dort zu belassen, wo es diverse Richter beerdigt haben: auf dem Ideenfriedhof der Grundrechtsgegner und Überwachungsfanatiker. Um daran zu erinnern, dass Zombies ins Reich der Phantasie gehören und nicht in die Politik, erhält die „digitale Spurensicherung“ einen Neusprech-Award.

Kai Biermann von neusprech.org